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Das letzte Zeichen (German Edition)

Das letzte Zeichen (German Edition)

Titel: Das letzte Zeichen (German Edition)
Autoren: Gemma Malley
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»Sie hat unserem Vater gehört. Dass sie vom Bruder ist, habe ich Raffy nur erzählt, weil …« Er seufzte. »Na ja, ich habe Raffy eine Menge Sachen erzählt. Dad wollte, dass Raffy sie bekommt, aber das war zu gefährlich. Deshalb habe für ihn darauf aufgepasst. Aber jetzt soll er sie endlich bekommen. Ich will, dass er Dad so in Erinnerung behält, wie er es verdient. Und ich will, dass er weiß, wie sehr ihn Dad geliebt hat. Wie sehr ich …« Seine Stimme brach und seine Augen schimmerten feucht.
    »Du kannst sie ihm selbst geben«, meinte Evie, »wenn wir drüben sind.«
    Lucas schüttelte den Kopf. »Ich komme nicht mit«, flüsterte er.
    Evie starrte ihn an und ihr war, als würde ihr kalt bis ins Mark. »Wie meinst du das?«
    »Ich muss hierbleiben. Linus rausholen. Die Leute werden ratlos sein. Verwirrt. Sie brauchen eine Richtung. Sie brauchen Hoffnung.«
    Evie schüttelte heftig den Kopf. »Du musst mitkommen. Du musst …« Tränen brannten ihr in den Augen. Wut, Verzweiflung und Empörung stiegen in ihr hoch. Sie wollte Lucas nicht noch einmal verlieren.
    »Du musst mitkommen«, flehte sie noch einmal und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen und über die Nase.
    »Ich kann nicht«, sagte er sanft. »Das weißt du doch. Du musst mit Raffy gehen. Geht zurück nach Base Camp. Sucht euch eine neue Gemeinschaft. Baut euch ein gemeinsames Leben auf.«
    »Und wenn die Polizeigarde dich tötet? Was dann?«, fragte Evie.
    Lucas lachte. »Ich werde nicht zurück zum Versammlungshaus marschieren, falls du das meinst.« Er wurde wieder ernst. »Evie, es geht mir nur darum: dass du und Raffy und Linus hierhergekommen seid, um hier … dass es funktioniert hat. Und das will ich sicherstellen. Meinem Vater zuliebe. Und Linus zuliebe.«
    Evie schloss die Augen. Sie wusste, dass er sich nicht mehr umstimmen lassen würde, wusste, dass sie ihn verloren hatte. Und sie wusste, dass er recht hatte, doch es fühlte sich furchtbar falsch an.
    »Du … du wirst mir fehlen«, flüsterte sie, ohne darüber nachzudenken, was sie da sagte.
    »Evie?« Das war Raffys Stimme.
    »Sie kommt«, rief Lucas. Dann legte er seine rechte Hand an ihre Wange, zog sie an sich und küsste sie zärtlich auf den Mund. »Ich wollte mit dir verlobt sein, weil du wunderschön bist«, flüsterte er. »Weil du verständnisvoll, intelligent und unabhängig bist. Und weil ich mich auf den ersten Blick in dich verliebt habe. Aber ich wusste immer, dass du nie mein sein würdest. Pass auf dich auf, Evie. Und gib auf Raffy acht, für mich.«
    »Danke«, sagte Evie. »Danke, dass du auf den Bruder geschossen hast. Danke für … für alles.«
    »Du wirst mir auch fehlen«, erwiderte Lucas sanft und so voller Gefühl, dass seine Lippen bebten.
    Und damit stemmte er sie hoch, bis sie die obersten Zacken fassen konnte, und hielt sie fest, bis sie sich ganz hinaufgezogen hatte. Als sie sich hinüberschwang, verlor sie für einen Augenblick den Halt, rutschte ab und dachte, dass nun alles vorbei war, und eine Sekunde lang war es ihr egal … Aber da schlangen sich zwei starke Arme um sie, hielten sie fest, und sie war bei Raffy, er presste sie an sich, und sie konnte ihn riechen, konnte ihn spüren – den Jungen, den sie ihr ganzes Leben lang geliebt hatte und der sie liebte, und sie sahen sich an, während ihr die Tränen über die Wangen liefen, und sie kamen gemeinsam sicher unten an.
    »Und Lucas?«, fragte Angel sofort. »Wo ist er?«
    »Er geht wieder zurück«, sagte Evie. »Er bleibt noch eine Weile dort.«
    Und falls Raffy protestieren und fragen wollte, warum, oder wissen wollte, was Lucas ihr sonst noch anvertraut hatte, dann tat er es jedenfalls nicht.
    »Weiß er, was er da tut?«, fragte Angel stirnrunzelnd.
    »Ich denke schon«, sagte Evie. Sie wandte sich zu Raffy hin, wollte ihm Lucas’ Uhr geben, doch dann überlegte sie es sich anders. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Und sie war noch nicht so weit. Stattdessen behielt sie, während sie losrannten, die Uhr in der Hand, umschloss sie ganz fest mit den Fingern, so als wäre es Lucas selbst, den sie festhielt. So als würde sie ihn beschützen. So als hätte er irgendwie etwas von sich zurückgelassen in diesem goldenen Zeitmesser, der ihm so viel bedeutet hatte – und der, wie Lucas selbst und wie die Stadt, die er scheinbar geliebt hatte, etwas ganz anderes war, als sie gedacht hatte.
    Als sie alle gedacht hatten.

Nachwort
    Augen und Nase verklebt von Dreck und Staub. Sie ringt
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