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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Gerit Bertram
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werte Frau Dietl. Er macht täglich Fortschritte. « Der Maler senkte die Stimme. » Aber erzählt es bitte nicht weiter, Georg könnte sonst gekränkt sein. «
    Korbinian schmunzelte ob dieses Lobes aus des Meistermalers Mund. Wenige Tage nach ihrem Wiedersehen hatte Albrecht Dürer ihn in der Waaggasse aufgesucht und ihm das Angebot unterbreitet, ihn in der Porträtmalerei zu unterrichten, die Korbinian nicht sonderlich gut beherrschte, wie er freimütig zugab. Mehrmals in der Woche lehrte der Meistermaler ihn diese Kunst, so wie Dürer sie von einigen italienischen Künstlern während seiner Venedig-Reisen gelernt hatte.
    Anna kehrte zurück in die Küche, wo ihr die Hausherrin begegnete.
    » Wie geht es eigentlich Eurem Bruder, Anna? « , wollte Frau Dürer wissen, während sie eine Kelle in Mariannes großen Suppentopf tauchte und vorsichtig von dem dampfenden Inhalt kostete.
    Auf dem Küchentisch stand bereits die große irdene Schale mit zwei Gänsen. Die Köchin und Anna hatten die am Vormittag auf dem Markt gekauften Vögel gerupft und mit geschälten Äpfeln, Zwiebeln, Knoblauch und Speck im Herd geschmort. Der Duft ließ Anna das Wasser im Munde zusammenlaufen.
    » Sebastian fühlt sich sehr wohl bei den Kobergers « , beantwortete sie die Frage.
    Ihr Bruder erzählte täglich begeistert von den großen Druckerpressen und anderen Geräten, mittels derer die Arbeiter nicht allein reformatorische Werke wie jene von Johannes Bugenhagen, sondern auch jene des Meistersängers Hans Sachs herstellten. Viele davon waren Fastnachtsspiele und Spruchgedichte. Über die amüsierten sich Korbinian und Sebastian regelmäßig, wenn die drei des Abends noch beieinandersaßen und Annas Bruder einiges davon aus dem Gedächtnis aufsagte.
    » Das ist wunderbar. « Frau Dürer lächelte. » Pfarrer Osiander erwägt, ein Buch bei den Kobergers herauszugeben. Fragt mich nicht, wovon es handelt. Übrigens habe ich heute von Albrecht gehört, dass sich unser guter Herr Pfarrer im kommenden Jahr verheiraten wird. «
    » Osiander will den Bund der Ehe eingehen? « , fragte Anna erstaunt.
    » Mit Katharina Preu, einer guten Partie. «
    » Was wird die Kirche dazu sagen? «
    » Als ob sich unser werter Herr Pfarrer darum kümmern würde, Anna! Außerdem ist Osiander nicht der Einzige, der das Gebot der Ehelosigkeit in Frage stellt. Es würde mich nicht wundern, wenn sich auch Luther wie schon Bugenhagen und Melanchthon bald ein Eheweib nehmen würde. «
    » Ja, die Zeiten ändern sich « , stellte Georg Schlenk fest, der soeben die Küche betrat. Nur noch drei Wochen, dann würden auch er und Susanne den Ehebund miteinander eingehen.
    Frau Dürer bedachte sie mit einem feinen Lächeln. » Anna, ich denke, Ihr könnt für heute Schluss machen. « Sie entnahm dem Geldbeutel an ihrem Gürtel ein paar Münzen. » Hier ist Euer Lohn. Habt vielen Dank für Eure Hilfe. Nun lasst uns nachsehen, ob die Herren der Schöpfung immer noch zusammenhocken « , zwinkerte sie ihr zu.
    Die Frauen fanden ihre Männer in der Stube, wo sie nach wie vor miteinander ins Gespräch vertieft waren.
    » Es wird bereits dunkel, Albrecht. Frau Dietl möchte jetzt gehen « , erklärte Agnes Dürer und trat neben ihren Gatten.
    Der nickte Anna zu. » Kommt gut nach Hause. «
    » Mit ihrem Mann, Albrecht! «
    » Oh, natürlich. Entschuldigt. Wir haben gerade über Arithmetik und Geometrie gesprochen. Eigentlich wollte ich Korbinian mein Exemplar der Elemente des Euklid zeigen. «
    » Setzt euer Gespräch beim nächsten Mal fort, mein Lieber. Außerdem dürften meine Gäste jeden Augenblick eintreffen. Also, räumt die Stube, mein Herr und Gebieter. «
    » Schon gut. «
    Susanne, die sich den Nachmittag über mit Lenchen beschäftigt hatte, übergab Anna ihre Tochter. Als Korbinian und Anna sich mit Magdalena auf den Heimweg machten, trafen bereits die ersten Gäste vor dem Haus der Dürers ein.
    Immer wieder musste Anna ihren Mann von der Seite betrachten, um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich und leibhaftig neben ihr schritt. Seine Miene war heiter. Als er ihre Blicke bemerkte, lächelte er warm. Wie wundervoll es ist, gemeinsam heimzugehen, dachte sie wie so oft in den letzten Tagen.
    In der einsetzenden Dämmerung kam ihnen eine fröhlich singende Kinderschar mit hell lodernden Fackeln in den Händen auf dem Weg zu einem der Martinsfeuer entgegen. Nie zuvor waren Anna die Lichter so strahlend erschienen, das Lachen der Kinder so ansteckend und die Luft so
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