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Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
Autoren: Janika Nowak
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mal abgesehen von den Hip-Hop-Bässen und den Klängen einer misshandelten Gitarre, die aus zwei Zimmern drangen.
    Bevor ich meinen Schlüssel rauskramen konnte, trat mir auch schon meine Zimmergenossin Bettina entgegen. Heute trug sie ihr schokoladenbraunes Haar hochgesteckt, und obwohl sie in einem rosafarbenen Nicki-Anzug steckte, der kein Gramm zu viel verzieh, sah sie toll aus. Überhaupt war Bettina ein Feuerwerk an Farben, und das nicht nur wegen ihrer Garderobe. Ihre Augen waren knallgrün und die Lippen in einem schrillen Pink geschminkt, das zu den Ohrringen passte.
    Sie stammte ursprünglich aus einem kleinen Nest in der Prignitz und war anfänglich vollkommen hin und weg vom Leben in Berlin gewesen.
    Mittlerweile entlarvte man sie nicht mehr als Landei, und wenn wir beide nebeneinanderstanden, würde man mich wahrscheinlich für das Mädchen vom Dorf halten. Eine ausgeblichene graue Maus mit zu hellen Augen. Aber das war mir gleich. Meine Kollegen hatten kein Problem mit meinem Aussehen, doch es wäre auch albern, wenn ich aufgetakelt zur Arbeit käme. Für Bettina hingegen gehörte es beinahe zur Job-Beschreibung, denn sie arbeitete in einer schicken Boutique in Mitte.
    »Hey, Aileen, wie war’s heut bei den Spechten?«
    Ich verdrehte die Augen. »Spechte« war ihre scherzhafte Bezeichnung für Tischler. Als ob wir den ganzen Tag über nur Löcher bohren würden.
    »Ganz gut.« Ich verkniff mir eine Bemerkung über die Parfümdrosseln, die in ihrem Laden ein und aus gingen.
    »Dein Vater hat auf dem Heimtelefon angerufen und dich gebeten, zurückzurufen.«
    Diese Nachricht ließ meine Laune sofort in den Keller sinken.
    »Hat er gesagt, was er wollte?«, fragte ich desinteressiert, denn es war gut möglich, dass er die Nummer im Vollrausch gewählt hatte und im Nachhinein selbst nicht mehr wusste, aus welchem Grund.
    »Nein, er wollte es dir persönlich sagen.«
    »Klang es wichtig?«
    Bettina seufzte. »Ruf ihn an, dann wirst du es erfahren.«
    Sie wusste nichts von meinen Schwierigkeiten zu Hause, und ich hatte auch nicht vor, sie einzuweihen.
    »Okay«, sagte ich daher nur, während ich mich fragte, ob ich es wirklich tun sollte. Die wenigen Male, die ich mich bei ihm gemeldet hatte, hatte ich es bitter bereut und hinterher Mühe gehabt, meine Tränen vor Bettina zu verbergen.
    »Übrigens, ich gehe heute Abend aus«, fügte ich betont beiläufig hinzu. Ich kannte die magische Wirkung, die das Wort »ausgehen« auf Bettina hatte. Nicht dass ich ihr unbedingt von Thomas erzählen wollte, aber ich brauchte unbedingt ein bisschen Ablenkung. Ich wollte heute Abend nicht an meinen Vater denken, nicht wenn ich ein paar schöne Stunden mit Thomas verbringen wollte.
    Ich hatte meine magischen Fähigkeiten – na gut, nennen wir sie Manipulationsfähigkeiten – nicht überschätzt: Was auch immer Bettina vorgehabt hatte, als sie aus dem Zimmer gegangen war, sie vergaß es augenblicklich und folgte mir wie an einer unsichtbaren Leine durch die Tür.
    »Du gehst aus? Wohin denn? Und mit wem?«
    Die Fragen peitschten mir nur so hinterher.
    »Wolltest du nicht gerade aus der Tür?« Ich grinste, aber da Bettina hinter mir stand und mich nicht sehen konnte, machte das nichts.
    »Das kann warten«, winkte sie ab und ließ sich auf ihr Bett fallen. Das protestierende Knarren des Gestells ignorierte sie geflissentlich, während sie sich eines ihrer Kissen schnappte, die Arme darumlegte und mich nicht aus den Augen ließ.
    »Los, erzähl, mit wem gehst du heute wohin? Als deine Zimmergenossin sollte ich das wissen, nur für den Fall, dass du als Sexsklavin verschleppt wirst und ich die Polizei alarmieren muss.«
    Ich lachte auf. »Sexsklavin? So schlimm ist es nun nicht. Ich gehe nur ins Huxleys.«
    »Ins Huxleys, soso. Und wer begleitet dich?« Ein erwartungsvolles Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    »Traust du mir etwa nicht zu, allein irgendwohin zu gehen?« Ich ging so gut wie nie weg, schon gar nicht allein – was wir natürlich beide wussten –, aber das hielt mich noch lange nicht davon ab, das Gegenteil zu behaupten. »Ich bin die Berlinerin hier, schon vergessen?«
    »Du ziehst nie alleine los«, konterte Bettina und warf theatralisch die Hände in die Luft. »Ihr Berliner glaubt, schon alles von eurer Stadt gesehen zu haben, deshalb bleibt ihr lieber gleich zu Hause hocken. Jetzt rück schon raus mit der Sprache!«
    »Angesichts von Berlins florierendem Nachtleben muss die Stadt ja jeden Abend von
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