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Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Titel: Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise
Autoren: Auma Obama
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mit dem Mann zu reden. Nun war sie mit diesem Vorschlag zurückgekehrt.
    »Das kann ich nicht machen. Sobald ich dem einen etwas gebe, kommt der Nächste und will auch etwas. Dann hört es überhaupt nicht mehr auf. Deshalb kann ich nicht darauf eingehen.«
    Auf keinen Fall wollte ich mich der britischen Boulevardpresse ausliefern. Mich ärgerte das dreiste Verhalten des Journalisten, der auf die Bitte der Presseleiterin, mich in Ruhe zu lassen, erwidert hatte, dass er so oder so sein Foto von mir bekommen würde.
    »Dann wäre es das Beste, Sie würden eine Erklärung verfassen. Wir geben sie dann stellvertretend für Sie an die Presse weiter«, schlug die Leiterin vor.
    »Ja, das ist eine gute Idee«, erwiderte ich erleichtert. »Aber was machen wir jetzt ?«
    »Stimmt«, meinte Andrea, die ebenfalls in der Presseabteilung arbeitete und sich zu uns gesellt hatte. »Der Fotograf weiß ja, dass du hier im Gebäude bist. Er wird also nicht so einfach verschwinden. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um dich unbemerkt hinauszuschleusen.«
    Und genau das taten die beiden Frauen. Sie planten, dass ich durch einen Nebenausgang das Gebäude verlassen sollte, von dort aus sollte ich über einen Umweg den ersten Teil meines Heimwegs zu Fuß zurücklegen. In der Zwischenzeit wollte Andrea mein Auto vom Parkplatz holen und hinter mir herfahren. Unterwegs würde ich den Wagen übernehmen, und Andrea würde zu Fuß ins Büro zurückgehen. Ich kam mir bei dem Abenteuer vor wie in einem James-Bond-Film.
    Da ich nun jederzeit mit Paparazzi rechnen musste, suchte ich mir von einem Bekannten, der selbst in der Öffentlichkeit stand, Unterstützung im Umgang mit der Presse. Zum Glück war dann auch bald Schluss mit den unangenehmen Überraschungen.
     
    Mein Bruder Barack schrieb jetzt unbestreitbar Geschichte, und obwohl ich ihm in den vergangenen Jahren sozusagen vom Spielfeldrand aus zugeschaut und an seinem Weiterkommen nur in kleinen Ausschnitten teilgenommen hatte, hoffte ich mit ihm – egal welche Auswirkungen dies auf mein Leben haben könnte.
    In jedem Fall würde ich allein aufgrund des gemeinsamen Familiennamens in eine Welt katapultiert werden, in der die Medien immer wieder ihre Neugier auf mich und mein Leben bekunden würden. Sie wollten einer Berühmtheit – möglicherweise dem nächsten Präsidenten der USA – nah sein, und sei es auf Umwegen.
    Plötzlich nahmen auch alte Freunde, Verwandte und Bekannte, mit denen die Verbindung vor langer Zeit abgerissen war, wieder Kontakt mit mir auf und wollten Verpasstes nachholen. Ich wurde zu allen möglichen Treffen und Veranstaltungen gebeten. Die meisten Einladungen lehnte ich freundlich ab und wich dem neu erwachten Interesse an meiner Person aus. Nur schwer konnte ich den veränderten Umgang mit meiner Person akzeptieren.
    In einer Art Abwehr gegen den allseitigen »Ansturm« auf meine Person machte ich es mir zum Prinzip, mich allen gegenüber so »normal« wie möglich zu verhalten. Dadurch wollte ich meine Umgebung gewissermaßen zwingen, genauso mit mir umzugehen wie bisher. Das führte allerdings dazu, dass viele Leute mich irgendwie merkwürdig fanden, unfähig, das Gigantische und Großartige der Situation zu begreifen. Eine Bemerkung, die ich wieder und wieder zu hören bekam, schon vor den Präsidentschaftswahlen, lautete: »Begreifst du das alles eigentlich?« Meistens klang es sehr locker, doch manchmal schwang ein ernster, etwas beunruhigender Unterton mit, der mir zu verstehen gab, dass ich mich der Situation nicht angemessen verhielt. In der Regel antwortete ich ebenso scherzhaft: » Was soll ich begreifen?« Meist lachte daraufhin mein Gegenüber, verdrehte die Augen und erwiderte mit einem Schlag an die Stirn: »Mensch, dein Bruder wird womöglich Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika!«
    Für gewöhnlich antwortete ich dann, dass mein Bruder schon immer vor allem anderen mein Bruder gewesen sei und sich daran auch nichts ändern würde, was immer er noch Großes leisten würde. Letztlich war mir das am wichtigsten. An dieser Tatsache würde sich nie etwas ändern. Und weil es so war, sagte ich mir, bräuchte auch ich mich nicht zu ändern.
    Nun war ich allerdings auch nicht so naiv, zu glauben, dass alles bleiben konnte, wie es war. Ich wusste, dass ich mich nicht ewig würde verstecken können und dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ich mich mit meinem Auftreten in der Öffentlichkeit befassen musste. Ich war nun einmal die Schwester
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