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Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Titel: Das Leben ist ein listiger Kater. Roman
Autoren: Marie-Sabine Roger
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Kissen herumzutrampeln.
    Da wurde ich nachdenklich, ich sagte mir, ich werde mir doch jetzt kein Tier aufhalsen – nein, nein, ich hatte siebenundsechzig Jahre ohne Haustiere gelebt, es gab keinen Grund, an einer guten Gewohnheit etwas zu ändern. Ich brauchte ihn nur rauszuschmeißen. Gedacht, getan: Ich machte meine Tür auf, und schwupp!
    Der alte Dachhase wollte davon aber nichts wissen, er blieb auf der Fußmatte sitzen und brachte mir zwei Stunden lang mit seiner mächtigen Tigerstimme ein Ständchen. Da setzte ich ihn auf die Straße. Er wartete, bis ein Nachbar die Haustür aufmachte, und kam sofort wieder zu mir hoch. Da zog er seine Nummer noch mal ab. Und ich gab nach. Ich behielt ihn und taufte ihn Lumpensack.
    Ich fand, dass wir gewisse Ähnlichkeiten hatten: das Raubeinige, Brummige, ewig Unzufriedene.
    Wegen ihm war ich am Unfallabend auf dieser Brücke, jetzt weiß ich es wieder.
     
    Dieser Kater war anhänglicher als ein verliebtes Mädchen, er folgte mir überallhin, ich musste aufpassen, dass er nicht mit mir zusammen aus der Wohnung ging.
    An dem Abend trug ich vor dem Schlafengehen noch den Müll hinunter, gegen ein Uhr morgens. Ich vergesse immer, das früher zu machen. Der Kater folgte mir unbemerkt, und genau in dem Moment, als ich ihn neben mir auf dem Bürgersteig sah, fiel ihn auch schon ein riesiger Hund an, dem ich darauf sofort den Müllsack auf die Schnauze haute, zur großen Entrüstung seines Herrchens; aber es war schon zu spät, Lumpensack war übel zugerichtet.
    Der Hundebesitzer verhielt sich anständig. Da er sein Auto in der Nähe geparkt hatte, bot er mir an, mich zu einem Tierarzt zu fahren. In der Nacht von Sonntag auf Montag einen diensthabenden Tierarzt zu finden ist allerdings nicht so einfach. Ich probierte bestimmt zehn Telefonnummern aus und erwischte neun Anrufbeantworter. Schließlich machte ich einen ausfindig, dessen Praxis – ein Glück im Unglück – nicht allzu weit weg war, den Namen oder die genaue Adresse weiß ich nicht mehr. Der Typ fuhr mich in seinem Auto hin, unter dem mürrischen Blick seiner Töle, die mir gern eine Wade zerfetzt und anschließend dem armen Lumpensack mit seiner klaffenden Bauchwunde den Rest gegeben hätte.
    Ich meine mich zu erinnern, dass der Tierarzt jung war, ich erinnere mich auch dunkel, dass ich lange in seinem Wartezimmer Däumchen drehen musste und dass ich mich schließlich zu Fuß auf den Heimweg machte, ohne meinen Kater.
    In jener Nacht war ich also auf dem Heimweg vom Tierarzt.
    Ohne den verfluchten Kater wäre ich nie über diese Brücke gegangen und auch nicht übers Geländer geflogen, man hätte mich nicht wieder zusammengeflickt wie einen alten Blaumann.
    Das hat man von der Tierliebe.
    Das Rätsel ist gelöst.
    Abgesehen davon, dass ich keine Ahnung habe, was aus dem alten Kameraden geworden ist.

H eute Abend kam eine Mail von Nathalie, Serges Lebensgefährtin.
    Wie versprochen gibt sie mir kurz Bescheid: Die Operation heute Morgen ist so gut gelaufen wie nur möglich, aber es ist noch zu früh, um das Ergebnis zu beurteilen.
    Serge hat lang damit gewartet, sich in Behandlung zu begeben, anscheinend war es höchste Zeit. Er wird viel Ruhe brauchen, um sich zu erholen.
    Sie wird mich auf dem Laufenden halten.
    Vor dem Eingriff hat er sie noch gebeten, mir eine kurze Nachricht weiterzuleiten, die sie an ihre Mail anhängt:
    Hallo, Kumpel,
    hier ein fröhlicher Zitate-Mix, ehe ich mich aufschlitzen lasse (morgen früh, verdammt, habe ich einen Schiss!):
    »Es ist besser, in einer Blutlache zu sterben als in einem vollgepissten Bett.« Randall Wallace
    »Jeder Abschied ist ein kleiner Tod, aber jeder Tod ein großer Abschied.« Alphonse Allais
    »Die Medizin verlängert das Sterben.« Plutarch
    Und das noch, zum Nachtisch:
    »Die Gesundheit ist ein ungewisser Zustand, der nichts Gutes ahnen lässt.« Jules Romains
    Wir reden bei einem Gänseconfit darüber, sobald ich wieder draußen bin!
    Serge
    Ich antworte Nathalie, die ich nicht persönlich kenne, und schicke ihr eine Nachricht für Serge mit, die sie ihm geben soll, sobald er in der Lage ist, sie zu lesen:
    Hallo, mein Lieber,
    als Antwort auf das letzte Zitat deiner optimistischen kleinen Blütenlese hier noch ein Gedanke, den ich recht aufmunternd finde:
    »Gesundheit ist das, was verhindert, dass man an jeder schweren Krankheit stirbt.« Georges Perros
    Gute Gesundheit, mein Freund!
    Ich komme am Mittwoch hier raus und warte darauf, dass du dich
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