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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All
Autoren: Iwan Jefremow
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den Kurs zu ändern — das erforderte viel Arbeit und höchste Präzision. Mit Hilfe der Ionentriebwerke bremste er das Sternschiff erneut, obwohl die Kursabweichung bereits deutlich sichtbar war. Der Kurs führte genau auf die unbekannte Materieanhäufung zu.
    »Das Gravitationsfeld ist sehr groß«, sagte Ingrid leise. »Vielleicht . . .«
    »Wir müssen die Geschwindigkeit noch weiter drosseln, um zu wenden«, rief Pel Lin. »Aber wie sollen wir dann den Flug wieder beschleunigen?« Aus seinen Worten sprach verhängnisvolle Unsicherheit.
    »Die äußere wirbelbildende Zone haben wir bereits durchstoßen«, sagte Ingrid. »Die Gravitation wächst ununterbrochen und schnell an.«
    In rascher Folge begannen die Triebwerke zu klopfen. Sie hatten sich automatisch eingeschaltet, als das Elektronengehirn zur Steuerung des Schiffes die Anhäufung von Materie registrierte. Die »Tantra« kam ins Schaukeln. Wie sehr das Sternschiff auch den Flug verlangsamte, die Menschen in der Zentrale verloren fast das Bewußtsein. Ingrid stürzte zu Boden, Pel Lin, der im Sessel saß, versuchte den bleischweren Kopf zu heben. Keh Ber empfand dumpfe, tierische Angst und kindliche Hilflosigkeit.
    Das Klopfen der Triebwerke nahm zu und ging in ein Donnern über. Anstelle der halb bewußtlosen Menschen führte nun das Elektronengehirn den Kampf, auf seine Art mächtig, doch begrenzt in seinen Aktionen, da es keine komplizierten Folgen voraussehen und keinen Ausweg aus schwierigen Situationen ersinnen konnte.
    Das Schaukeln der »Tantra« ließ nach. Der Zeiger, der den Vorrat an Ionenladungen angab, glitt schnell nach unten. Pel Lin, wieder zu sich gekommen, begriff, daß sofortige außergewöhnliche Maßnahmen nötig waren, um das Schiff zu bremsen und danach den Kurs jäh zu ändern.
    Entschlossen bewegte er den Hebel für die Anamesontriebwerke. Die vier hohen Zylinder aus Bornitrid, durch einen speziellen Schlitz im Pult sichtbar, leuchteten auf. Im selben Augenblick züngelten blitzartig hellgrüne Flammen in ihnen empor und wanden sich in vier dichten Spiralen. Gleich einem Schutzschild umgab ein starkes Magnetfeld die Wände der Antriebsdüsen am Heck des Schiffes, die sonst unverzüglich zerstört worden wären.
    Der Navigator drückte den Hebel weiter herum: durch die grünen Wirbel wurde der Leitstrahl sichtbar — ein grauer Strom von K-Teilchen. Noch ein Hebeldruck, und den grauen Strahl durchfuhr ein gleißender violetter Blitz — das Signal, daß das Anameson schnell ausströmte. Der Rumpf des Sternschiffes reagierte darauf mit einer kaum spürbaren, jedoch nur schwer zu ertragenden Hochfrequenzschwingung.
    Erg Noor hatte die notwendige Nahrungsmenge zu sich genommen und lag nun im Halbschlaf unter der höchst wohltuenden Elektromassage des Nervensystems. Langsam wich der Schleier des Vergessens, der immer noch Geist und Körper umfangenhielt. Die Weckmelodie wurde heiterer und ihr Rhythmus schneller.
    Plötzlich nahm er etwas Unangenehmes wahr, das die Freude am Erwachen aus dem neunzigtägigen Schlaf störte.
    Erg Noor wurde sich bewußt, daß er Expeditionsleiter war. Verzweifelt bemühte er sich, das normale Bewußtsein zurückzuerlangen. Endlich begriff er, daß das Sternschiff gebremst wurde und die Anamesontriebwerke eingeschaltet waren; etwas Außergewöhnliches war passiert. Er versuchte sich aufzurichten. Mühsam gelang es ihm, sich bis zur Tür zu schleppen und sie zu öffnen. Auf allen vieren kroch er zur Zentrale.
    Die drei blickten sich erschrocken um und eilten zu Erg Noor. Außerstande, sich zu erheben, stieß er, hervor: »Die vorderen Bildschirme . . . auf Infrarot . . . umschalten . . . die Triebwerke stoppen!«
    Die Bornitridzylinder erloschen. Gleichzeitig hörte der Rumpf auf zu vibrieren. Auf dem rechten vorderen Bildschirm war ein riesiger Stern von matter braunroter Farbe sichtbar. Für einen Augenblick starrten alle wie gebannt auf die riesige Scheibe, die ein wenig abseits vom Bug des Schiffes aus der Finsternis auftauchte.
    »Ich Dummkopf!« rief Pel Lin. »Ich war überzeugt, wir befinden uns am Rande eines Dunkelnebels! Das aber ist . . .«
    »Ein Eisenstern!« stieß Ingrid Ditra hervor.
    Erg Noor zog sich mühsam am Sesselrücken hoch. Sein für gewöhnlich blasses Gesicht hatte eine bläuliche Färbung angenommen, die Augen dagegen funkelten wie sonst.
    »Ja, ein Eisenstern«, sagte er langsam. »Der Schrecken aller Astronauten!«
    Niemand hatte ihn in diesen Regionen vermutet. Alle
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