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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman
Autoren: Sophie Benning
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wenn du weißt, was du willst. Dann veranstalten die wenigstens in der Zwischenzeit keinen Terror.« Luise schaute auf die Uhr. »Apropos Pläne. Ich sollte gleich mal bei meiner Kollegin aus der Garderobe anrufen und fragen, ob es ihr recht ist, dass du vorübergehend meinen Job übernimmst.«
    »Ist das die mit den Kreuzworträtseln?«
    »Gutes Stichwort«, grinste Luise. »Wenn Mechthild hört, dass du die Vertretung bist, wird sie dich mit offenen Armen empfangen.«
    Kurz darauf war alles geregelt: Ich würde in den nächsten Wochen nicht nur Wohnung und Kater hüten, sondern auch erste Erfahrungen als Garderobiere im Opernhaus machen und meine Stimmung besserte sich von Minute zu Minute.
    Als der Kellner uns Getränke und Essen gebracht hatte, hob Marie das Weinglas. »Auf Charlis Zukunft!«
    »Auf ein Wiedersehen der Liebenden!«, rief ich.
    »Wuff!«, bellte Mr Big.
    »Und auf dich, du Mops«, sagte Luise. »Dass es dir bald wieder gut geht!«
    Nachdem wir alles erfolgreich weggeputzt hatten, hingen wir träge am Tisch und rührten in unseren Espressotassen. »Wir könnten noch zu mir gehen«, schlug Luise vor. »Dann kannst du gleich gucken, was du von deinen eigenen Sachen noch mitbringen möchtest.«
    »Au ja«, rief Marie. »Und wir fragen im Eroscenter nach, ob sie eine Stelle für dich haben.«
    Ich streckte ihr die Zunge raus. »Süße, im Gegensatz zu Luise steht der sexuelle Notstand bei mir nicht vor der Tür!«
    Obwohl, wenn ich ganz ehrlich war, schaute er schon um die Ecke.
    Ich war schon oft bei Luise gewesen, aber mit der Aussicht, hier bald eine Weile zu wohnen, betrachtete ich die Umgebung mit ganz anderen Augen.
    Zum ersten Mal fielen mir die vielen Unterschiede zwischen den beiden Vierteln auf. Dort, wo ich wohnte, war alles ordentlich und weitgehend anonym. Hier war das anders. Seit wir vom Sternplatz in die Georgenstraße eingebogen waren, hatte man uns bereits vier Mal gegrüßt, und als wir den Hinterhof betraten, winkte eine junge Frau von einem der Balkons im Nachbarhaus. »Hat Christian sich mal wieder gemeldet?«
    »Ich hoffe, ich kann mich schon am Montag zu ihm auf den Weg machen«, rief Luise ausgelassen. »Sein Vertrag wurde verlängert und weitere drei Monate als Strohwitwe überlebe ich nicht!«
    Sie stellte ihre Handtasche auf einen der Müllcontainer, und während sie ihren Schlüssel suchte, drehte ich mich langsam um die eigene Achse und betrachtete den spärlich beleuchteten Innenhof. Es standen zwar ein paar hässliche Container herum, dennoch machte das Ganze einen heimeligen Eindruck. An den Backsteinwänden wuchs Klematis und wilder Wein und in einer Ecke hatte jemand eine Holzbank und ein paar Klappstühle hingestellt. Lauter Sachen, die meine jetzigen Nachbarn auf der Stelle entfernt hätten.
    Auch der Geräuschpegel war hier ein ganz anderer. Man hörte Satzfetzen von Fernsehfilmen, aus dem Bordell im Vorderhaus kam ein monotones Basswummern und in einer der oberen Wohnungen schrie ein Baby.
    »Hab ihn!« Luise ging mit klapperndem Schlüsselbund auf die wuchtige Haustür des Hinterhauses zu und sperrte auf.
    Dann drückte sie den Lichtschalter neben der Tür, aber es blieb dunkel. »Das passiert öfters«, warnte sie mich. »Am besten besorgst du dir so eine kleine Taschenlampe als Schlüsselanhänger. Dann bist du auf der sicheren Seite.«
    »Und warum hast du so was nicht?«, fragte die praktisch veranlagte Marie, während sie sich mit Mr. Big auf dem Arm an der Wand entlangtastete.
    »Hab ich ja, irgendwo in den Tiefen meiner Tasche«, brummte Luise. »Aber bis ich das Teil gefunden habe, wird es draußen schon wieder hell.«
    Und so stolperten wir im Dunkeln hinter unserer Freundin die Treppe hinauf. Kurz bevor wir den ersten Stock erreichten, blieb Luise plötzlich stehen, was zur Folge hatte, dass Marie und ich fast rückwärts die Stufen hinunterflogen.
    »Ah, Blumen!«, rief Luise, während sie etwas von ihrer Türschwelle aufhob. »Die Nachbarin aus dem 2. Stock betreibt mit einer Freundin ein Blumengeschäft und bindet mir regelmäßig einen Strauß aus den Resten.« Sie hielt mir das Bukett unter die Nase. Dem Geruch nach handelte es sich um Freesien und Rosen.
    »Ich sehe schon«, sagte Marie. »Es wird Charli hier so gut gehen, dass sie gar nicht mehr ausziehen will.«
    Oben begrüßte uns ein schlecht gelaunter Dr. Oetker. Nachdem sich Hund und Katze, die sich seit Langem kannten, beschnüffelt hatten, ging Luise mit Oetker zum Kühlschrank und
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