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Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Titel: Das Leben ist ein listiger Kater. Roman
Autoren: Marie-Sabine Roger
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Menschheit gern einen Dienst erweisen und Sie zurück ins Wasser schmeißen.«
    Getroffen und versenkt.
    Ich klammere mich an das Dreieck, das über meinem Bett baumelt, und richte mich auf; der Schmerz schießt mir in den Oberschenkel und ins Kreuz, ich versuche, das Gesicht nicht allzu sehr zu verziehen.
    Ich frage: »Hättest du Interesse an einem Job?«
    »Nein.«
    Stille.
    Ich lasse den Köder treiben. Camille ziert sich etwas, dann beißt er doch an.
    »Na ja, kommt drauf an. Ich studiere, habe ich Ihnen ja gesagt. Was für eine Art Job?«
    »Weder besonders anstrengend noch besonders befriedigend, und eher schlecht bezahlt.«
    Er verdreht die Augen.
    Unbeirrt fahre ich fort: »Dafür mit flexiblen Arbeitszeiten und kostenloser Unterkunft.«
    Seine Neugier ist geweckt, das spüre ich.
    Also unterbreite ich ihm mein verlockendes Angebot.
    Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich werde bald hier herauskommen und mich einem Alltag stellen müssen, der durch meinen Zustand einigermaßen erschwert sein wird. Die Reha, der Weg zum nächsten Supermarkt, die Anstrengung, die es bedeutet, dort einkaufen zu gehen, die Zeit, die es dauern wird, bis ich meine Beine wieder normal gebrauchen kann, »in meinem Alter und in meinem Zustand«, wie mein Bruder es so freundlich ausgedrückt hat.
    »Ich schlage dir vor, für mich einkaufen zu gehen und zwei, drei Stunden pro Woche in der Wohnung aufzuräumen, ohne dass ich dir im Gegenzug viel geben könnte – ich beziehe keine Bankiersrente –, aber du bekommst gratis zwei Zimmer mit Bad und Toilette für dich allein und kannst natürlich die Küche mitbenutzen.«
    »Warum?«
    Er muss heute Morgen einen Köter verschluckt haben. Er redet nicht, er kläfft.
    »Habe ich dir doch gerade gesagt: Um für mich einzukaufen und um …«
    »Nein,
warum
machen Sie das?«
    Ich widerstehe dem Drang, ihm eine zu knallen – das wäre den Verhandlungen nicht zuträglich.
    »Weil ich in deiner Schuld stehe und weil es mir helfen würde.«
    Mit der ihm eigenen Mischung aus Rauheit und Anmut streicht er nervös die Strähne zurecht, die ihm in die Augen fällt. Er fixiert mich mit seinem himmelblauen Blick, ohne zu blinzeln.
    Er schweigt.
    Ich antworte auf seine unausgesprochene Frage: »Ich erwarte nichts anderes von dir, mach dir keine Illusionen, die Liebe, die du mir entgegenbringst, wird rein platonisch bleiben. In Sachen Sexualität bin ich sehr konservativ.«
    Er entspannt sich eine Spur.
    »Hör zu, das ist ein ernsthaftes Angebot. Ich komme in etwa drei Wochen heraus, ich lebe allein, es wird schwierig werden und macht mir ein bisschen Angst. Wenn du kein Interesse hast, wende ich mich an eine Vermittlungsstelle und nehme für ein paar Stunden in der Woche jemanden, das ist kein Problem, aber ich habe an dich gedacht, weil ich weiß, dass du bald auf der Straße stehst, das ist alles. Wenn du bei mir wohnen würdest, wäre nachts jemand da, und dir würde es aus der Patsche helfen. Und wenn ich morgens nicht in meine Hose komme oder meine Socken nicht ankriege, tja, dann wäre mir das bei einem Mann weniger peinlich. Ich habe mir gedacht, das Arrangement könnte uns beiden nützen.«
    Er wirft seine Haare zurück. Er zögert.
    »Wann müssen Sie Bescheid wissen?«
    »Bis in zwei Wochen. Ich muss jemanden finden, bevor ich entlassen werde.«
    »Ich denke darüber nach.«
    »Genau, denk darüber nach.«
    Ich öffne die Schublade meines Nachttischs, nehme meine Schlüssel heraus und halte sie ihm mit einem zusammengefalteten Blatt Papier hin.
    Er schaut mich verständnislos an.
    »Warum geben Sie mir das?«
    »Geh in der Wohnung vorbei und schau, ob sie dir zusagt. So sparen wir Zeit. Ich hab dir die Adresse und den Code aufgeschrieben. Dritter Stock links. Du wirst sehen, es gibt drei Zimmer. Wenn du mein Angebot annimmst, bekommst du das mit dem Ausgang ins Treppenhaus und das kleine daneben, das kannst du als Arbeitszimmer nutzen. Sie gehen beide auf den Hof hinaus. Die Tapeten waren scheußlich, ich hab sie abgerissen, aber nie neu gestrichen. Es ist der nackte Putz, aber du kannst ja Plakate drüberhängen. Mein Zimmer ist auf der anderen Seite, zum Boulevard hin, und hat ein eigenes Badezimmer. Hier!«
    Etwas verdattert nimmt er den Schlüsselbund.
    »Geben Sie Ihre Schlüssel immer einfach so jedem Dahergelaufenen?«
    »Wieso, bist du irgendein Dahergelaufener?«
     
    Getroffen und versenkt.

D ie Rotzgöre hat abgenommen, ganz eindeutig. Da hilft nichts besser als eine
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