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Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2

Titel: Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2
Autoren: Don Winslow
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sie nach dem Foto.
    Für Pendleton hatte er noch kein Gefühl. Die Beschreibung war einfach. 43 Jahre alt, Single, mit seiner Arbeit verheiratet. Geboren in Chicago, B. S. aus Colorado, M. S. aus Illinois, Ph. D. vom MIT. Hat ein paar Jahre an der Kansas State gelehrt und sich dann dem großen Geld verschrieben. Erst für Ciba-Geigy, dann für Archer, Daniels Midland, dann AgriTech. War da zehn Jahre gewesen, bevor er Lila traf. Lebte in einer Wohnung, spielte ein bißchen Tennis, fuhr einen Volvo. Keine finanziellen Probleme, keine Kredite, keine Schulden. Wenn man sein Gehalt mit seinen Ausgaben verglich, dann sollte der Typ sogar eine Menge Geld auf der Bank haben. Trinkt am Wochenende ein Bier. Freundlich, aber keine engen Freunde. Keine Frauen. Keine Jungs. Dünger war sein Leben.
    Herrje, dachte Neal, kein Wunder, daß der Typ abgezwitschert ist, als er Sex mit einer wunderbaren, exotischen Frau in einer Stadt, so schön wie San Francisco, entdeckte.
    Neal war das erste Mal 1970 in San Francisco gewesen, vor sieben Jahren, als sie die Hauptstadt der Gegenkultur war. Mit langem Haar, Jeans, einer hübschen Perlenkette und dem hungrigen Blick des Flüchtigen, erledigte Neal für Graham einen klassischen Abgehauen-nach-Haight-Ashbury-Job. Er entdeckte dieses spezielle Blumenkind in einer Stadtkommune in der Turk Street. Sie war die Tochter eines Bankers aus Boston und gab sich alle Mühe, ihr kapitalistisches Erbe zu vernichten. Neal hatte eine Schale braunen Reis und den Fußboden mit ihr geteilt, ihr Vertrauen gewonnen und sie dann an Graham verpetzt. Graham erledigte den Rest, und Neal hörte später einmal, daß sie in Harvard gelandet war. Jeder Verrat sollte so glücklich enden.
    Sein nächster Trip in die Stadt war sogar noch einfacher. Er war stolze Zwanzig, und einer der Klienten der Bank wollte einen Werbespot vor einer Skulptur im Battery Park drehen. Es stellte sich heraus, daß die Skulptur das Werk eines Künstlers aus San Francisco war, der weder seine Post öffnete noch ans Telefon ging. Neal fand A. Brian Crowe in einem Café in der Columbus. Der Künstler trug natürlich Schwarz und versteckte sich hinter seinem Cape, als Neal ihn ansprach. Die zweitausend Dollar in bar überzeugten ihn, dahinter hervorzukommen, und sie besiegelten den Deal mit zwei eisgekühlten Espressos. A. Brian Crowe ging glücklich. Neal blieb eine Woche in der Stadt, und auch er ging glücklich, was den Job zu einer sehr ungewöhnlichen Erinnerung werden ließ.
    Neal fand, man müßte ein Narr sein, um San Francisco nicht zu lieben, und was auch immer Dr. Robert Pendleton war oder nicht war, er war kein Narr. Vielleicht war er ein Mann, der zum erstenmal in seinem Leben ein bißchen Romantik erlebte und davon nicht lassen wollte, einer der wenigen Glücklichen, die eine Hure finden, die auch Kurtisane ist, eine wahrhaftige Lady der Nacht. Vielleicht nahm sie Geschenke statt Bargeld, vielleicht war ein diskreter Scheck irgendwo deponiert worden.
    Also würde Neal ihr noch einen Scheck ausschreiben, und das wäre dann alles.
    Neal klappte die Akte zu und Fathom auf. Nach ein paar Kapiteln schlief er ein. Der Flugbegleiter weckte ihn. Er sollte seine Sitzlehne aufrichten, für den Anflug auf San Francisco. 
     
    Neal hatte das Mark Hopkins Hotel noch nie leiden können. Die Rechnung war immer so groß wie das Zimmer klein war, und die Snob-Hill-Adresse imponierte ihm nicht. Aber bei Bestechungen machte es sich immer gut, nach Geld auszusehen, und er wollte Lila zu einem stillen Drink ins Top of the Mark einladen und schnellen Zugang zu einem Raum haben, wo er ihr in Ruhe ein bißchen Geld geben konnte, also schluckte er seinen Stolz herunter und checkte ein.
    Er gab dem affigen Empfangschef die Goldkarte der Bank, gestand, nur eine kleine Tasche zu haben und suchte sich selbst den Weg zu seinem Zimmer im sechsten Stock, einem Eckzimmer, so daß man sich sogar umdrehen konnte, ohne die Arme über der Brust verschränken zu müssen. Die Fenster führten hinaus auf die Oakland Bay Bridge und ein paar hübsch restaurierte viktorianische Häuser in der Pine Street. Neal allerdings war der Ausblick egal, er hatte sowieso nicht vor, viel Zeit hier zu verbringen. Er wollte lange duschen und schnell essen, bevor er anfing zu arbeiten.
    Er rief den Zimmerservice an und bestellte ein Omelett mit Schweizer Käse und einen einfachen getoasteten Bagle, eine Tasse Kaffee und den Chronicle. Dann entledigte er sich seiner schmuddeligen
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