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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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alkoholabhängig.«
    »Das kommt natürlich drauf an, wie man es definiert«, entgegnete Dóra. »Für mich bedeutet regelmäßiger Drogenkonsum Abhängigkeit.«
    »Ich weiß ziemlich viel über Drogenmissbrauch.« Matthias verstummte, beeilte sich aber dann zu sagen: »Nicht aus eigener Erfahrung, sondern durch meine Arbeit. Harald war nicht abhängig – er war zweifellos dabei, es zu werden, aber er war nicht abhängig, als er ermordet wurde.«
    Dóra stellte fest, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, warum dieser Mann nach Island geschickt worden war. Wohl kaum, um sie zum Mittagessen einzuladen und sich über isländischen Fisch zu beschweren. »Was genau ist Ihre Tätigkeit für diese Familie? Frau Guntlieb erwähnte, Sie arbeiteten für ihren Mann.«
    »Ich kümmere mich um Sicherheitsfragen der Bank. Das beinhaltet unter anderem die Überprüfung der Lebensläufe zukünftiger Mitarbeiter und die Kontrolle verschiedener Sicherheitsbestimmungen in der Firma und bei den Finanzgeschäften.«
    »Dabei haben Sie wohl kaum mit Drogen zu tun?«
    »Nein. Damit meinte ich meinen vorherigen Job. Ich war zwölf Jahre lang bei der Münchner Kriminalpolizei.« Er schaute ihr direkt ins Gesicht. »Ich weiß einiges über Mordfälle und habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass bei dieser Morduntersuchung geschlampt wurde. Ich musste den Ermittlungsleiter nur ein paar Mal treffen, um festzustellen, dass er keinen blassen Schimmer davon hat, was er tut.«
    »Wie heißt er?«
    Dóra verstand, wen er meinte, obwohl seine Aussprache ziemlich merkwürdig war. Árni Bjarnason. Sie seufzte. »Ich kenne ihn von anderen Fällen. Er ist ein furchtbarer Idiot. Wirklich ungeschickt, ihm die Ermittlung zu übergeben.«
    »Es gibt auch noch andere Gründe, warum die Familie glaubt, dass der Drogendealer nichts mit dieser grausamen Tat zu tun hat.«
    Dóra schaute auf. »Und welche Gründe sind das?«
    »Kurz vor seinem Tod hat Harald eine große Summe Geld von einem Bankkonto abgehoben, das auf seinen Namen läuft. Man hat nicht herausgefunden, was mit dem Geld passiert ist. Es war wesentlich mehr, als Harald für Drogen gebraucht hätte, selbst wenn er sich die nächsten Jahre hätte zudröhnen wollen.«
    »War er vielleicht in Drogentransporte verwickelt?«, fragte Dóra und fügte hinzu: »Finanzierung von Drogenschmuggel oder so was?«
    Matthias schnaubte. »Ausgeschlossen. Harald brauchte kein Geld. Er war sehr wohlhabend. Sein Großvater hat ihm ein Vermögen vererbt.«
    »Ich verstehe.«
    »Die Polizei konnte nicht beweisen, dass der Dealer Geld entgegengenommen hat. Das Einzige, was man über Haralds Verbindung zur Drogenszene herausgefunden hat, ist, dass er ab und zu Haschisch gekauft hat.«
    Das Essen wurde serviert und sie aßen schweigend. Dóra war ein bisschen verlegen. Mit diesem Mann konnte man nicht gut schweigen. Andererseits hatte Smalltalk ihr nie gelegen, selbst wenn die Stille beklemmend war. Deshalb beschloss sie, lieber den Mund zu halten.
    Sie bestellten Kaffee und kurz darauf wurden zwei dampfende Tassen, eine Zuckerdose und ein silbernes Milchkännchen an den Tisch gebracht.
    Dóra nippte an ihrem Kaffee und unterbrach dann die Stille. »Haben Sie einen Vertrag, den ich mir anschauen kann?«
    Der Mann reckte sich nach einer Aktentasche, die auf dem Stuhl lag, und holte eine dünne Mappe hervor. Er reichte sie Dóra über den Tisch. »Nehmen Sie den Vertrag mit. Wir können morgen die Punkte durchgehen, die Sie ändern wollen. Ich gebe Ihre Anmerkungen dann an Familie Guntlieb weiter. Es ist ein fairer Vertrag und ich glaube nicht, dass Sie viel daran ändern möchten.« Er bückte sich erneut und holte eine zweite, dickere Mappe hervor, die er zwischen sie auf den Tisch legte. »Nehmen Sie das auch mit. Das ist die Mappe, die ich eben erwähnt habe. Es wäre mir wichtig, dass Sie die Unterlagen durchsehen, bevor Sie sich entscheiden. Der Fall hat sehr unangenehme Seiten und ich möchte, dass Ihnen das vorher klar ist.«
    »Glauben Sie, damit würde ich nicht zurechtkommen?«, fragte Dóra ein klein wenig beleidigt.
    »Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Deshalb bitte ich Sie, die Mappe durchzusehen. Darin befinden sich ziemlich unappetitliche Fotos vom Tatort und alle möglichen Erläuterungen, die auch nicht unbedingt nett sind. Es ist mir gelungen, mit Hilfe einer Person, deren Namen ich nicht nennen möchte, an verschiedene Beweisstücke zu kommen.«
    Er legte seine Hand auf die Mappe.
    »Hier drin
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