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Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
Autoren: Janika Nowak
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war sein Vertrauen in meine Fähigkeiten nett, doch manchmal reichte schon ein Zucken zur falschen Zeit, und der Daumen war ab. Dann erwischte ich mich dabei, wie ich mir die Sägespäne vom Blaumann strich. Eine alberne Geste, wenn man bedachte, dass ich gleich wieder wie ein Schneemann aus Holzmehl dastehen würde. Aber wenn Thomas in der Nähe war, wollte ich einfach gut aussehen. Selbst wenn es blöd war …
    »Der Meister will gleich mit mir los, und du sollst Zeit haben, deine Entscheidung zu überdenken.«
    Na, wenn das mal nicht kryptisch war! »Meine Entscheidung?«
    »Ich würde heute Abend gern mit dir ins Huxleys gehen. Um sieben spielen dort die Flying Mushrooms.«
    Ich kannte seine Vorliebe für abgefahrene Indie-Bands, und er hatte mich schon auf mehrere wirklich gute Konzerte mitgenommen. Aber Fliegende Pilze? Rauchten die vielleicht welche vor ihren Auftritten?
    »Von wem sind die die Vorband?«, fragte ich säuerlich. Auch ohne viel Ahnung vom Musikgeschäft zu haben, wusste ich, dass kleinere Bands es nur mit viel Mühe ins Huxleys schafften.
    »He, das sind die neuen Überflieger aus England«, protestierte Thomas. Wenn es um seine Bands ging, mutierte er zum Pressereferenten. »Du wirst sehen, sie sind toll. Und wenn sie eines Tages groß rauskommen, kannst du immer behaupten, bei einem ihrer ersten Deutschland-Konzerte …«
    »Überflieger?«, unterbrach ich spottend. »Wegen der Pilze? Wenn ja, solltest du mir mal welche besorgen, dann könnte ich nach Hause fliegen, statt mich in der U-Bahn zu quälen.«
    »Thomas, wo steckst du?« Die Stimme von Hans Kienau bellte durch die Werkstatt. Er schätzte es gar nicht, wenn seine Gesellen nicht pünktlich waren.
    Indem ich seine Band veräppelt hatte, hatte ich Thomas länger aufgehalten als geplant.
    »Überleg es dir.«
    Die Spöttelei über die Überflieger schien er mir also nicht übelgenommen zu haben.
    »Und sag mir Bescheid, wenn ich wieder zurück bin. Ich habe zwei Karten reserviert.« Damit rannte er los.
    Lächelnd blickte ich ihm nach und überlegte, ob ich ihn am Nachmittag noch ein bisschen weiter ärgern sollte.
    Doch was das Konzert anging, hatte ich meine Entscheidung schon in dem Augenblick getroffen, in dem er mich gefragt hatte.

    Gott sei Dank war heute Freitag. Ich mochte meinen Job und machte häufig genug freiwillig Überstunden, aber nach fünf langen Arbeitstagen war ich dankbar, wenn das Wochenende nahte.
    »Also, kommst du heute Abend mit?«
    Thomas rieb sich über die Brust. Sein Blaumann hatte ein paar Ölflecke abbekommen, als er zusammen mit dem Meister eine neue Garagentür eingebaut hatte.
    Wir machten gerade die Werkstatt zu, und er hatte sich ein wenig zurückfallen lassen, damit die anderen nicht mitbekamen, was er zu mir sagte. Wäre ja auch peinlich, zuzugeben, dass er was mit dem Lehrling unternahm.
    »Klar.« Ich grinste breit. Ich hatte mich entschlossen, ihn nicht weiter zu ärgern und mir lieber Gedanken über mein Outfit zu machen. »Freu mich schon.«
    Ich wollte möglichst gleichgültig klingen, war mir aber nicht sicher, ob ich es hinbekommen hatte. Die Aussicht, einen ganzen Abend mit Thomas zu verbringen, beschleunigte meinen Puls ziemlich. Blöde Hormone!
    Thomas mochte eine Nervensäge sein, aber er war eine attraktive Nervensäge. Eins fünfundachtzig groß, durchtrainiert vom Holzschleppen, mit einem Gesicht, gegen das alle Robert Pattinsons dieser Welt wie hässliche Gnome aussahen. Das Schönste an ihm waren jedoch seine Augen: ein wunderschönes Goldbraun, mit grünen Pünktchen verziert. Wenn ich nicht aufpasste, starrte ich ihn manchmal verträumt an. Bisher hatte das noch niemand mitbekommen – nicht mal Thomas selbst, der in dieser Hinsicht zum Glück etwas beschränkt war. Diese blöde Schwärmerei passte mir gar nicht in den Kram, aber ich war eben auch nur ein Mädchen.
    Zwischen Thomas und mir lief nichts. Als ich angefangen hatte, in der Werkstatt zu arbeiten, hatte ich mich natürlich prompt verknallt. Aber erstens wäre es dämlich, etwas mit einem Arbeitskollegen anzufangen (zumal ich ohnehin das einzige Mädchen war), und zweitens war ich mir ziemlich sicher, dass Thomas mich als seine kleine Schwester betrachtete. Er hatte mich vom ersten Tag an unter seine Fittiche genommen, hatte mir Dinge erklärt und mich vor den scherzhaften Sticheleien der Kollegen in Schutz genommen, ohne dass ich mir dabei je doof oder schwach vorgekommen wäre. Thomas war einfach nett. Wir waren
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