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Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel
Autoren: Dawn C Tripp
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Die Schatten sind starr. Er steht am Rande des Dunkels, Spinnweben ziehen sich über die Tür, Licht nippt an seinen Stiefeln.
    Sie kann ihn nicht sehen. Das weiß er. Selbst wenn sie zur Stalltür herüberblicken sollte, würde ihr das Licht in die Augen scheinen, sie blenden, sie würde ihn nicht sehen. Der Hof ist erfüllt von Helligkeit, der Wind weht durch die Bäume; von den Ästen gerissene Blätter, leuchtend, fangen das Licht im Fallen. Luce atmet leise im kühlen, dunklen Schweigen, während draußen, auf dem Hof, nichts als Bewegung und Wärme ist, Sonnenlicht glitzert in den Spalten zwischen den Brunnensteinen, der Mergel, die Dächer entlang der Gasse weiter unten, Wind und Sonnenlicht wühlen im Haar seiner Tochter. Sie hat die Ärmel zum Ellenbogen hochgeschoben, die Hand auf dem Pumpengriff, die glatte, gleichmäßige Bewegung ihres Arms, das in den Eimer rauschende Wasser.
    Während er sie beobachtet, während sein Blick über ihre vertraute, makellose Topografie gleitet, hat er das Gefühl, sie klarer zu sehen. Nichts falsch gedeutet. Nichts übersehen. Nie war er sich dessen so bewusst, was kommen wird, nie fühlte er es so deutlich, als wäre es eine bereits eingetretene Zukunft. In vielen Jahren, denkt er, wird er zu diesem Augenblick zurückkehren. Seine Tochter bereits in eine ältere Form ihrer selbst verwandelt, doch in diesem Moment in seinen Kopf gemeißelt, und dieser besondere Anblick, dieser interessante Zug um ihre Augen, von dem er weiß, dass er da ist, auch wenn er ihn gerade nicht sehen kann, weil ihr Kopf abgewandt ist, weiß er es dennoch, dieser Ausdruck in ihrem Gesicht, in ihren Augen – und überall fällt das Laub. Das Licht ist berauschend, überzieht alles.
    Wenn sie schlief, als Kind, griffen ihre Hände immer ins Leere, trieben im Raum, berührten das Nichts, bewegten sich ihre Finger, als würde sie das Dunkle mit dem Dunklen verweben.
    Dabei sah er ihr immer zu, erinnert er sich. In der kurzen Zeit, als er Gast in ihrem Leben war. So gewöhnlich, so normal. Ein schlafendes Kind.
    Der Eimer ist voll. Sie trägt ihn zurück über den Hof und verschwindet im Haus. Die Fliegentür fällt hinter ihr ins Schloss.
    Sie hat das Buch auf dem Verandageländer liegen lassen. Schimmerndes Plastik.
    Vergiss das Buch. Soll sie es behalten. Soll Ada sich sorgen und meckern – ihm heimleuchten, gerne –, sie wird wieder zur Vernunft kommen, darüber hinwegkommen, irgendwann. Oder auch nicht. Und wenn sie ihn deswegen für immer verstößt, nun, dann soll es so sein. Es ist nur ein Buch.
    ***
    Spät am Nachmittag parkt er vor dem Haus seiner Mutter auf der Pine Hill Road. Er nimmt eine Schrotflinte, einen Karton mit Patronen, eine Angelrute, fährt mit dem Ruderboot über den Fluss zu dem Bach direkt unterhalb der Kiesgrube auf der Drift-Road-Seite.
    Knochenfahles Licht. Der Inbegriff von Herbst. Eine dünne Dämmerschicht. Sonnenlicht, kalt und herrenlos, sickert durch die Bäume. Launische Schatten, auf das trockene Laub geworfen. Goldrute. Aster. Der lodernde Brand des Rotahorns, die Flussufer in Flammen.
    Er macht die Runde, die er zum Jagen immer dreht – ausgehend von der Stelle, wo der Bach in den Fluss mündet, hoch oben durch den Wald, zum Rand des Maisfelds. Daran entlang, dann wieder zurück. Selten hält er Ausschau nach etwas Bestimmtem. Kaninchen. Fasan. Eichhörnchen. Er schießt, was ihm vor die Flinte läuft.
    Beim Gehen denkt er, wie so oft, an Ada. Er denkt daran, dass es ist, als würde er an den Rippen der Erde liegen, wenn er sich zu ihr legt. Gleichzeitig sinnvoll und sinnlos. Schön und tückisch. Ehrlich und präsent. Er denkt an sie, die Hände um die Schrotflinte gelegt, fest. Lächelt vor sich hin. Es wird nicht ewig so gehen. Das weiß er. Sie wird sich langweilen, ihn verlassen. Irgendwann. Sie hat kein Sitzfleisch.
    Wenn er mit ihr zusammen ist, ihre Beine um ihn geschlungen, spürt er manchmal, wie sein Leben verbrennt, wie dessen seltsamer, schrecklicher Reichtum verbrennt.
    Ein Knacken im Gebüsch. Er bleibt stehen. Lauscht. Wieder das Geräusch. Ein leichtes Rascheln. Er schaut durch die Bäume, zum verschwommenen goldenen Rand einer Lichtung. Hineingerissene Bewegung. Rehe.
    Er schlüpft zwischen die Bäume, lautlos, bis er in Reichweite ist. Elegante braune Leiber, drei Ricken zusammen, knabbern im Gebüsch. Er konzentriert sich auf die, die er will, hebt die Flinte an die Schulter, der Schaft glatt, das Holz wie Fleisch an seiner Wange. Er
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