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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All
Autoren: Iwan Jefremow
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hatten die Raumschiffkommandanten Sonderbefugnisse. Es wäre leichter, würde sich die Verantwortlichkeit nur über zwei, drei Jahre erstrecken statt über zehn bis fünfzehn, die eine mittlere Sternenexpedition gewöhnlich zu dauern pflegte.
    Erg Noor ging auf das Steuerpult zu. Nisa lief ihm entgegen.
    »Ich habe alle erforderlichen Materialien und Karten zusammengestellt«, sagte er. »Das übrige ist Aufgabe der Maschine!«
    Der Expeditionsleiter streckte sich im Sessel aus und nannte, langsam die Metallfolien umblätternd, die Ziffern der Koordinaten, die Stärken der Magnet-, Elektrizitäts- und Gravitationsfelder, die Stromdichte der kosmischen Teilchen sowie die Geschwindigkeit und die Dichte der Meteorströme. Blaß vor Anspannung, drückte Nisa auf die Knöpfe und betätigte die Schalter der Rechenmaschine. Erg Noor erhielt eine Serie von Antworten und dachte stirnrunzelnd nach.
    »Auf unserem Weg liegt ein starkes Gravitationsfeld — ein Gebiet mit einer Anhäufung dunkler Materie im Skorpion, in der Nähe der Sterne 6555-ZR und 11-PKU«, begann Noor. »Um einen Treibstoffverlust zu vermeiden, müssen wir dorthin, zur Schlange, ausweichen. Früher hat man die Gravitationsfelder als Beschleuniger ausgenutzt und ist ohne Antrieb an ihrem Rande entlanggeflogen . . .«
    »Könnten wir das nicht auch?« fragte Nisa.
    »Nein, dafür sind unsere Sternschiffe zu schnell. Ein Tempo von fünf Sechsteln der Lichtgeschwindigkeit oder zweihundertfünfzigtausend Kilometern pro Sekunde würde im Gravitationsfeld der Erde das Gewicht unseres Schiffes auf das Zwölftausendfache erhöhen, folglich die gesamte Expedition in Staub verwandeln. Nur im Weltraum, weitab von großen Materieanhäufungen, können wir so fliegen. Sobald das Sternschiff in ein Gravitationsfeld gelangt, müssen wir die Geschwindigkeit um so mehr drosseln, je stärker das Feld ist.«
    »Ein Widerspruch also.« Nisa stützte das Kinn in die Hand. »Je stärker das Gravitationsfeld ist, um so langsamer muß man fliegen.«
    »Das trifft nur für Geschwindigkeiten zu, die der Lichtgeschwindigkeit sehr nahekommen, wenn also das Sternschiff selbst eine Art Lichtstrahl wird und sich nur auf einer Geraden oder einer sogenannten Kurve gleicher Spannungen bewegen kann.«
    »Wenn ich richtig verstanden habe, müssen Sie die ›Tantra‹ mit einer solchen Geschwindigkeit direkt auf unser Sonnensystem zusteuern.«
    »Darin liegt eben die Schwierigkeit. Genau auf einen bestimmten Stern zuzuhalten ist praktisch unmöglich, obgleich wir alle erdenklichen rechnerischen Korrekturen vornehmen. Während des ganzen Fluges sind Berechnungen der zunehmenden Abweichungen erforderlich, und der Kurs des Schiffes muß entsprechend geändert werden. Eine vollautomatische Steuerung ist also nicht möglich. Auch jetzt befinden wir uns in einer gefährlichen Situation. Ein Stoppen oder auch nur ein starkes Abbremsen bedeutet für uns den Tod, da wir nicht mehr genug Anameson haben, um die notwendige Geschwindigkeit wieder zu erreichen. Aber es besteht noch eine andere Gefahr! Sehen Sie, das Gebiet 344 + 2 U ist vollkommen unerforscht. Hier gibt es keine Sterne, nur das Gravitationsfeld ist bekannt, und hier verläuft seine Grenze. Die Astronomen sollen entscheiden, wozu wir uns entschließen müssen; nach dem fünften Kreis wecken wir alle. Bis dahin . . .« Der Expeditionsleiter gähnte.
    »Das Sporamin hört auf zu wirken. Sie können sich ausruhen«, schlug Nisa vor.
    »Gut, ich werde es mir hier bequem machen, in diesem Sessel. Vielleicht geschieht ein Wunder, und wir empfangen doch noch eine Nachricht von der ›Algrab‹.«
    In Erg Noors Stimme schwang etwas mit, was Nisas Herz schneller schlagen ließ. Siehatte den Wunsch, diesen eigensinnigen Kopf an sich zu drücken und über das vorzeitig ergraute Haar zu streichen.
    Nisa erhob sich, legte sorgfältig die Kursaufzeichnungen zusammen und löschte das Licht bis auf die schwache grüne Beleuchtung über den Wandborden mit den Geräten und Uhren. Das Sternschiff flog völlig ruhig im leeren Raum dahin. Das Mädchen nahm lautlos ihren Platz am »Gehirn« des Riesenschiffes ein. Leise wie immer summten die Geräte, in einer bestimmten Melodie zusammenklingend; die geringste Veränderung wurde sogleich durch einen falschen Ton angezeigt. Alles war in Ordnung: Die leise Melodie schwebte in harmonischer Tonfolge durch den Raum, bisweilen von schwachen Schlägen ähnlich denen eines fernen Gongs untermalt — das Hilfstriebwerk
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