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Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Titel: Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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City Lights war, daß sich niemand darum kümmerte, womit man sich gerade befaßte.
    Er fing mit dem Notizblock an, was nicht lange dauerte, denn es war nichts daraufgeschrieben, und es gab auch keine Eindrücke auf der ersten oder zweiten Seite. Soweit, nicht gut.
    Die Ticketreste waren wesentlich interessanter, da sie immerhin jeweils Beweise einer Drei-Dollar-fünfzig-Rundfahrt mit dem Bus Nr. 4 der Blueline Transportation waren. Sechs Stück, alle von letzter Woche. Neal wußte nicht, wohin der Bus Nr. 4 fuhr, aber für Dreifünfzig konnte es nicht weit sein. Wohin zum Teufel pendelte Pendleton? Oder war es Lila gewesen? Eine Pendel-Nutte?
    Neal steckte die Tickets und den Notizblock zurück in seine Tasche, kaufte der Bank die Ausgabe von Desert Solitaire und ging wieder hinaus auf die Columbus. Er wußte genau, was er brauchte, um weiterzumachen, und fand es in einem Straßencafé namens Le Figaro, wo er einen doppelten eisgekühlten Espresso und ein Stück Schokoladenkuchen bestellte. Zucker, Coffein und Kohlehydrate waren genau das Hirnfutter, das er brauchte, um nachzudenken, und er saß im Freien und beschäftigte sich mit Selbstbezichtigungen und Edward Abbey, als er einen Schatten über seine Schulter spähen fühlte und eine Stimme fragen hörte: »Hast du noch mehr Geld für mich?«
    Neal sah auf und lächelte. A. Brian Crowe hatte sich nicht verändert. Er trieb sich immer noch in denselben Cafes herum. Er war immer noch groß und dünn, trug immer noch schulterlanges blondes Haar und immer noch Schwarz. Er hatte sogar noch dasselbe schwarze Satincape über seine Schulter drapiert.
    »Wollen noch mehr Riesenfirmen ihre Obszönitäten vor meiner Kunst filmen?« fragte Crowe.
    »Leider nicht.«
    »Dann könntest du mir zumindest einen Espresso ausgeben.«
    »Das ist das mindeste, was ich tun kann.«
    Crowe winkte der Kellnerin zu, die gleich zur Espressomaschine ging. Crowe trank offensichtlich öfters etwas im Le Figaro.
    »Wie ist das Leben des hungernden Künstlers?« fragte Neal, als der Kaffee serviert worden war.
    »Fett«, sagte Crowe. Er gurgelte die Hälfte des Espressos im Mund herum, dann warf er den Kopf in den Nacken und schluckte. Er genoß den Nachgeschmack, dann deutete er mit dem Daumen über seine Schulter auf einen Wolkenkratzer im Financial District. »Sie wollten eine Skulptur für ihre Lobby. Sie beauftragten Crowe, der ihnen ein unsittliches Honorar berechnete, was sie dummerweise zahlten. Crowe kaufte sein Appartement.«
    »Du hast ein Appartement gekauft?«
    »Es war eine sehr große Skulptur«, erklärte er. Er kippte den Rest des Kaffees in seinen Mund und trank ihn wie zuvor. Sein Adamsapfel hüpfte, er sah aus wie ein Truthahn, der Regentropfen schluckte. »Sie steht auf einer Kreuzung, die die sinnlich Versklavten aber sozial Ambitionierten passieren, von denen einige entschieden haben, ihren Aufstieg auf der sozialen Leiter mit ihrem ganz eigenen Crowe zu forcieren. Der geldliche Ausdruck ihrer nicht nachlassenden Dankbarkeit erlaubt es Crowe, auf eine Weise zu leben, an die er sich gewöhnt hat.«
    »Sonnenseite? Blick auf die Bay?«
    »Kurz gesagt, ich bin in und schwimme deswegen auch in Geld. Zahl’ mir noch einen Espresso.« Seine langen Finger zauberten eine Karte aus seiner Tasche.
    »Komm schon, Crowe! Visitenkarten?«
    »Du kennst doch eine Menge Firmenleute, nicht?«
    »Ich schätze, die Sechziger sind endgültig vorbei.«
    Crowe zog in Richtung Kellnerin die Augenbrauen hoch, so daß sie schnell mit zwei Espressos herüberkam. Crowe lehnte sich über seine Tasse und sah Neal traurig an. Er ließ die Künstler-Pose fallen und sagte: »Meine Dreiteiler-Klienten sagen immer, ich solle ihnen Acid besorgen. Acid! Ich habe seit dem ersten Monteray-Festival kein Acid mehr genommen. Die Sechziger sind vorbei, die Siebziger gehen zu Ende, die Achtziger stehen vor der Tür. Man möchte doch ein wenig Geld hinüberretten. Vergiß das nicht, junger Neal. Jetzt geht es ums Geldverdienen.«
    Neal nahm die Karte. »Meine Klienten suchen normalerweise nicht nach Kunst, aber…«
    »Beziehungen, darum geht es. Beziehungen bringen die richtigen Leute mit den richtigen Leuten zusammen.«
    »Die ›richtigen Leute‹, Crowe? Trittst du als nächstes in den Country Club ein? Du warst ein Kommunist, verdammt noch mal!«
    »Hab’ gekündigt. Ich bin 38 Jahre alt, junger Neal. Ich kann nicht mehr für Reis und Bohnen und Dope arbeiten. Eines Tages sah ich in den Spiegel und nahm mein

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