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Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel
Autoren: Dawn C Tripp
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erblickter Ort, eingefangen in dem flüchtigen, ungewollten Abbild ihres Gesichts.
    Wenn mein Vater sie heute Nachmittag nach Hause bringt, bin ich schon fort. Freitags sind sie nie vor fünf Uhr zurück. Ich muss um vier bei der Arbeit sein. Sie werden heimkommen. Sie wird das Spiel ins Regal stellen und ihre Tasche auf den Stuhl im Windfang fallen lassen. Bevor sie mit dem Abendessen beginnt, wird sie vor der Küchenspüle stehen und sich das Wasser über die Hände laufen lassen, so als würde sie sich den Tag von den Händen waschen. Den Rahmen in der Hand, neige ich das Foto erneut, gerade so weit, dass auch mein Gesicht darin zu erkennen ist – durchsichtig –, als blicke ich durch den Geist meines Gesichts und sähe sie.
    Ich rufe Ray an. Ich rufe ihn zu Hause an, nach dem vierten Klingeln meldet sich der Anrufbeantworter, ich hinterlasse eine Nachricht, dann versuche ich es auf seinem Handy. Klingeln, Klicken, Mailbox. Seine Stimme. Ich hinterlasse noch eine Nachricht – warum nicht? Was habe ich zu verlieren? –, Hi, Ray, ich bin’s, Marne, ich wollte nur wissen, ob … ich wollte wissen, na ja, ob … ruf mich doch bitte zurück, wenn du kannst. Ich lege den Hörer auf die Gabel. Im Zimmer oben sind Pollys Vögel – noch siebenundzwanzig, dann sind es glatte zweihundert. Ich schließe einen solchen Auftrag gern ab, möchte es hinter mich bringen. Aber ich habe Zeit.
    Um zwölf esse ich zu Mittag. Der Tag gehört zu denen, die einen nach draußen rufen – warm, aber nicht zu heiß, mäßiger Wind aus Süd. Ich nehme mein Fahrrad, drehe meine Runde, neun Meilen den Strand runter. Zurück sind es noch mal neun.
    Erst als ich den Hang hinuntersause, vorbei am Schutzgebiet und am Restaurant Bayside, als das Meer auftaucht und ich die blinde enge Kurve am Straßenende schneller nehme, als ich sollte, und dieser widerlich kühle Geruch von Schlick und Sand mich so heftig trifft, dass ich fast loslasse und hineinfalle, erst als die Straße wieder gerade wird, die Stromleitungen an ihr entlangtaumeln, da sehe ich ihn, Huck, er parkt am anderen Ende des öffentlichen Strandes, direkt vor dem Seil, an das jemand ein selbst gemachtes Schild gehängt hat, auf dem » PRIVAT « steht, und durch das jemand anders, wahrscheinlich er, ein rotes X gesprayt hat.
    Hinten auf seinem Pick-up hat er Müll – parkt mit dem Arsch zur Straße, Heckklappe unten –, einen Liegestuhl, Harken und Eimer, einen Milchkasten voll Treibholz, einiges davon geschnitzt. Er sitzt auf der Motorhaube des Wagens, mit dem Rücken zum Müllberg auf der Ladefläche, Prinzessin, der Mischling, hockt neben ihm. Sie blicken aufs Meer. Er isst etwas, sein Mittagessen, und der Himmel gleicht einer milchigen umgedrehten Schüssel, eine Kuppel aus Wasser und Himmel um ihn herum. Er sitzt einfach da, mit seinem Hund, seiner Limonade und einem Sandwich, in dem blauen Hort. Ich bremse, bleibe so abrupt stehen, dass ich fast über den Lenker fliege. Ein Jetta zischt an mir vorbei. Ich lasse den Fuß vom Pedal rutschen, berühre den Boden, schaue die Straße hinunter dahin, wo er ist, und weiß dann natürlich, dass dies, unbewusst, von Anfang an mein Ziel war.
    Ich bleibe nicht lange genug, als dass er mich bemerken könnte. Es gibt wirklich keinen Grund für einen Augenblick zu zweit. Dennoch nehme ich mir Zeit, als ich an ihm vorbeifahre, gemächliches Tempo. Ich lasse den Blick schweifen. Er ist wie salziger Wind dort, in meinen Augenwinkeln.
    Mein Handy klingelt, als ich wieder auf die Pine Hill Road biege. Ich höre es klingeln und mein Herz hüpft. Ich halte an, aber es ist nur Yvette, die mit mir unten im Restaurant arbeitet, sie will wissen, ob sie eine Schicht mit mir tauschen, ob ich am kommenden Dienstag ihre Schicht übernehmen könne. Da sei nicht viel los, das wisse sie, sie frage auch nicht gern. Sie würde mir im Gegenzug dafür auch eine ruhige Schicht abnehmen. Die Sonne ist heiß in meinem Nacken. Ich fühle sie dort brennen.
    Übernimm heute Abend für mich, sage ich.
    Wirklich? Da ist bestimmt viel zu tun.
    Nein, nimm die Schicht, sage ich, ich habe etwas anderes vor.
    Wieder zu Hause, sehe ich nach dem Anrufbeantworter. Das Licht blinkt nicht. Keine Anrufe. Ich dusche und schleppe eine Ladung sauberer Wäsche nach oben. Als ich eine Jeans auf rechts drehe, fällt mein Blick auf das Buch aus der Bibliothek auf dem Nachttisch. Ich nehme es in die Hand und blättere darin, bis ich eine Passage finde, auf die ich ganz am
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