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Das letzte Zeichen (German Edition)

Das letzte Zeichen (German Edition)

Titel: Das letzte Zeichen (German Edition)
Autoren: Gemma Malley
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verändertem Ausdruck, mit hochgezogenen Brauen und glänzenden Augen, wieder an ihre Eltern. »Allerdings glaube ich, das System ist eher daran interessiert, Mr Bridges aus Straße Nummer 14 zu maßregeln. Die Neuigkeiten habt ihr doch schon gehört, oder?«
    Evies Vater legte die Stirn in Falten. »Was für Neuigkeiten? Ist Mr Bridges in Schwierigkeiten? Mir kam er immer ganz nett vor. Gebildet.«
    »Gebildet, in der Tat. Ein Forscher«, entgegnete der Bruder, die Brauen noch immer weit in die Stirn hochgezogen. »Forschung als Deckmäntelchen für seine wahren, abweichlerischen Pläne, bedauerlicherweise. Das System hat ihn auf Rang D herabgestuft. Ich rate euch dringend, euch von ihm fernzuhalten, wenn sein gefährliches Gedankengut nicht auch auf diese Gemeinschaft übergreifen soll.«
    Evies Mutter schnappte nach Luft, aber Evie las aus ihrem Blick, dass sie bereits Bescheid wusste. Der Brief musste im Lauf des Tages bei Mr Bridges angekommen sein und morgen würde die Bekanntmachung an seinem Haus hängen. Die Kunde über eine Rangänderung verbreitete sich noch schneller als die Plaketten, obwohl diese fast täglich ersetzt wurden. Evies Vater war nicht zu haben für Klatsch; ihre Mutter dagegen sah darin als Bürgerin der Stadt geradezu eine Verpflichtung. »Dieser abscheuliche Mann«, meinte sie schaudernd. »Erst neulich war er im Tuchviertel und hat sich Kleidung gekauft. Wir werden einem solchen Mann nichts verkaufen, Bruder. Da kannst du dir sicher sein.«
    Weise nickend meinte der Bruder: »Das ist auf jeden Fall eine gute Idee, Delphine. Die Betrachtungen gemahnen uns zwar, Bestrafung und Vergeltung dem System zu überlassen, doch wenn das Böse so offensichtlich in unserer Mitte wohnt, dann ist es unsere Pflicht, es zu vertreiben und anderen, die vom Bösen versucht werden, zu zeigen, dass wir es innerhalb dieser Mauern niemals dulden werden. Meint ihr nicht auch?«
    »Von ganzem Herzen«, bekräftigte Evies Vater und schlug mit der Hand auf den Tisch. »Wir müssen wachsam bleiben. Die ganze Zeit. Rund um die Uhr.«
    »Du hast völlig recht«, pflichtete der Bruder bei. Dann schob er den Stuhl zurück und tätschelte sich den Bauch. »Nun, Delphine. Wie war das mit dem Kuchen? Ich glaube, wir sind nun alle so weit. Zeit zum Essen. Alles wieder gut, Evie?«
    »Bestens«, log Evie, und sie begannen zu essen.
    Der Bruder ging erst um zehn, nachdem er sich auf den Magen geklopft und eine dritte Portion vom hausgemachten Nachtisch abgelehnt hatte. Die Eltern brachten ihn zur Tür. Er umarmte die beiden und alle strahlten. Evies Vater verschwand danach gleich in seinem Arbeitszimmer und ihre Mutter ging mit finsterer Miene in die Küche.
    »Das war das letzte Mal«, blaffte sie, »dass der Bruder deinetwegen ins Haus kommen muss. Ist das klar, junge Frau? Du bist kein Kind mehr. Du bist schon bald verheiratet. Und bis dahin, bis du dieses Haus endgültig verlässt, wirst du nichts mehr tun, was dem Bruder Sorgen macht. Er hat genug um die Ohren. Er ist ein wichtiger Mann, Evie. Hast du das verstanden?«
    Sie starrte Evie ins Gesicht. Evie wurde rot und nickte. Eigentlich wollte sie einwenden, dass nicht sie den Bruder hergerufen hatte, sondern ihre Mutter – jedenfalls nahm sie das an –, aber sie ließ es bleiben. Sie hatte längst eingesehen, dass sich ein Streit mit der Mutter nicht lohnte.
    Die Mutter setzte sich an den Tisch und seufzte. »Na? Willst du nicht den Tisch abräumen? Oder meinst du, es genügt nicht, dass ich das Essen gekocht habe?«
    Evie sprang auf und stellte die Teller zusammen. »Natürlich nicht«, sagte sie hastig. »Es ist nur … Sonst möchtest du nicht, dass abgeräumt wird, bis …«
    »Bis das Essen beendet ist. Bis die Gäste gegangen sind. Ja«, blaffte ihre Mutter. »Aber es dürfte doch wohl klar sein, dass dieser Abend zu Ende ist.«
    Evie trug die Teller zum Spülbecken, ließ Wasser ein und machte sich mit der Bürste an die Arbeit. Sie fragte sich, seit wann sie ihre Mutter so enttäuschte, und was sie sich eigentlich hatte zuschulden kommen lassen, dass sie solchen Zorn erregte. Sie wusste nur, dass sie eine Last für ihre Mutter war und dass sie ihr keine Freude machte.
    »Hast du Lucas heute gesehen?«
    Evie wandte sich um. »Ja, Mutter.«
    »Wenn du erst seine Frau bist«, sagte sie, »dann ist er für dich verantwortlich. Pass bloß auf, dass du ihn nicht verärgerst, Evie.«
    »Natürlich nicht«, entgegnete Evie aufgebracht. »Das würde ich nie
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