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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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Augen schossen Blitze auf die zierliche Denise. Die allerdings hielt sich die Nase zu und plärrte: »Du stinkst. Comme un crottin . Wie Schiss von Jennet!«
    »Das Messveech riecht besser als du, Schnuddelnas!«
    Besagtes Messveech, die Eselin Jennet, stimmte mit einem gleichfalls schrillen Wiehern seiner Freundin zu, und Denise machte einen ängstlichen Schritt rückwärts. Dabei trat sie dem martialischen Hahn in die Seite. Der schlug seinen Schnabel in ihre Wade und krähte dann lauthals seine Empörung heraus. Denise heulte auf, Benefiz begann zu kläffen, und Lore grinste breit und siegesgewiss, als auch noch die Gänseschar, nach biblischem Vorbild Gog und Magog genannt, schnatternd auf das Mädchen zugeschossen kam.
    »Lore, ruf die heidnischen Völker zurück«, befahl Alyss ruhig. »Benefiz, Schluss jetzt. Denise, in die Küche mit dir.«
    Catrin, einen Beutel Weizen in der Hand, trat auf das Schlachtfeld und streute die Körner für die gackernden Hühner aus. Dann blieb sie schnüffelnd stehen.
    »Es stinkt.«
    Alyss sog die Luft ein. Ein penetranter Hauch von Verwestem drang an ihre Nase.
    »Lore?«
    »Ja, Frau Herrin?«
    »Du riechst wirklich etwas streng.«
    »Is nich meine Schuld. Das war der Lutziän.«
    Eine schwarze Braue hob sich wie ein samtiges Räupchen über Alyss’ Auge.
    »Lucien?«
    »Der hat einen faulen Fisch in meine Schürze gesteckt.«
    »Und wo befindet dieser Fisch sich jetzt?«
    Ein schmuddeliger Daumen wies in die Richtung des schwanzlosen Hundes Benefiz, der auf seinem Hinterteil saß und sich die Lefzen leckte.
    »Nun gut, dann ist der wenigstens fort. Zieh die Schürze aus, Lore, und wirf sie in den Wäschesack. Catrin wird dir eine frische geben.«
    »Aber die hab ich doch erst vorgestern …«
    »Sie stinkt.«
    »Ja, Frau Herrin.«
    Nachdem diese kleine Auseinandersetzung geregelt war, schüttelte Catrin besorgt den Kopf.
    »Lucien und Denise machen dir viel Arbeit, Alyss. Ich verstehe das gar nicht. Den ganzen Weg von Burgund bis hier haben sie sich anständig benommen. Ich schäme mich für sie.«
    »Das ist doch nicht deine Schuld. Es sind Kindsköpfe, sie genießen hier ihr neues Leben und wollen wissen, wie weit sie gehen können. Lore wird Denise schon beibringen, nicht so zimperlich zu sein, und Lucien …«
    Lucien, eben sechzehn Lenze jung, kam aus dem Weingarten geschossen, Frieder, der achtzehn Winter auf dem Buckel hatte, war ihm auf den Fersen. Sie rasten um den Karren, Lucien stolperte, prallte dagegen, ein Fass löste sich und polterte nach unten. Der Spund brach auf, und roter Wein ergoss sich auf den lehmigen Boden. Frieder rutschte darauf aus, Lucien sprang auf ihn und knallte seinen Kopf auf den Boden.
    Catrin und Alyss sahen einander wortlos an, packten beide je ein Schaff Wasser und gossen den Inhalt mit Schwung über die kämpfenden Helden. Die fuhren auseinander und starrten sie triefend an. Peer, der knorrige Handelsknecht, hob das Weinfass auf und seufzte.
    »Den Wein bezahlt ihr«, knurrte Alyss die Kämpen an. »Und jetzt auf die Knie. Beide! Hände gefaltet.«
    Lucien murrte, bekam einen Knuff von Frieders Ellenbogen in die Rippen und tat, wie befohlen. Auch Frieder begab sich auf die Knie. Seine Nase blutete, Luciens Auge schwoll zu.
    »Je fünfzig Vaterunser und fünfzig Ave-Maria. In reinem, wohlklingendem Latein, meine Herren. Und so laut, dass ich es auch noch in der Küche hören kann. – Denise!«
    »Ja, Frau Alyss?«
    »Du zählst. Wenn sich einer vertut, muss er doppelt beten. Möge der Herr euch gnädig sein.«
    Damit wandte Alyss sich ab und ging ins Haus.
    »Ave Maria, gratia plena …«, schallte es laut und zweistimmig über den Hof.
    »Lucien braucht eine starke Hand«, sagte Catrin. »Was haben wir dir nur aufgebürdet!«
    »Frieder ist auch kein Unschuldslamm. Aber mein Bruder wird bald zurückkommen und John hoffentlich auch. Die werden Lucien schon zu bändigen wissen.«
    Alyss ging in die Speisekammer und nahm den Krug mit dem roten Burgunder, schenkte Catrin und sich je einen Becher ein und tat einen tiefen Schluck. Der Tag hatte schon seine Höhepunkte gehabt.
    »Der ist richtig gut«, sagte sie und setzte sich auf den Hocker am Herd. »Ihr habt die beste Qualität erworben.«
    »Mhm«, meinte Catrin und nippte an ihrem Becher.
    Vor einer Woche war sie mit ihrem frisch angetrauten Ehemann von ihrer Reise ins Frankenland zurückgekommen, wo sie einen reichen Vorrat an Wein eingekauft hatten. Außer den Fässern aber waren auch
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