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Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Titel: Das Leben ist ein listiger Kater. Roman
Autoren: Marie-Sabine Roger
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Auffassung von Verantwortungsbewusstsein! Ein fast Zwanzigjähriger, der eine Dreizehnjährige schwängert – unter ›zuverlässig‹ verstehe ich etwas anderes, Sie nicht?«
    Myriam lacht und nickt, während sie die letzte Kompresse entfernt.
    Sie meint, so gesehen hätte ich schon recht, klar.
    »Aber trotzdem, er ist verliebt! Anscheinend ist er sehr glücklich über das Baby. Wissen Sie, es gibt viele, die sich in so einem Fall verdünnisiert hätten. Ein Baby ist für einen Mann eine echte Bindung, das kann ich Ihnen sagen.«
     
    Das ist sicher wahr, auch wenn ich keine Ahnung davon habe.

» D ass Sie ihm Ihre Schlüssel gegeben haben, finde ich nicht sehr vernünftig.«
    »Junger Freund, ich bin nicht misstrauisch.«
    »Ich schon, berufsbedingt. Er wirkt sympathisch, das will ich nicht abstreiten. Aber die Gerichtssäle und Polizeireviere sind voll von kleinen Ganoven mit Engelsgesicht.«
    »Meinen Sie mit den kleinen Ganoven die Polizisten und Anwälte?«
    Maxime lacht.
    »Sie drücken wohl nie mal auf Pause! Nein, im Ernst: Sie wissen nichts über diesen jungen Mann, außer dass er am Seine-Ufer auf den Strich geht. Was in Sachen Moral nicht gerade für ihn spricht.«
    »Was riskiere ich schon, außer dass er mir einen riesigen Fernseher klauen könnte, der über fünfzehn Jahre alt ist? Ich bin mir sicher, der Junge ist anständig.«
    »Das sagen Sie, weil er Sie aus dem Wasser gezogen hat.«
    »Tja … Die Tatsache, dass er mir das Leben gerettet hat, spricht für ihn, das kann ich nicht leugnen!«
    »Gut, ich sage nichts mehr. Wir haben jedenfalls seine Kontaktdaten, und falls es irgendein Problem gibt, finden wir ihn schnell wieder. Ich hoffe nur, dass Sie keine böse Überraschung erleben werden.«
    »Ich sag Ihnen mal was: Wenn man immer alles tut, um böse Überraschungen zu vermeiden, verpasst man am Ende auch die guten.«
    Er lächelt.
    »Sie haben recht. Ich denke manchmal wie ein alter Idiot.«
    »Seien Sie nicht anmaßend: Der alte Idiot von uns beiden bin ich. Sie müssen sich damit begnügen, ein junger Idiot zu sein, und versuchen Sie ja nicht, die Etappen zu überspringen. Alles kommt zu seiner Zeit, glauben Sie mir.«

» A lso ich geh heute, deshalb wollte ich Ihnen auf Wiedersehen sagen.«
    Sie hat einen Jeansrock an, nicht breiter als ein Gürtel, ein breitmaschiges Sicherheitsnetz als Strumpfhose und einen sehr weiten Pulli, damit ihre Brüste hineinpassen.
    Sie kaut wie üblich und wippt im Rhythmus des
Bumm! Bumm!
aus ihren Kopfhörern hin und her, vielleicht aber auch aus Verlegenheit.
    »Kommt dein Liebster dich abholen?«
    »Ja, in einer Stunde, alles klar! Aber er ist nicht mein …«
    »… dein Liebster, ich weiß.«
    Sie zupft an einer Haarsträhne, reibt sich mit dem Handrücken unter der Nase und fragt: »Kann ich mal kurz auf Facebook?«
    »Bitte sehr.«
    Sie kann es nicht fassen. Sonst antworte ich ihr immer wie aus der Pistole geschossen mit Nein, was sie im Übrigen komplett ignoriert. Meine Erlaubnis macht sie sprachlos.
    »Abschiedsgeschenk!«, sage ich.
    Sie lächelt, nimmt den Computer und tänzelt mit ihm zu dem kleinen Tisch, lässt sich auf den Stuhl fallen. Ich sehe sie herumwerkeln.
    »Was machst du da?«
    »Ich lade Fotos hoch, für meine Freundinnen.«
    Porträts des Kindes der Liebe, nehme ich an.
    Ich bin milde gestimmt, da sie heute noch aus meinem Blickfeld verschwinden wird und ich im Übrigen mitten in einem Ken Follett stecke, der mich gleich von den ersten Seiten an gefesselt hat. Dank an Maxime, der ihn mir geliehen hat. Für mich, der ich das große Glück habe, ein sehr langsamer Leser zu sein, bedeuten tausend Seiten eines guten Buches mehrere Tage einsamen Vergnügens.
    Im Gegenzug habe ich Maxime versprochen, ihn gleich nach meiner Entlassung ins
Chapon déluré
einzuladen, mein Lieblingsrestaurant am Seine-Ufer, das ungestraft alle möglichen Spezialitäten wie Gänseconfit, Trüffel und Stopfleber anbietet, für die man Vater und Mutter verkaufen würde.
    Er hat geantwortet: »Aber nein, das ist doch nicht nötig, Sie brauchen mir nicht zu danken. An welchem Tag, sagten Sie?«
    Ich wette, dass wir den Tag bald festlegen können: Der Chirurg kommt mich nicht mehr nerven, und das ist wohl ein gutes Zeichen.
     
    Die Rotzgöre tippt mit beiden Zeigefingern ihre Memoiren auf Facebook. Das ist ihre Droge.
    Ich habe mir ein Konto eingerichtet, um zu sehen, was es damit auf sich hat. Man muss noch jung sein oder vor Einsamkeit oder Langeweile
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