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Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)
Autoren: Elizabeth Strout
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auch. Euer Essen steht schon auf dem Herd.«
    Sie wuselte herum, dass Bob nur staunen konnte. Er versuchte Jims Blick einzufangen, aber Jim schaute stumpf vor sich hin, während Susan ihm Handtücher und einen alten Rasierer von Zach heraussuchte. Bob sollte in Zachs Zimmer schlafen, und Susan schickte ihn mit seinen Taschen nach oben. Als die Dusche zu rauschen begann, sagte er: »Bin gleich wieder da. Ich dreh nur kurz eine Runde.«
    Margaret Estaver stand vor ihrer Kirche und sprach mit einem hochgewachsenen dunkelhäutigen Mann. Bob brachte den Wagen zum Stehen, stieg aus und sah die Freude auf ihrem Gesicht, als er auf sie zuging. Sie sagte etwas zu dem Mann, der nickte und der Bob aus der Nähe bekannt vorkam. »Das ist Abdikarim Ahmed«, sagte Margaret, und der Mann gab ihm die Hand und sagte: »Ich freue mich. Ich freue mich sehr.« Seine Augen waren dunkel, wach; sein Lächeln entblößte schiefe, fleckige Zähne.
    »Was hören Sie von Zachary?«, fragte Margaret. Bob schielte zu dem Mann hinüber; er hätte einer von den Männern sein können, die bei Zachs Anhörung ausgesagt hatten, Bob war sich nicht sicher.
    Der Mann sagte: »Ist alles gut mit ihm? Ist er bei seinem Vater? Kommt er heim? Er kann jetzt heim, denke ich.«
    »Er kommt morgen«, sagte Bob. Und fügte hinzu: »Aber keine Sorge. Er hat sich gebessert. Keine Dummheiten mehr.« Die letzten Worte hatte er in dem überlauten Ton gesagt, den man bei Ausländern oder bei Schwerhörigen anschlägt. Margaret verdrehte die Augen.
    »Er kommt heim«, sagte der Mann mit hochzufriedenem Gesichtsausdruck. »Sehr gut, sehr gut.« Er schüttelte Bob noch einmal die Hand. »Es hat mich gefreut. Möge das Glück mit dem Jungen sein.« Er nickte und ging davon.
    Als er außer Hörweite war, sagte Margaret: »Er war Zachs Fürsprecher.«
    »Dieser Mann?«
    Bob folgte ihr in ihr Büro. Sein Leben lang würde er sich erinnern, wie sie die Hand ausstreckte, um eine Lampe anzuknipsen, und den Raum mit dieser Bewegung in Licht tauchte, die Herbstdunkelheit nach draußen verbannte. Er konnte nie den genauen Moment benennen – obwohl es gut dieser Moment hätte sein können, mit seinem Lampenlicht, das die Wärme Abdikarims zu bewahren schien und irgendwie auch die Wärme von Shirley Falls – , in dem er begriff, dass seine Zukunft bei ihr lag. Sie redeten nicht lange, und sie redeten nicht von sich. Sie wünschte ihm das Beste für Jim und für Zacharys Ankunft, und er sagte, er würde ihr Bericht erstatten, und sie sagte: Tun Sie das, und begleitete ihn nicht zu seinem Auto.
    »Er ist in einem furchtbaren Zustand«, murmelte seine Schwester mit einer Kopfbewegung in Richtung Wohnzimmer. »Er hat dreimal bei ihr angerufen, und sie hebt nicht ab. Aber Zach hat gerade gemailt, dass er sich schon riesig freut, auch auf euch. Und das ist doch schön, oder?«
    Bob ging ins Wohnzimmer und setzte sich Jim gegenüber. »Weißt du, was du machst?«, sagte Bob. »Du fährst nach Park Slope und schläfst auf der Türschwelle, bis sie dich reinlässt.«
    »Bis sie mir die Polizei auf den Hals hetzt, meinst du wohl.« Jim drückte die Faust gegen sein Kinn und starrte auf den Teppich.
    »Soll sie doch. Es ist immer noch dein Haus, oder?«
    »Dann erwirkt sie ein Kontaktverbot.«
    »Du hast sie ja wohl nicht geschlagen. Oder? Mann!«
    Jetzt schaute Jim doch auf. »Verdammt, Bob. Nein. Und ihre Klamotten hab ich auch nicht aus dem Fenster geschmissen.«
    »Ist ja gut«, sagte Bob. »Ist ja gut.«
    Am nächsten Morgen stand Mrs. Drinkwater auf der obersten Treppenstufe und lauschte. »So was«, formte sie mit den Lippen, denn es war sehr aufschlussreich, was sie da von den jungen Leuten – »junge Leute«, dachte sie, die Stimmen hatten so etwas Frisches, vor allem Susans, als machte die Trennung von Ehepartnern und Kindern sie selbst wieder zu Kindern – über ihre Pläne für Zacharys Zukunft erfuhr (vielleicht konnte er aufs College gehen) und über Jims Krise (er schien schwer in Ungnade gefallen zu sein, nur eine Tochter sprach noch mit ihm) und auch über Susan (es gab einen Malkurs einmal die Woche, den sie gern besuchen wollte – dieses Letzte überraschte Mrs. Drinkwater besonders, sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Susan sich fürs Malen interessierte).
    Ein Küchenstuhl schrammte über den Boden, und Mrs. Drinkwater wollte schon den Rückzug antreten, aber dann wurde der Hahn an der Spüle auf- und wieder zugedreht, und sie redeten weiter. Bob erzählte Susan, ein
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