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Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Titel: Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)
Autoren: Anne Alexander
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wieder in St. Vincent zu sein.
    „Hast du Onkel Walter lieb?“, erkundigte sich Maureen, als sie am nächsten Morgen beim Frühstück saßen. In ihrer Schuluniform wirkte sie ausgesprochen schick.
    „Ja, ich habe ihn lieb“, erwiderte Janice. „Es ist seltsam, früher hätte ich niemals gedacht, dass ich mich nach dem Tod meines Mannes jemals wieder verlieben könnte, nun ist es gesch ehen.“
    „So seltsam ist das nicht“, meinte Maureen. „Ich habe dich ja auch fast so lieb wie meine Mommy.“ Sie griff nach dem Medaillon mit dem Bild ihrer Eltern, das ihr Janice zu Weihnachten geschenkt hatte. „Darf ich mit dem Fahrrad zur Schule fa hren?“
    „Kommt nicht in Frage“, lehnte Janice ab.
    „Bitte, Janice.“ Maureen schlug wie ein kleines Mädchen die Hände zusammen. Als ihre Pflegemutter den Kopf schüttelte, meinte sie: „Du kannst ja mit dem Auto hinter mir herfahren.“
    Janice stand auf und schaute in den Garten hinaus. Es war Januar, doch es schneite nicht, die Sonne schien und die Straßen waren trocken. In den letzten beiden Tagen hatte sie sich davon überzeugen können, wie gut Maureen Fahrradfahren konnte. Sie durfte nicht den Fehler machen, sie in Watte zu packen.
    „Janice...“
    Die junge Frau gab sich einen Ruck. „Also gut, Maureen, fahr mit dem Fahrrad. Ich werde dich begleiten und sehen, wie gut du allein zurech tkommst.“
    Maureen sprang auf und fiel ihr um den Hals. „Danke“, sagte sie. „Ich bin fünfzehn und kein kleines Kind mehr. Du wirst sehen, ich kann alles genauso gut, wie andere Kinder.“
    Kurz darauf verließen sie das Haus. Maureen stieg stolz auf ihr Fahrrad. Janice musste zugeben, dass sie sich an die Verkehrsordnung hielt. Sie überlegte, während sie langsam hinter ihrer Pflegetochter herfuhr, ob sie sich nicht auch ein Fahrrad anschaffen sollte. Es würde bestimmt Spaß machen, mit Maureen per Rad die Gegend zu erkunden.
    Den Vormittag verbrachte die junge Frau in ihrem Atelier. Sie arbeitete an einem neuen Bild. Da Maureen ihren Lunch in der Schule bekam, musste sie sich auch nicht um das Mittagessen kümmern. Erst, als es in ihrem Atelier im Laufe des Nachmittags dunkler wurde, beschloss sie, mit der Arbeit aufz uhören.
    Janice brühte sich eine Tasse Tee auf und aß eine Kleinigkeit. Sie hatte noch fast eine halbe Stunde Zeit, bevor sie losfahren musste, um Maureen von der Schule abzuholen. Mit ihrer Teetasse in der Hand verließ sie das Haus und ging durch den Garten zur Mauer. Nachdenklich schaute sie auf den leeren Strand und das Meer hinunter.
    Plötzlich wurde sie unruhig. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Eilig lief sie ins Haus und rief die Schule an. Man sagte ihr, dass die letzten beiden Stunden ausgefallen waren. Sie war nicht verständigt worden, weil Maureen ihr Fahrrad dabei hatte.
    Maureen hätte längst zu Hause sein müssen. Mit dem Fahrrad waren es höchstes zwanzig, dreißig Minuten bis Seerose House.
    Janice zog sich einen Mantel über und rannte zu ihrem Wagen. Langsam fuhr sie in Richtung Schule. Von Maureen war weit und breit nichts zu sehen.
    „Vielleicht wollte sie ein bisschen in der Gegend herumfahren“, meinte Mrs. Even, die Direktorin der Schule. „Sie konnte nicht damit rechnen, dass Sie anrufen wü rden.“
    „Nein, das glaube ich nicht“, erwiderte die junge Frau besorgt. „Maureen ist ein äußerst folgsames Kind, wie Sie wissen. Wie ich sie kenne, ist sie auf dem schnellsten Weg nach Hause gefahren. Es muss ihr unterwegs etwas passiert sein.“ Auch wenn sie sich dafür schämte, dachte sie sofort an Ramon Singer. Es war ein offenes Geheimnis, dass sich Maureen vor ihm gefürchtet hatte.
    „Ich würde vorschlagen, dass wir erst einmal die Gegend absuchen, bevor wir die Polizei anrufen“, sagte Mrs. Even, doch Janice ließ sich nicht darauf ein. Sie bestand darauf, sofort die Polizei zu verständigen.
    Eine Stunde später wurde Maureens Rad unten am Strand gefunden. Völlig verbeult lag es zwischen kleineren Klippen. Von dem Mädchen fehlte jede Spur.
    Die nächsten Stunden vergingen mit einer geradezu fieberhaften Suche nach Maureen. Inzwischen war auch die Polizei überzeugt, dass ein Verbrechen vorlag. Viele Leute aus St. Vincent und der Umgebung beteiligten sich daran, nach Maureen in den Höhlen und Gängen der Klippen zu suchen. Selbst einige Männer aus dem Zirkus hatten sich den freiwilligen Suchtrupps angeschlossen.
    Ramon Singer hatte für die fragliche Zeit kein Alibi. Er hatte angegeben, mit seinem
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