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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
Autoren: Evelyn Sanders
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schluckte auch den Volltrottel, glaubte er doch, aus dem herablassenden Ton eine gewisse Befriedigung herauszuhören. Da siehst du nun, was du angestellt hast, ohne mich geht es eben nicht! Er war sogar bereit, die aufkommende Schadenfreude des Herrn Biermann zu unterstützen – notfalls aus eigener Tasche – und ihm in seiner berechtigten Überheblichkeit zuzustimmen. »Ich gebe ja zu, dass ich alles falsch gemacht habe. Wenn man von einer Sache keine Ahnung hat, soll man sie bleiben lassen, aber es ist nun mal passiert, und jetzt kann nur noch eine Kapazität auf dem Gebiet der Gartenbaukunst helfen. Deshalb bin ich ja gekommen. Ich wollte Sie bitten, wieder Ordnung zu schaffen. Ihren Stundenlohn erhöhe ich auch.« Den konnte Gisela später ja wieder rückgängig machen.
    Die Kapazität hob Herrn Biermanns Selbstbewusstsein, und die in Aussicht gestellte Lohnerhöhung ließ ihn innerlich frohlocken. Der fehlende Zuschuss vom Herrn Professor hatte sich im Biermannschen Budget schon bemerkbar gemacht. Außerdem langweilte sich Herr Biermann entsetzlich. Seit er pensioniert war, hatten sogar die Samstage jeglichen Reiz für ihn verloren. Mit seiner Frau hatte er täglich Krach, weil er ihr im Wege herumstand und Zigarrenasche verstreute. Manchmal hatte er sogar schon überlegt, ob er nicht einmal rein zufällig mit dem jetzigen Herrn Bender zusammentreffen sollte; der fuhr ja immer seinen Sohn zur Schule. Dann hatte er es aber doch nicht getan. Man hatte ja seinen Stolz. Den wollte er allerdings noch ein bisschen auskosten, und deshalb wiegte er zögernd seinen Kahlkopf hin und her, murmelte etwas von »selbst genug zu tun« und »gar nicht allein zu schaffen«, aber als Florian ihm versicherte, dass er selbstverständlich nach besten Kräften helfen und sich ganz genau an Herrn Biermanns Anweisungen halten werde, stand der auf und reichte seinem neuen alten Brötchengeber die Hand. »Ich mach’s aber nur aus Anhänglichkeit und nicht wegen Ihnen.«
    »So viel Zuneigung habe ich auch gar nicht erwartet.« Gleich darauf bereute er diese Worte, denn Herr Biermanns Gesicht hatte sich von einem Moment zum anderen verfinstert. Er war sich nicht ganz klar, ob sich dahinter nicht schon wieder eine neue Unverschämtheit versteckte. Schnell griff Florian die ausgestreckte Hand und schüttelte sie kräftig. »Dann sehen wir uns also morgen im Garten, ja?«
    »Jawoll«, sagte Herr Biermann, »pünktlich um acht.«
    Als Florian mit den Worten: »Wenn Sie doch keinen trinken, nehme ich den Wein am besten wieder mit« die Flasche retten wollte, wehrte Herr Biermann ab. »Die lassen Sie man da. Wenn mein Bruder kommt, wird sie alle. Der trinkt nämlich gerne Wein.«
    Das hieß nun wirklich Perlen vor die Säue werfen! Ewald Biermann war Totengräber und stadtbekannter Säufer. Die Firma berichtete, er habe im Vollrausch schon mal eine ganze Flasche Haarwasser geleert und danach drei Tage auf der Intensivstation gelegen.
    Die Hochstimmung, mit der Florian sich an den Mittagstisch setzte, verflog, sobald er die bedrückten Mienen von Melanie und Rüdiger sah. Nur Tobias strahlte. »Ich war heute bei den Erstklässlern Schülerlotsenvertreter.«
    »Das ist aber eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe«, sagte Tinchen stolz. »Hast du auch alles richtig gemacht?«
    »Ich glaube schon. Wir hatten keinen Todesfall.«
    Florian holte Bier aus dem Kühlschrank. Bevor er sich wieder setzte, gab er Rüdiger einen Nasenstüber. »Was hat euch eigentlich die Petersilie verhagelt? Seid ihr nachträglich rückversetzt worden?«
    »Schön wär’s ja!« Melanie seufzte in ihre Suppe. »Dann hätten wir jetzt nicht den ganzen Ausschuss gekriegt. Ich hab’ schon überlegt, ob ich nicht die Schule wechseln soll.«
    »Warum denn?«
    »Nahezu alle Pfeifen, die dank ihres unkündbaren Beamtenstatus immer noch unser Gymnasium bevölkern, haben sie in die elften und zwölften Klassen gesteckt. In der freien Wirtschaft wären die wegen erwiesener Unfähigkeit längst rausgeflogen.«
    »Wie viele Lehrer habt ihr denn insgesamt?«
    »Weiß ich nicht so genau, etwa zwischen fünfzig und sechzig.«
    »Na, dann ist das doch kein Wunder. Bei so einem großen Kollegium gibt es immer mal welche, die nichts taugen, aber die verlieren sich doch in der Menge.«
    »Denkste. Bei uns massieren sie sich.«
    »Ein paar Flaschen kann jede Schule vertragen«, bemerkte Rüdiger, »aber ein ganzer Kasten voll ist zu viel!« Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
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