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Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Titel: Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2
Autoren: Don Winslow
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einen rot-blau-gestreiften Schlips um den Hals, knotete ihn aber nicht zu, dann kippte er die Hälfte seines Zeugs aus der Leinenschultertasche, ließ nur noch genug drin, damit sie etwas Gewicht hatte. Er steckte die Reste seines Flugtickets in die Tasche seines Allzweck-, garantiert nicht knitternden blauen Blazers, stopfte eine Zehn-Dollar-Note in seine Hosentasche und hetzte zum Lift, der ewig zu brauchen schien. Er schätzte, er war zehn Minuten entfernt von seiner einzigen Chance, Pendleton zu finden, und er wußte nicht, ob ihm noch zehn Minuten blieben.
    Das Holiday Inn lag in der Kearny Street; vom Hopkins aus mußte man einfach die California Street runter. Normalerweise wäre er gelaufen, aber die Straßenbahn fuhr gerade vorbei, als er auf den Gehsteig trat, also kaufte er ein Ticket und sprang an Bord. Er hing an der Seite, wie er es im Kino gesehen hatte. Es war kühl draußen, aber er schwitzte sowieso. Er lieferte sich ein Rennen mit dem Zimmermädchen im Chinatown Holiday Inn.
    Er stieg an der Ecke Kearny/California aus, drei Blocks südlich vom Holiday Inn. Er rannte nicht, aber er spazierte auch nicht, und er schaffte die drei Blocks in zwei Minuten. Er würdigte den Türsteher keines Blickes, marschierte direkt zu den Fahrstühlen herüber, und es wartete sogar einer auf ihn. Auf dem Weg nach oben versuchte er, seinen Atem zu beruhigen. Ein bißchen atemlos wollte er für die Show aber noch bleiben.
    Die Türen glitten auf, und er sah das Schild – 1001 bis 1030 – mit einem Pfeil nach links. Er marschierte den Flur entlang und, na klar, es standen zwei Zimmermädchen-Wagen zwischen Raum 1011 und 1012. Tja, dachte Neal, jetzt hängt alles davon ab, wo sie angefangen haben.
    Er versuchte, besorgt, genervt und eilig auszusehen. Nichts davon fiel ihm schwer.
    »Ich werde meinen Flug verpassen«, sagte er zu dem Zimmermädchen, das gerade aus 1012 herauskam. »Haben Sie ein Ticket gefunden?«
    Sie starrte ihn an. Sie war jung und unsicher. Er ging an ihr vorbei zu 1016 und rüttelte an der Klinke. Es war abgeschlossen.
    »Haben Sie ein Ticket in diesem Zimmer gefunden? Flugticket?«
    Das andere Zimmermädchen kam aus 1011. »Was fehlt Ihnen?«
    Sie war die ältere Frau. Der Boß.
    »Mein Flugticket.«
    »Welches Zimmer?« fragte sie und checkte ihn ab.
    Er wußte, er durfte ihr keine Zeit geben, Pendleton mit dem Zimmer in Verbindung zu bringen. Er hoffte, der gute Doktor war kein großer Trinkgeldgeber gewesen.
    »Können Sie mich bitte reinlassen? Ich muß in 45 Minuten meinen Flug nach Atlanta kriegen.«
    »Ich rufe den Manager.«
    »Soviel Zeit habe ich nicht«, sagte Neal und zog die Zehn-Dollar-Note aus seiner Tasche und legte sie auf die Ecke des Zimmermädchen-Wagens. »Bitte?«
    Sie nahm ihren Schlüsselring und steckte den Schlüssel ins Schloß. Die Jüngere redete plötzlich schnell auf chinesisch, die Ältere brachte sie mit einem Blick zum Schweigen.
    »Schnell«, sagte sie zu Neal. Sie stand in der Tür, als sie ihn hineinscheuchte. Die Jüngere stellte sich neben sie, für den Fall, daß Neal einen Aschenbecher oder einen Fernseher mitgehen lassen wollte.
    Neal hatte in seinem Leben eine Menge Zimmer durchsucht, aber nie vor Publikum und mit laufender Uhr, wenn man mal von den endlosen Übungsstunden mit Graham absah. Das war jetzt wie eine Privatermittler-Gameshow, und wenn er die erste Runde schaffte, dürfte er weiter nach Geld und Preisen eifern. Es hätte geholfen, zu wissen, nach was er eigentlich suchte, aber er suchte einfach nur, und das brauchte Zeit.
    Das Bett war nicht gemacht, aber ansonsten war der Raum sauber. Sie hatten ihn nicht in Eile verlassen. Sie hatten sogar ihre nassen Badetücher in die Wanne geworfen und den Müll in die Eimer.
    Neal fing mit den Schreibtischschubladen an. Nichts.
    »Scheiße«, sagte er, nur um realistisch zu wirken.
    Er durchwühlte den Nachttisch neben dem Bett. Neben dem Telefonbuch und der Bibel lag einer dieser kleinen Hotel-Notizblöcke. Er wandte seinem Publikum den Rücken zu und steckte ihn in die Tasche.
    »Ich schaff es nie«, sagte er.
    »Unter dem Bett?« schlug die Ältere vor.
    Er lächelte ihr zu und ließ sich auf alle viere herunter und sah unter das Bett. Weder Staub noch eine einzelne Socke oder ein Zettel, auf dem stand, wohin sie verschwunden waren.
    »Vielleicht habe ich es weggeworfen«, sagte er, als er aufstand. »Wie dumm.«
    Die Zimmermädchen nickten zustimmend.
    Der Mülleimer war voll, als hätten sie
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