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Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Titel: Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise
Autoren: Auma Obama
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verzog, drohte ich ihr mit scharfem Blick Ausgangsverbote oder ähnlich Unangenehmes an.
    »Ein Moskito!«, rief meine Tochter. »Ein Moskito hat mich gestochen!« Sie tauchte unter dem niedrigen Tisch ab, während ich mich wieder der Frau zuwandte, die immer noch dastand und mich anstarrte. Ich war froh, dass wir im Garten des Restaurants saßen und unser Tisch nur von Kerzenlicht beleuchtet wurde.
    Akinyi, Marvin und ich saßen zur Feier meines Geburtstags in diesem Lokal. Es sollte ein netter, ruhiger Abend werden: nur wir drei, keine große Sache, aber doch etwas Besonderes.
    Normalerweise ignoriere ich diesen Tag, aber dieses Jahr war es anders. Schon Wochen vorher hatte ich deutlich zu verstehen gegeben, dass ich diesmal meinen Geburtstag feiern wollte. »Ich möchte, dass ihr mich richtig ausführt!«, hatte ich laut verkündet und dramatisch hinzugefügt: »Ich brauche es!« Marvin und Akinyi hatten gestaunt. Mir war der Grund selbst nicht ganz klar, aber dieses Mal sollte der Tag nicht wie jeder andere sein. Daher saßen wir nun außerhalb des Stadtzentrums von Nairobi in einem italienischen Restaurant in der Agwings Kothek Street.
    Es war Januar 2009 . Vielleicht drängte sich mir der Wunsch auf, all das zu feiern, was in den vergangenen zwei Jahren passiert war. Große Veränderungen waren innerhalb kürzester Zeit in mein Leben getreten, dazu gehörte nicht nur der Wahlsieg meines Bruders in den Staaten, sondern vor allem auch der Umzug nach Kenia. Und erst jetzt hatte ich das Gefühl, etwas Luft holen zu können. Das dachte ich zumindest, bis die neugierige Frau auf mich zugetreten war. Immer noch befand sie sich an unserem Tisch, während ihr Mann schon längst zum Ausgang gegangen war.
    »Ich bin es nicht«, wiederholte ich nun scharf. Mir war nicht mehr nach Höflichkeit zumute. Die Frau schien sonst nicht zu merken, dass ihr hartnäckiges Bohren mir langsam auf die Nerven ging.
    Meine Identität als Schwester von Barack Obama gab ich nur selten preis. Nur so konnte ich mich, ohne groß Aufmerksamkeit zu erregen, in Nairobi bewegen. Auf diesen Luxus wollte ich auch jetzt nicht verzichten – selbst wenn die Frau nur unwillig ihrem Mann folgte und sich dabei noch mehrmals kopfschüttelnd nach uns umblickte.
    Kaum war das Ehepaar außer Sichtweite, prustete Akinyi los:
    »Mum! So was kann man doch nicht machen.«
    »Wolltest du, dass die Frau den ganzen Abend bei uns bleibt?«, erwiderte ich.
    »Sie wollte doch nur eine Bestätigung. Dann wäre sie bestimmt weitergegangen«, verteidigte meine Tochter die fremde Frau.
    »Nein«, antwortete Marvin. »Sie hätte sich hingesetzt und deine Mutter lang und breit über deinen Onkel ausgefragt. Das habe ich schon mehrmals miterlebt. Die Leute erlauben sich sehr viel. Sie denken, weil sie deinen Onkel so toll finden, haben sie irgendwie ein Anrecht auf ihn und damit auch auf seine Angehörigen.«
    Dankbar stimmte ich Marvin mit einem Nicken zu.
    »Ja, wenn ich nicht so reagieren würde, wie ich es eben tat, dann bin ich nur noch eine Gefangene meiner selbst. Dann darf ich Personen wie diese Frau nicht mehr abweisen, weil es sonst heißt, die Schwester von Obama sei unhöflich.« Ich seufzte. »Im Grunde verstehe ich ja, wie es den Leuten geht. Sie sind aufgeregt und wollen mir ihre Begeisterung über Barack mitteilen. Oder sie sind einfach neugierig, weil sie eine Angehörige eines so prominenten Menschen entdeckt haben – und vergessen dabei völlig, dass ich auch noch ein Privatleben habe.«
    Meine Tochter hörte uns beiden zu und zuckte nur mit den Schultern.
    »Verstehe ich nicht. Ich hätte es ihr gesagt.« Akinyi liebte das Rampenlicht. Ihr Ziel war es, irgendwann ein großer Star zu werden, wofür sie natürlich ihr Publikum brauchen würde. Marvin und ich schauten uns an – und begannen zu lachen.
    »Verstehen wir auch nicht«, sagten wir beide gleichzeitig. Und wieder einmal ertappte ich mich dabei, wie ich mir wünschte, ich besäße noch die Arglosigkeit einer Elfjährigen.
     
    Anfang 2007 war die umwerfende Ankündigung gekommen: Mein Bruder Barack teilte mir telefonisch mit, dass er die Absicht habe, für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten zu kandidieren. Schon zuvor, bei einem meiner letzten Besuche in den USA , hatten wir darüber spekuliert, ob er im Falle einer Kandidatur Chancen auf einen Sieg hätte.
    Das jüngste Vorhaben meines Bruders war wahrlich von einem ganz anderen Zuschnitt als die Übernahme eines Senatorenpostens. Dass
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