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Das letzte Zeichen (German Edition)

Das letzte Zeichen (German Edition)

Titel: Das letzte Zeichen (German Edition)
Autoren: Gemma Malley
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»Lucas, nimm sie mit. Pass auf sie auf. Kümmere dich um alle. Ich verlasse mich auf dich.«
    Lucas nickte. »Es war schön … dich beinahe kennenzulernen.«
    Linus grinste. »Ganz meinerseits.« Er fuhr herum und zielte mit der Pistole wieder auf den Bruder. »Wenn ihr auch nur einen Schritt näher kommt, stirbt der Bruder«, rief er und zwinkerte seinen Freunden zu. »Und wenn einer von euch meinen Freunden folgt, stirbt der Bruder. Wenn sich einer rührt, stirbt der Bruder. Verstanden?«
    »Also los. Gehen wir«, sagte Lucas mit einem Blick auf Martha, die widerstrebend nickte. Er wandte sich zu den anderen hin. »Raffy? Evie?«
    Auch Raffy nickte und nahm Evie an der Hand. Dann liefen sie los, auf dem gleichen Weg wie bei ihrer ersten Flucht, im Schatten der Häuser und über verborgene Pfade, immer Richtung Osten. Niemand sagte ein Wort, niemand wollte über das sprechen, was geschehen war, was die Zukunft bringen mochte, was sie erreicht hatten und was nicht. Sie liefen einfach immer weiter, vorbei an der verfallenen Hütte und durch den Sumpfgürtel.
    Dann gelangten sie an das Tor, doch als Lucas sich dagegenstemmte, gab es nicht nach. »Angel«, rief Martha. »Angel?«
    »Er kann dich nicht hören«, sagte Raffy verbittert. »Drei Meter – schon vergessen?« Er rannte selbst gegen das Tor, riss an den Riegeln. Doch das Tor ging nicht auf. Dann waren in der Ferne Schüsse zu hören und sie sahen sich an.
    »Wir müssen darüberklettern«, sagte Lucas.
    »Darüber?« Raffy sah ihn ungläubig an. »Wie denn?«
    »So.« Lucas kletterte am Tor hinauf und hielt sich oben an den Zacken fest. Dann schwang er die Beine hinauf und drehte sich so, dass er sich mit den Beinen quer zwischen den scharfen Metallzacken einhaken konnte. »Jetzt kletterst du an mir hoch auf die andere Seite und hakst dich dort genauso ein wie ich hier. Dann können die anderen an mir hochklettern und an dir wieder runter.«
    Raffy zögerte.
    »Oder wir können hier warten, bis die Polizeigarde kommt«, sagte Lucas leise.
    »Also gut«, meinte Raffy. Er hangelte sich hinauf, verlor ein paarmal fast den Halt, doch schließlich schaffte er es bis nach oben. Evie begann zu zittern. Es sah tückisch aus, um die fünf Meter hoch, mit spitzen Zacken oben. Sie würden nie lebend hinüberkommen. Wenn Raffy abrutschte, wenn er den Halt verlor …
    »Pass auf den Stacheldraht auf beim Hinunterklettern«, warnte Lucas und gab seinem Bruder einen kleinen Bolzenschneider. Der nahm ihn und zog die Brauen hoch.
    »An alles gedacht, was?«
    »Das hab ich gelernt«, sagte Lucas leichthin. »Dad hat es mir beigebracht. Und ich wünschte, ich könnte es dir auch beibringen.« Die beiden sahen sich einen Augenblick an, und Evie entdeckte etwas in Raffys Gesicht, doch es ging so schnell vorbei, dass sie nicht sicher sein konnte, was es war, aber da kletterte Raffy auch schon weiter. Evie sah ihm zu, und ihr war, als würde ihr das Herz stehen bleiben, als Raffy auf der anderen Seite verschwand.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, rief sie, und ein gedämpfter Ruf von drüben gab ihr immerhin die Gewissheit, dass er noch lebte.
    »Jetzt du?«, fragte Lucas.
    Evie schüttelte den Kopf. »Nein. Martha.«
    Martha nickte widerstrebend und kletterte los. Sie war sportlicher, als Evie gedacht hatte, stieg geschickt an Riegeln und Bolzen hoch bis zu der Stelle, wo Lucas sich eingehakt hatte. Er hob sie über die Zacken bis dorthin, wo Raffy den Stacheldraht durchgeschnitten hatte, und hielt sie an den Füßen fest, bis sie ganz oben war. Evie konnte nicht hinsehen. Es war gar nicht daran zu denken, dass sie selbst hinüberklettern konnte. Sie würde scheitern. Sie würde abstürzen. Sie würde alles zunichtemachen.
    Martha hatte es geschafft, und Lucas sah zu Evie herunter. »Bist du so weit?« In seinen Augen lag mit einem Mal so viel Güte, dass Evie neue Kraft spürte, so als könnte sie alles schaffen. Sie wischte sich die Hände an ihrer Kleidung ab und kletterte los, sie sah nicht nach unten, sie dachte nicht daran, was passieren würde, wenn sie abrutschte. Lucas streckte ihr die Hand hin und sie ergriff sie. Er zog sie hinauf, und sie stützte sich auf ihn, so nah, dass sie seinen Atem auf der Wange spürte.
    »Gib das Raffy«, sagte er und nahm die Uhr vom Handgelenk, die goldene Uhr, auf die er so stolz gewesen war.
    »Warum?« Sie blickt voller Zweifel darauf. »Warum sollte Raffy die Uhr haben wollen, die du vom Bruder bekommen hast?«
    Lucas lächelte traurig.
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