Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten
Autoren: Kat Falls
Vom Netzwerk:
Stegs.
    »Verschwinde, Ty!«, brüllte Raj. Wenn er Shade jetzt einen Tritt versetzte, würde auch ich in den Saloon hinabstürzen.
    »Du weißt nicht, wozu er in der Lage ist«, knurrte der Doc.
    »Nein«, gab ich zu, »aber ich weiß, wozu Sie in der Lage sind.«
    Als Shade ein Stück zurückrutschte, damit ich mehr Platz hatte, sah ich seine Augen unter den schweren Lidern blitzen. Das Narkosemittel setzte ihm bei Weitem nicht so zu, wie er vorgab.
    Über uns gingen die Aufzugtüren auf.
    Mehr Ablenkung brauchte ich nicht. Während die Männer durch den Gitterrost nach oben blickten, zückte ich das Jademesser.
    »Runter!«, zischte ich.
    Sofort beugte sich Shade nach vorn und spannte das Seil, das von seinem Hals bis zu dem Tragebalken ging. Ich hieb mit dem Messer darauf ein, obwohl ich dabei leicht das Gleichgewicht verlieren konnte, und hörte auch nicht auf, als zwei Stege über uns schwere Stiefeltritte ertönten und alles erzittern ließen. Endlich hatte das Messer auch die letzte Faser des Seils durchtrennt und Shade ließ sich zurücksinken. Ich drehte mich u m – und blickte in den Lauf einer Harpune.
    »Geh beiseite, Ty«, befahl der Doc. Neben ihm standen Raj und Lars mit ernster Miene.
    »Ich gehe erst beiseite, wenn ihr einen Richter herbringt.« Als ich den Kopf wandte, sah ich, wie Shade sich verrenkte, um die Fesseln zu lockern.
    »Junge, hör auf den Doc, sonst wirst du noch verletzt«, sagte Lars.
    »Wenn er ein ganz gewöhnlicher Verbrecher wäre«, der Doc zielte auf Shade, »könnten wir uns an die Vorschriften halten. Aber er ist kein gewöhnlicher Verbrecher.«
    Am oberen Ende der Treppe erschien Gemma, dann tauchten rechts und links von ihr Dad und Jibby auf. Hinter ihnen drängten sich noch ein paar andere Leute. Aber zu spät: Bis sie die beiden Treppen heruntergestiegen wären, hätte der Doc längst abgedrückt.
    Da stieß Gemma einen kurzen Schrei aus, und ich spürte, dass Shade hinter mir verschwunden war. Ich drehte mich blitzschnell um und erkannte: Er war gar nicht gefalle n – er war gesprungen. Jetzt baumelte er an dem Rest des Geländers und versuchte an der scharfen Kante die Handfessel zu durchtrennen.
    »Weg da!« Der Doc schubste mich beiseite und richtete seine Harpune auf Shade.
    Ich holte tief Luft, dann sagte ich laut: »Ich habe auch eine Dunkle Gabe. Bin ich jetzt auch alle Rechte los?«
    Mein Bekenntnis war im ganzen Saloon zu hören. Alle erstarrten. Mum und Dad und Zoe und Hewitt blieben wie angewurzelt auf der Eisentreppe stehen. All die Männer, die ich schon von Kindesbeinen an kannte, glotzten mich an. Auch der Doc, aber in seinem Blick lag Triumph. Endlich hatte ich zugegeben, was er die ganze Zeit schon geahnt hatte.
    Mit einem lauten Krachen riss das Seil an Shades Handgelenken und er sauste in die Tiefe.
    Alle eilten nach unten in den Saloon. Alle außer mir. Ich legte die Beine um die Strebe und rutschte hinunter; auf diese Weise war ich schneller als die anderen. Als ich unten ankam, war Shade verschwunden.
    Meine Eltern waren die Ersten, die zu mir stießen. Sie wirkten betroffen.
    »Ich wusste es«, seufzte Mum. Und zu Dad sagte sie: »Ich habe dir gesagt, es geht nicht einfach weg.«
    »Warum hast du uns was vorgespielt?«, fragte mich Dad.
    Die anderen Siedler umringten uns. Auch Hewitt und Zoe.
    »Ihr hättet unser Haus aufgegeben«, antwortete ich.
    Mum war den Tränen nahe. »Es ist doch nur ein Gebäude.«
    »Nein, es ist mein Zuhause .«
    »Ty«, sagte Dad, »das Leben hier unten ist es nicht wert, das s …«
    »Mit mir ist alles in Ordnung. Ich bin wie alle anderen auch, nur dass ich eine Gabe habe.«
    Hinter mir klatschte jemand laut und betont langsam Beifall. Ich drehte mich um und sah Shad e – die durchsichtige, dunkelgrüne Version von ihm. Er lehnte am Fenster, wo er schon die ganze Zeit gestanden haben musste, unsichtbar vor dem Hintergrund des Meeres.
    Zoe riss sich von Dad los und stellte sich neben mich. »Ich habe auch eine Dunkle Gabe«, sagte sie. »Ich kann Stromschläge austeilen.« Sie zeigte stolz auf Shade. »Ihm habe ich auch einen Schlag verpasst.«
    Zögernd trat Hewitt neben Zoe. »Ich habe auch eine.«
    Lars runzelte die Stirn. »Welche denn?«
    »Ich bin ein Genie.«
    Sein Vater schnaubte.
    »Ich habe nicht behauptet, dass ich ein ausgereiftes Genie bin«, sagte Hewitt zu seiner Verteidigung. »Aber ich brauche beim Rechnen nicht nachzudenken.«
    »Damit bist du ein Rechenkünstler, Liebling«, sagte Sharon sanft.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher