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Das letzte Zeichen (German Edition)

Das letzte Zeichen (German Edition)

Titel: Das letzte Zeichen (German Edition)
Autoren: Gemma Malley
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ihre Freunde nun frei waren, richtete Evie die Pistole auf den Bruder. Auch seine Augen waren auf Evie geheftet. »Evie, leg die Waffe weg«, befahl er. »Das ist ein Werkzeug des Bösen, der Folter. Sie gehört nicht in deine Hände. Leg sie weg.«
    »Ich will sie nicht weglegen«, entgegnete sie, und ihre Stimme zitterte nicht, verriet keinerlei Furcht. »Ich bin böse, das wisst Ihr doch. Ich habe einem Killable zur Flucht verholfen. Das macht mich auch zum K, richtig? Richtig?« Sie fuhr herum und richtete die Waffe kurz auf die Polizeigarde, dann auf die Menge. Wieder gellten Schreie und alle wichen zurück. Sie zielte wieder auf den Bruder, der sich zu einem Lächeln zwang.
    »Evie«, begann er behutsam. »Evie, du bist noch jung. Du verstehst das nicht. Du bist kein K. Du brauchst Hilfe, Evie, das ist alles.«
    »So wie die Hilfe, die ich für meine Träume gebraucht habe?«, fragte Evie.
    Der Bruder erbleichte. »Evie, wir haben deine Träume aufgelöst. Wir haben erkannt …«
    »Dass ich von der Stadt geträumt habe?«, fragte Evie in schneidendem Ton. »Und nicht von meinen richtigen Eltern? Meinen Eltern, die der Große Anführer mit Eurer Einwilligung verstümmeln durfte, bevor Ihr sie wieder aus der Stadt gejagt habt? Meinen Eltern, denen man mit Eurer Zustimmung das Gehirn zerstört hat, sodass sie zu Bösen wurden?«
    Die Menge hielt erschrocken den Atem an. Aus dem Gesicht des Bruders war alle Farbe gewichen. »Ich weiß nicht, wo du so etwas gehört hast, Evie, aber das sind Lügen, lauter Lügen. Es …«
    »Ich kann mich noch an sie erinnern«, sagte Evie und ging langsam auf ihn zu. »Ich weiß noch, wie wir hier ankamen. Sie waren voller Hoffnung. Aber Ihr …«
    »Ich habe immer gewusst, dass sie nichts taugt!«, ertönte es aus der Menge, und eine Frau drängte sich nach vorn. Lucas erkannte Evies Mutter. »Wir haben dich aufgenommen, haben dir ein Zuhause gegeben und dich großgezogen wie eine eigene Tochter, und jetzt schau dich an: genau wie deine richtigen Eltern. Böse. Wertlos.«
    »Nein!«, schrie Evie und richtete die Pistole auf sie. »Nein, sie sind nicht wertlos. Du bist es. Du hast mich gestohlen. Du hast mich angelogen.«
    Ihre Mutter starrte ihr einen Moment lang ins Gesicht, dann rannte sie zurück in die Menge. Evie wandte sich wieder an den Bruder. »Meine richtigen Eltern waren nicht wertlos. Sie haben mich so geliebt, wie ich war. Sie haben mich geliebt. Aber du … du hast mich angelogen.«
    »Wir haben dich beschützt«, erwiderte der Bruder energisch. »Deine Eltern konnten nicht in die Stadt aufgenommen werden. Die Neutaufe konnte ihnen nicht mehr helfen. Sie waren …«
    »Die Neutaufe funktioniert nicht!«, schrie Evie. »Niemand hier hat sie bekommen. Gib es zu! Sag es allen!« Sie drehte sich um und blickte über die Menge vor ihr. »Die Neutaufe funktioniert nicht. Sie hat nie funktioniert. Aber sie versehrt und schädigt die Menschen. Und diese Versehrten, das sind die Bösen. Sie haben als Einzige die Neutaufe erhalten. Und deshalb sind sie so geworden. Es war nicht ihre Schuld. Sie sind nicht böse. Sie sind nur geschädigt. Genau wie meine Eltern. Geschädigt und dann aus der Stadt geworfen und dazu benutzt, uns allen Angst einzujagen. Aber ich habe keine Angst, Bruder. Du bist der, der Angst haben sollte. Denn ich werde dich töten, so wie du meine Eltern getötet hast.«
    »Und dann werden alle wissen, wie böse du bist«, sagte der Bruder ausdruckslos. »Und sie werden wissen, dass alles gelogen war, was du gesagt hast.«
    Sie trat noch näher an ihn heran, und ihre Hände begannen, ganz leicht zu zittern.
    »Nein«, sagte sie. »Du bist der Böse. Du hast das Leben von so vielen Menschen zerstört, du hast so vielen das Leben genommen. Dir muss man das Handwerk legen. Und genau das werde ich tun.«
    Der Bruder starrte sie an, und als sie noch näher kam, verlor das runde Gesicht seine Härte und den überheblichen Ausdruck. Er zitterte jetzt. »Nein«, schluchzte er. »Nein, Evie, töte mich nicht. Es tut mir leid.«
    »Es tut dir leid?«, erwiderte sie eisig. »Das reicht nicht. Das reicht bei Weitem nicht.«
    »Bitte«, flehte er. »Bitte tu es nicht. Reden wir darüber. Ich kann deinen Rang ändern. Und den von Raffy. Ich kann alles besser machen. Ich kann …«
    »Es gibt keine Ränge mehr«, sagte Evie. »Wir haben sie abgeschafft. Die Stadt braucht dich nicht mehr. Sie will dich nicht mehr.«
    »Neeeeiiiiin!«, schrie der Bruder, ein kehliger Laut, der
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