Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten
Autoren: Kat Falls
Vom Netzwerk:
»Viele Menschen haben dieses Talent.«
    »Gibt es viele Menschen, die einen Raum nur betreten müssen, um den Luftdruck zu bestimmen?«, fragte Hewitt. »Oder die die genaue Temperatur des Meerwassers kennen, sobald sie ihren Zeh hineingetaucht haben?«
    Unsere Eltern sahen einander an. In ihren Gesichtern las ich Entsetzen, Kummer und vor allem Schuldgefühle.
    »Wir dürfen sie nicht länger dem Wasserdruck aussetzen«, sagte meine Mutter.
    »Wenn wir jetzt nach oben ziehen«, sagte Sharon zu Lars, »solange er noch jung is t …«
    » … wird seine Begabung verschwinden?«, fragte Shade spöttisch. »Nachdem ich in Seablite war, habe ich ein Jahr lang oben geleb t – und es hat mich nicht geheilt .«
    »Das ist kein Grund, hier unten zu bleiben.« Hewitt rannte aufgeregt zu seinen Eltern. »Es ist einen Versuch wert.«
    »Ich gehe nicht fort«, sagte ich bestimmt. »Mir geht es gut.«
    »Das weiß man nicht genau«, brauste Mum auf.
    »Ich weiß es genau.« Shade kam auf uns zugeschlendert. »Wir sind gesünder als ihr normalen Leute. Wir haben ein besseres Immunsystem. Fragt den Doc. Ich habe keine Zelle im Leib, die er nicht unter die Lupe genommen hat.«
    Erst jetzt fiel uns auf, dass der Doc nicht mehr da war. Alle blickten gleichzeitig nach oben und sahen ihn vor dem Aufzug stehen, dessen Türen gerade aufgingen.
    »Haltet ihn auf!«, rief Lars.
    Gemma war die Einzige, die nach meinem Geständnis oben auf dem Steg geblieben war. Während die anderen noch auf der untersten Eisentreppe standen, hatte sie bereits die zweite hinter sich gelassen. Jetzt erklomm sie gerade die dritte. Vom Saloon aus sah ich, wie der Doc im Aufzug verschwand.
    »Drück auf den Knopf, Mädchen!«, brüllte Raj. »Lass ihn nicht entwischen!«
    Als Gemma auf dem obersten Steg angelangt war, hielt sie für den Bruchteil einer Sekunde inne, um hinunterzuschauen. Ich wusste, welche Höhenangst sie hatte, aber sie ließ sich nicht beirren. Das Gewirr aus Laufstegen schwankte, während sie zum Aufzug rannte, und fast hätte ich laut gejubelt.
    Mit ausgestreckter Hand langte sie nach dem Knopf, doch da beugte sich der Doc nach draußen, fasste sie am Handgelenk und zog sie zu sich in den Aufzug.
    »Nein!«, schrie ich, aber die Türen schlossen sich und Gemma war gefangen.
    Die anderen hasteten die Treppe hinauf, aber ich rannte nicht mit. Sie mussten darauf warten, dass der Fahrstuhl wieder zurückkam und sie nach unten zum Einstiegsdeck brachte. Denn dahin wollte der Doc sicher, um mit einem Boot zu fliehen. Ich spürte, dass Shade mich musterte.
    »Kennst du einen schnelleren Weg?«, fragte er.
    »Der Versorgungsschacht.« Ich zeigte auf eine Luke in der Mittelachse der Station.
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, rannte er zur Luke und drückte auf den Knopf, um sie zu öffnen. Ich folgte ihm.
    Als ich die Leiter in dem engen Schacht hinunterkletterte, hörte ich, wie er unten die Ausstiegsklappe mit den Füßen aufstieß und nach draußen sprang.
    Einen Augenblick später stand auch ich auf dem Zugangsdeck. Jemand hatte ein Mantaboard zwischen die Aufzugtüren geklemmt, um sie zu blockieren.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Feuchtraums stand der Doc mit einer Harpune. Mit der anderen Hand hielt er Gemma fest, als hinge sein Leben davon ab.
    »Noch einen Schritt weiter«, warnte er Shade, »und ich nehme das Mädchen mit.« In dem riesigen Moonpool neben ihnen schwamm ein Nanoboot.
    »Glauben Sie ernsthaft, ich werde Ihnen nicht folgen?«, fragte Shade leise.
    »Das ist das letzte Boot«, antwortete der Doc und richtete die Harpune auf ihn.
    Ich sah mich um. Er hatte Recht: Der Anlegeplatz war leer.
    »Und das hier ist das letzte Liquigen.« Der Doc deutete mit dem Kinn auf die leeren Wandhalterungen. Er schubste Gemma die Leiter hinab zum überfluteten Rand des Moonpools, dann nahm er die Packung Liquigen, die er unter den Arm geklemmt hatte, und stach mit einer kleinen Harpistole hinein. Schaum quoll zischend daraus hervor. Dann schleuderte er die Packung in den Moonpool, wo ihr Inhalt langsam entwich. »Bevor ich verschwinde, will ich eines klarstellen«, sagte er und sah Shade dabei an. »Das Leben unter Wasser hat dein Gehirn ruiniert, nicht ich. Ich habe nur versucht, den Grund dafür zu finden.«
    »Und dabei keinen Stein auf dem anderen gelassen«, stimmte ihm Shade zu. »Das muss Sie ganz schön fertiggemacht haben: Sie opfern sich für ihre Arbeit vollkommen auf und werden dann zum Sündenbock gemacht. Als Betrüger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher