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Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Christiane Fux
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zünftiges Seemannsgrab: Dann wurde eine zur zügigen Verrottung konzipierte Urne in der Ostsee versenkt – die einzige offizielle Möglichkeit, in Deutschland nicht unter die Erde zu kommen. Ebendas war, dank alter Familientradition, eine besondere Spezialität des Matthiesschen Bestattungsinstituts.
    Extravagante Trauernde könnten allerdings die Asche des Verblichenen über die Grenze schaffen und den enthaltenen Kohlenstoff zum Diamanten pressen lassen, berichtete Theo. Ein recht kostspieliges Unterfangen, das sich im weniger gut betuchten Wilhelmsburg seines Wissens noch nie jemand geleistet hatte. Die Kosten für die Bestattung der restlichen Asche kämen natürlich noch hinzu.
    »Die meisten entscheiden sich für eine Feuerbestattung«, sagte Theo freundlich. »In Hamburg sind die Friedhofsplätze teuer, und so ein Urnengrab kostet weniger – auch wenn die Kosten für das Krematorium hinzukommen.«
    Hilflos blätterte Erik in dem Katalog mit den Sarg- und Urnenmodellen. »Meine Mutter hätte gelacht, weil ich darum so ein Tamtam mache«, sagte er schließlich bitter. »Die hätte sich vermutlich einäschern lassen, und dann ab in irgendein anonymes Loch. Aber ich – ich hätte doch gern etwas Besonderes für sie.« Er zögerte. »Sie war ein eher unkonventioneller Typ.«
    »Na, dann kommen Sie mal mit. Ich zeige Ihnen ein paar Spezialmodelle.« Schnaufend erhob sich der pummelige Mann und trottete Theo hinterher.
    Im Sarglager, das nebenan in einer ehemaligen Scheune untergebracht war, waren immer die gängigsten Modelle vorrätig. Es gab pompöse Exemplare Typ Gelsenkirchener Barock aus geschnitzter Eiche mit üppigen Messingbeschlägen, schlichte Varianten aus Kiefernholz, imposante, schwarz lackierte Versionen, in denen sich jeder Vampir gern häuslich eingerichtet hätte, und schneeweiße, herzzerreißend winzige Kindersärge. Manche Modelle aber waren nach den Wünschen der Kunden gestaltet worden, kunstvoll bemalt von Theos bestem Freund, Lars Hansen.
    Zweifelnd blickte Florin sich um. Dann fiel sein Blick auf die Urnen, die aufgereiht in einem Regal standen. Auch hier hatte der Sargkünstler seiner Phantasie freien Lauf gelassen. Staunend betrachtete Florin ein Exemplar, das über und über mit Seerosen bemalt war. Oben auf dem Deckel thronte ein freundlicher Froschkönig. Verschämt kratzte er dem Tierchen den grün gesprenkelten Rücken.
    »Ist so was überhaupt erlaubt?«
    »Es geht alles, was keine Giftstoffe freisetzt«, sagte Theo aufmunternd. Erst vor Kurzem hatten sie die Asche eines eingefleischten St.-Pauli-Fans in einer Urne bestattet, die mit dem Vereinsemblem geschmückt war: ein Totenkopf auf schwarzem Grund. »War Opa ein Pirat?«, hatte der vierjährige Enkel des Verstorbenen mit leuchtenden Augen gefragt und so für ungewohnte Heiterkeit am Grab gesorgt.
    »Fällt Ihnen vielleicht etwas ein, das Sie besonders mit Ihrer Mutter verbinden?«
    Erik schüttelte bedauernd den Kopf. »Wissen Sie, wir standen uns nicht besonders nahe, meine Mutter und ich.« Dann hellte sich sein Gesicht auf: »Afrika«, sagte er dann enthusiastisch, »Anna hat viel Zeit für ›Ärzte ohne Grenzen‹ in Afrika verbracht. Vielleicht können Sie eine Urne mit afrikanischen Motiven bemalen lassen.« Doch dann verließ ihn wieder der Mut. Die Froschkönig-Urne in der Hand setzte er sich auf einen Holzblock.
    »Ich weiß gar nicht, wie ich das alles schaffen soll«, stöhnte er. »Die ganze Beerdigung organisieren. Und was mache ich bloß mit der Wohnung?«
    »Um Ersteres kümmere ich mich, und für die Wohnung, da hätte ich auch schon eine Idee.« Theo kramte eine Visitenkarte aus den Tiefen seiner Brieftasche. ›Lars Hansen – Antiquitäten, Wohnungsauflösungen, Entrümpelungen aller Art‹, stand darauf. »Unser Sargkünstler hier hat nämlich noch eine weitere Einkommensquelle.«

Kapitel 2
     
    Der Mops
     
    Sonntag, 14. Dezember 2008
    Am nächsten Morgen ließ Erik Florin sich mit einem wohligen Seufzer in den Beifahrersitz von Theos restauriertem Citroën DS sinken. Auf der Rückbank lagen eine Plastiktüte und eine Handtasche.
    »Die Sachen Ihrer Mutter. Ich habe sie gleich von der Pathologie mitgenommen«, sagte Theo.
     »Ich wusste gar nicht, dass meine Mutter so was Schickes besitzt.«
    Routiniert chauffierte Theo den Schlitten zum Vogelhüttendeich. Die Fahrt dauerte nur gute zehn Minuten, endete aber auf einem anderen Kontinent. Statt Fachwerkromantik und Katzenkopfpflaster herrschte hier der
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