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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman
Autoren: Sophie Benning
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Mr Big auf ihren Schoß und sah feierlich in die Runde. »Das mit dem Strich ist natürlich nicht zwingend«, begann sie. »Aber im Falle eines Falles hättest du es nicht weit.«
    »Wäre es möglich, dass du auf den Punkt kommst, Marie?«
    »Ist doch ganz einfach«, sagte sie. »Luise hat schreckliche Sehnsucht nach Christian, aber keinen, der ihre Wohnung hütet und auf Dr. Oetker aufpasst. Und du bist bald obdachlos.«
    »Ja? Und?«
    »Wenn du solange in ihre Wohnung ziehst, hättest du ein Dach über dem Kopf, könntest den Kater hüten und Luise kann nach Schottland fahren. Den Garderobenjob übernimmst du auch. Und solltest du tatsächlich auch noch in die Prostitution einsteigen wollen, bewirbst du dich im Eroscenter im Vorderhaus. Bei den paar Metern würdest sogar du es schaffen, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen.«
    Meine Freundinnen – was wäre ich ohne sie?! Nachdem Luise und ich endlich kapiert hatten, worauf Marie hinauswollte, lagen wir uns johlend in den Armen.
    »Ich kann euch gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin!«, rief ich ausgelassen. »Die Aussicht, in einem öden Hotelzimmer hausen zu müssen, hat mir echt den Rest gegeben. Der Zirkus, den meine Mutter veranstalten wird, wenn sie von der Sache erfährt, wird schlimm genug sein.«
    »Mm-mmh ...« Luise grinste von Ohr zu Ohr und lag gedanklich bereits in Christians Armen.
    »Okay«, sagte Marie. »Jetzt, wo wir die dringendsten Probleme gelöst haben, sollten wir uns aber schnellstens den Bauch vollhauen, sonst erleide ich einen Schwächeanfall.« Sie verteilte die Speisekarten und ich blätterte mich gleich zu den Nudelgerichten vor. Nach dem Telefonat mit dem Makler heute Morgen war mir der Appetit gründlich vergangen, aber nun merkte ich erst, wie hungrig ich war.
    Nachdem wir unsere Bestellungen aufgegeben hatten, holte ich tief Luft. »Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie gut es mir gerade geht. Ich eiere ohnehin schon dauernd im Kreis umher, aber als ich von dem Brand erfuhr ...«
    »Und weshalb eierst du?«, fragte Marie. »Ist doch immer alles klar bei dir, oder?«
    »Bis gestern hätte ich dir vermutlich recht gegeben.« Ich starrte auf das Muster der Tischdecke und überlegte, wie ich anfangen sollte. »Aber ehrlich gesagt, frage ich mich, ob ich beruflich nicht auf dem Holzweg bin.«
    »Jesses, Charli, du bringst mein Weltbild durcheinander«, rief Luise. »Für mich bist du der Inbegriff eines Menschen, der genau weiß, was er will und völlig straight seinen Weg geht. Was hat dich denn ins Grübeln gebracht?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Fakt ist aber, dass ich das Gefühl habe, in eine Richtung zu marschieren, die mir eigentlich gar nicht entspricht. Und ich merke, dass ich überhaupt keine Lust habe, mein weiteres Leben mit Typen wie Krause zu verbringen, versteht ihr?«
    Im nächsten Augenblick redete ich mir meinen ganzen Kummer von der Seele.
    »Moment mal«, sagte Marie, als ich fertig war. »Darf ich dich darauf aufmerksam machen, dass du erst 25 bist? Und dass es kein Gesetz gibt, das dich dazu verdonnert, in dem Bereich zu arbeiten, in dem du studiert hast? Warum lässt du dir nicht erst mal ein bisschen Zeit und schaust, was dir wirklich Spaß macht?«
    Weil du dich nun mal entschieden hast, hörte ich die Stimme meiner Mutter. Und weil es vernünftig ist. Schließlich haben wir diesen großen Betrieb aufgebaut und den sollst du später ...
    »Shit, ich bin total unsicher«, sagte ich und versuchte, das Geplapper in meinem Kopf auszuschalten. »Meine Eltern erwarten von mir, dass ich nächstes Jahr in die Kanzlei einsteige und falls ich mich jetzt querstelle ...«
    »Charli, es ist dein Leben!« Luise sah mich ernst an. »Du musst glücklich werden. Deine Alten werden sich vielleicht eine Runde aufführen, aber sie werden es überleben, wenn du dich anders entscheidest. Du wirst es dir aber nie verzeihen, wenn du dich dein Leben lang, Tag für Tag, in einem Job abrackerst, den du im Grunde hasst wie die Pest. Davon wird man krank!«
    Marie nickte. »Wann soll es denn offiziell bei Krause losgehen?«
    »Am ersten Juli.«
    »Das sind noch fast sieben Wochen«, sagte Luise. »Und bis dahin solltest du mal eins tun: Dir überlegen, was dir Spaß machen könnte. Und wenn du eine Alternative findest, verfolgst du die Sache weiter und lässt Krause Krause sein. Einverstanden?«
    »Einverstanden?« Auch Marie sah mich ernst an.
    »Einverstanden.«
    »Und deinen Eltern erzählst du erst von deinen Plänen,
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