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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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dazugehörigen Ausgaben, Weihnachtsschmuck, Ausgaben, Geschenken, Ausgaben, Festlichkeiten, Ausgaben, Familienfeiern, Ausgaben und – wie sollte es auch anders sein – noch mehr Ausgaben. Man konnte nicht gerade von Hochbetrieb in der Kanzlei sprechen. Wenn sie diesen Auftrag aus Deutschland annehmen würde, hätte sie genug zu tun. Außerdem würde es ihre Geldprobleme lösen und mehr als das. Sie könnte sogar mit den Kindern in Urlaub fahren. Es gab bestimmt genügend verlockende Reiseziele für ein sechsjähriges Mädchen, einen 16-jährigen Jungen und eine 36-jährige Frau. Sie würde es sich sogar leisten können, auch noch einen 26-jährigen Mann einzuladen, zwecks Förderung der Geselligkeit und Ausgleichs der Geschlechterverteilung. Sie nahm den Hörer in die Hand.
    Anstelle von Frau Guntlieb meldete sich ein Dienstmädchen. Dóra fragte nach der Frau des Hauses und hörte kurz darauf klappernde Schritte. Eine kühle Stimme meldete sich.
    »Guten Tag, Frau Guntlieb. Hier ist Dóra Guðmundsdóttir aus Island.«
    »Ja.« Nach kurzem Schweigen war klar, dass Frau Guntlieb im Moment nicht mehr sagen würde.
    »Ich habe mich entschieden und möchte versuchen, Ihnen zu helfen.«
    »Gut.«
    »Wann soll ich anfangen?«
    »Sofort. Ich habe für heute Mittag einen Tisch bestellt. Dort können Sie die Sache mit Matthias Reich besprechen. Er arbeitet für meinen Mann. Er hält sich gerade in Island auf und verfügt über die Ermittlungserfahrungen, an denen es Ihnen mangelt. Er wird Ihnen weitere Informationen geben.«
    Der vorwurfsvolle Ton bei dem Wort »mangelt« klang so, als sei Dóra für schuldig befunden worden, stockbesoffen bei einem Kindergeburtstag erschienen zu sein. Sie tat trotzdem so, als sei nichts gewesen. »Ja, ich verstehe. Ich möchte aber noch einmal betonen, dass ich nicht sicher bin, ob ich Ihnen helfen kann.«
    »Das wird sich zeigen. Matthias gibt Ihnen einen Vertrag, den Sie unterschreiben müssen. Lassen Sie sich Zeit, lesen Sie ihn gut durch.«
    Auf einmal hätte Dóra der Frau am liebsten gesagt, sie solle sich zum Teufel scheren. Sie konnte diese Überheblichkeit und Arroganz nicht ausstehen. Als sie aber dann sich selbst, die Kinder und den 26-jährigen Typen im Urlaub vor sich sah, schluckte sie ihren Stolz hinunter und murmelte etwas Zustimmendes.
    »Seien Sie um zwölf Uhr im Hótel Borg. Matthias kann Ihnen die eine oder andere Information geben, die nicht in der Zeitung steht. Einiges davon ist nicht druckfähig.«
    Dóra lief plötzlich ein kalter Schauer über den Rücken. Frau Guntliebs Stimme klang barsch und gefühllos, aber gleichzeitig irgendwie zerbrechlich. Vermutlich klang man unter diesen Bedingungen so. Dóra schwieg.
    »Haben Sie mich verstanden? Kennen Sie das Hotel?«
    Dóra hätte fast laut aufgelacht. »Ja, ich glaube schon. Ich werde dort sein.« Ganz bestimmt.

2. KAPITEL
    Dóra schaute auf die Uhr und legte den Fall beiseite, mit dem sie sich gerade beschäftigt hatte. Schon wieder ein Mandant, der nicht wahrhaben wollte, dass er gerade einen Prozess verlor. Sie war zufrieden mit sich, hatte ein paar kleinere Sachen bearbeitet und genug Zeit, sich mit Herrn Matthias Reich zu treffen. Sie wählte Bellas Durchwahl.
    »Ich gehe zu einer Besprechung in die Stadt. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, aber rechne nicht vor zwei Uhr mit mir.« Das Grummeln am anderen der Leitung interpretierte Dóra als Zustimmung. Mein Gott, warum kann sie nicht einfach »ja« sagen?
    Dóra nahm ihre Handtasche und steckte das Notizbuch ein. Alles, was sie über den Fall wusste, stammte aus den Medien. Allerdings hatte sie die Sache nicht besonders aufmerksam verfolgt. Sie erinnerte sich nur an die wichtigsten Punkte: Ein ausländischer Student war ermordet und seine Leiche auf nicht näher beschriebene Weise geschändet worden. Die Polizei hatte einen Drogendealer, der steif und fest seine Unschuld beteuerte, festgenommen. Daraus ließ sich nicht allzu viel schließen.
    Während sie ihren Mantel anzog, musterte sich Dóra in dem großen Spiegel. Sie wusste, wie wichtig es war, beim ersten Treffen einen guten Eindruck zu machen, besonders, wenn ihr Gegenüber vermögend war.
    Dóra wühlte in ihrer Handtasche, fand endlich den Lippenstift und schminkte sich hastig die Lippen. Sie trug fast nie Make-up und legte morgens nur eine Feuchtigkeitscreme und Wimperntusche auf. Den Lippenstift hatte sie für unerwartete Ereignisse wie jetzt dabei. Er stand ihr gut und steigerte ihr
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