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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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hatten die
Köpfe gesenkt, während der Jäger wild gestikulierte und immer wieder seine
Waffe in die Luft stieß.

    Was ist denn da los? dachte
Tarzan. Und dann: Trifft sich ja toll! Der wird staunen, was ich ihm zu
erzählen habe.
    Im Näherkommen hörte er die
Stimme des Grünrocks.
    „...genau gesehen! Also lügt
nicht, ihr verlogenes Pack! Und wenn ich den Köter erwische, erschieße ich ihn.
So wahr ich hier stehe!“
    Der meint doch nicht etwa
Oskar, überlegte Tarzan. Vorsichtshalber nahm er ihn ganz kurz an die Leine.
    Gaby hatte den Kopf gehoben,
sah Tarzan und versuchte, unauffällig Zeichen zu geben. Es bedeutete, Tarzan
solle sich mit Oskar verziehen. Aber der Jäger bemerkte es und drehte sich um.
    „Da ist ja der Köter!“ schrie
er und riß sein Gewehr hoch.
    Tarzan war auf etwa zehn Schritte
heran. Rasch bückte er sich und nahm Oskar auf den Arm.
    „Meinen Sie unseren Oskar?“
fragte Tarzan.
    „Wen denn sonst!“ schrie der
Jäger. „Oder siehst du hier noch einen Hund?“
    Aufmerksam betrachtete Tarzan
den Mann.
    Jäger von Beruf war der nicht.
Eher der Pächter dieser Jagd — und sonst vielleicht Zahnarzt, Fabrikant,
Möbelhändler oder Taxiunternehmer. Er mochte Mitte Fünfzig sein und war fett
wie eine Raupe. Bei der Hitze machte ihm das natürlich zu schaffen, und er
schwitzte noch viel stärker als Klößchen. Sein teigiges Gesicht war jetzt
hochrot. Semmelblondes Haar mit viel Grau drin kroch unter dem Hut hervor. Mit
stechenden, wasserhellen Augen starrte der Mann in die Welt.
    „Laß ihn runter!“ rief er. „Der
wird erschossen. Seit Wochen wildert der Köter in meinem Revier. Reißt Kitze,
Hasen und Rebhühner. Zigmal schon habe ich ihn gesehen. Genau sogar. Aber ich
kam nicht zum Schuß. Jetzt ist er dran. Ich erkenne ihn genau. Ich muß mein
Wild schützen.“
    „Klar müssen Sie das“, sagte
Tarzan ruhig. „Aber unseren armen Oskar überschätzen Sie maßlos. Der ist heute
zum ersten Mal hier. Und wenn ihm eine streitlustige Maus begegnet, zieht er
den Schwanz ein. Gewildert hat er noch nie.“
    „Lüg’ nicht, verdammter Bengel!
Ich erkenne ihn wieder.“
    „Das ist unmöglich, Herr Forstrat.
Entweder Oskar hat einen Doppelgänger! Oder Sie brauchen eine Brille!“
    Das Gesicht des Dicken färbte
sich noch röter — burgunderrot.
    „Du Mistkerl!“ schrie er. „Ihr
seid organisierte Wilddiebe. Eben habe ich euch durchs Glas beobachtet. Der
Köter hat Wild gehetzt. Und du bist ihm nachgelaufen — weil du mich bemerkt
hast.“
    Tarzan schüttelte den Kopf.
„Ganz falsch, Herr Oberforstrat! Bemerkt haben wir Sie nicht. Vermutlich
schleichen Sie wie ein Indianer. Außerdem sind Sie so grün wie die Bäume. Und Oskar
hat nicht gewildert. Er ist vielmehr darauf abgerichtet, Verlorenes
aufzuspüren. Dort hinten unter den Bäumen habe ich gestern mein Taschenmesser
verloren. Eben hat Oskar es gefunden. Wollen Sie’s sehen, Herr Forstpräsident?“
    „Werd’ nicht noch frech, Lümmel!
Für dich bin ich Herr Gröbl. Laß’ den Hund jetzt runter! Ich sage es zum
letzten Mal.“
    Bevor Tarzan antworten konnte,
trat Gaby vor.
    „Sie glauben doch nicht im
Ernst, Herr Gröbl“, rief sie mit zitternden Stimme, „daß Sie meinen Hund
erschießen können. Wegen nichts. Wegen eines Irrtums! Wenn Sie auf Oskar
anlegen, stelle ich mich davor. Dann müssen Sie auch mich erschießen.“
    Tarzan war rasch nähergegangen.
    Jetzt stand er bei der Gruppe.
    Gröbl hielt sein Gewehr in
beiden Händen. Aber die Mündung war zu Boden gerichtet.
    „Keine Sorge, Gaby!“ Tarzan
setzte Oskar auf den Boden, klemmte ihn aber zwischen seinen Unterschenkeln
fest. „Herr Gröbl wird auf nichts und niemanden schießen. Und machen Sie jetzt
nicht den Fehler, Herr Gröbl, Ihre Waffe zu heben. In dem Moment würde ich mich
bedroht fühlen, und ich bin der beste Judokämpfer meines Jahrgangs. Es ginge
schlecht für Sie aus. Daß es Notwehr ist, dafür hätte ich drei Zeugen.“
    Gröbl starte ihn an. Seine
Augen glänzten wie Wasser, und sein Atem war eine einzige Schnapsfahne; Tarzan
wurde fast schlecht davon.
    Gröbl zauderte. Seine Hände
krampften sich um das Jagdgewehr, daß die Knöchel weiß wurden.
    Er und Tarzan waren gleich
groß. Aber Tarzan wirkte älter als 13 und war ein muskulöser Athlet, den man
lieber nicht herausfordert.
    „Im übrigen“ sagte Tarzan,
„glaube ich nicht, daß Sie die Wahrheit sagen, Herr Gröbl. Ein Schäferhund, ein
Dobermann, eine Dogge — die wären

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