Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lächeln des Killers

Das Lächeln des Killers

Titel: Das Lächeln des Killers
Autoren: J. D. Robb
Vom Netzwerk:
verheddert hatte.
    Manchmal hatte er sie gefesselt. Als sie sich daran erinnerte, drang, während sie weiter mit dem Laken kämpfte, aus ihrer Kehle ein jämmerlicher Klagelaut wie von einem kleinen Tier.
    Endlich frei, rollte sie sich auf den Boden und kauerte sich flucht- oder vielleicht auch kampfbereit in die Dunkelheit neben dem Bett.
    »Licht! Gott, o Gott. Alle Lichter an.«
    Sofort wurde der riesengroße, wunderschöne Raum in gleißende Helligkeit getaucht, die selbst die kleinsten Schatten umgehend vertrieb. Trotzdem schaute sie sich, während die grauenhaften Überreste ihres Traums an ihren Eingeweiden zerrten, gehetzt nach den Geistern um.
    Sie kämpfte mit den Tränen. Sie waren völlig nutzlos und ein Zeichen elendiger Schwäche, dachte sie. Genau, wie es nutzlos und ein Zeichen elendiger Schwäche war, sich von irgendwelchen Träumen ängstigen zu lassen. Von irgendwelchen Geistern aus ihrer Kinderzeit.
    Trotzdem zitterte sie noch, als sie vom Boden aufstand und sich ermattet auf den Rand des großen Bettes sinken ließ.
    Eines leeren Bettes, weil Roarke in Irland weilte und weil ihr Versuch, allein in ihrem Schlafzimmer zu schlafen, ohne von Träumen heimgesucht zu werden, zur Gänze fehlgeschlagen war.
    War sie deshalb ein Waschlappen?, ging es ihr durch den Kopf. War sie deshalb dumm? Oder war dies einfach ein Zeichen dafür, dass sie glücklich verheiratet und ohne ihren Gatten schlicht und einfach einsam war?
    Als Galahad, der fette Kater, sie mit seinem dicken Kopf anstupste, zog sie ihn an ihre Brust. Lieutenant Eve Dallas, seit elf Jahren bei der New Yorker Polizei, saß auf der Kante ihres Bettes und suchte, wie ein Kind bei einem Teddybären, bei einem Kater Trost.
    Sie wiegte sich langsam hin und her und hoffte nur, sie müsste sich jetzt nicht noch übergeben, denn dann wäre das Elend dieser Nacht komplett.
    Sie spähte auf den Wecker. Ein Uhr fünfzehn. Wirklich klasse, dachte sie. Sie hatte es kaum eine Stunde ausgehalten, bis sie schreiend wach geworden war.
    Sie setzte Galahad aufs Bett, stand auf, stieg vorsichtig wie eine alte Frau von dem breiten Podest und schleppte sich erschöpft ins Bad.
    Während sich der Kater warm an ihre Beine schmiegte, klatschte sie sich ein paar Mal eiskaltes Wasser ins Gesicht, und als er leise schnurrte, hob sie ihren Kopf und betrachtete im Spiegel ihr Gesicht. Es war beinahe so farblos wie das Wasser, das von ihren Wangen in das Becken tropfte. Der Blick aus ihren dunklen Augen wirkte gepeinigt und erschöpft. Sie hatte kurze, braune Haare, ein allzu scharf geschnittenes Gesicht, in dem die Knochen viel zu dicht unter der Oberfläche lagen, eine viel zu gewöhnliche Nase und einen viel zu großen Mund.
    Was in aller Welt sah Roarke, wenn er sie anschaute?, ging es ihr durch den Kopf.
    Sie könnte bei ihm anrufen. In Irland war es schließlich schon nach sechs, und er war ein Frühaufsteher. Selbst wenn er noch schliefe, machte das nichts aus. Sie könnte bei ihm anrufen und sähe auf dem Bildschirm sein Gesicht.
    Und er sähe ihren Augen den durchlittenen Albtraum an. Wäre ihnen beiden damit irgendwie gedient?
    Ein Mann, der den Großteil des bekannten Universums sein Eigen nennen durfte, musste auch mal geschäftlich unterwegs sein können, ohne dass ihn seine Gattin dabei auf Schritt und Tritt verfolgte. Vor allem, da die Reise, die er zurzeit unternahm, nicht nur geschäftlich war. Er trug einen toten Freund zu Grabe und brauchte deshalb garantiert nicht den zusätzlichen Stress und die zusätzliche Sorge, die es ihm bescheren würde, wenn er sie in diesem Zustand sah.
    Sie hatten dieses Thema niemals diskutiert, doch sie wusste genau, dass er, seit er sie kannte, nur noch, wenn es sich wirklich nicht vermeiden ließ, über Nacht irgendwo blieb. Die Albträume, die sie verfolgten, waren nämlich, wenn er neben ihr im Bett lag, nur halb so schlimm.
    Einen Traum wie diesen, in dem ihr Vater mit ihr sprach, nachdem sie ihn getötet hatte, hatte sie noch nie gehabt. In dem er ihr Dinge an den Kopf geschleudert hatte, von denen sie beinahe sicher wusste, dass er sie ausgesprochen hatte, als er noch am Leben gewesen war.
    Dr. Mira, die Spitzenpsychologin und Profilerin der Polizei, mäße diesem Traum sicher alle möglichen Bedeutungen, alle mögliche Symbolik und weiß der Kuckuck was sonst noch alles bei.
    Doch das würde nichts bessern, überlegte Eve. Also behielte sie dieses Erlebnis – zumindest vorläufig – für sich. Sie würde duschen, sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher