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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Dienstboten: den Haushaltshilfen, den Stubenmädchen, dem Chauffeur Ravil, dem Wachmann Fjodor. Kitajew, der unter dem Hauspersonal Saljutows seine Vertrauensleute hatte, konnte einfach nicht zulassen, dass ausgesprochen persönliche und nicht immer erfreuliche Informationen über die Familie nach außen sickerten.
    Aber was sollte er machen, wenn diese achtzigjährige Hexe überall herumtelefonierte und allen erzählte, für alte Sünden müsse man büßen? Vor fünfzig Jahren hätten Saljutows Eltern ein Verbrechen begangen, als sie ihre von allen vergötterte Schwester in den Selbstmord getrieben hätten, und die hätte vor ihrem Tod ihr ganzes Geschlecht bis ins siebte Glied verflucht. Darum sei Saljutows Mutter auch so jung gestorben und der Vater als Krüppel aus dem Krieg heimgekehrt. Und deshalb habe Saljutows Frau nach der Geburt des zweiten Sohnes Philipp eine Art Wochenbettpsychose bekommen und fast achtzehn Jahre lang, bis zu ihrem Tod (ruhe sie in Frieden), die ganze Familie tyrannisiert. Und darum sei auch Igor, der älteste Sohn, ihr Augapfel und ihre einzige Freude im Alter, bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Auch ihn, den Unschuldigen, habe der Fluch getroffen.
    Auf dieses ganze senile Gefasel gab Kitajew eigentlich keinen Pfifferling. Aber dass dieses Geschwätz an allen Ecken von den Angestellten verbreitet wurde – das wurmte ihn zutiefst! Mit Saljutow konnte er darüber nicht sprechen. Es war in diesen Wochen überhaupt sehr schwierig geworden, mit dem Chef zu sprechen. Er hatte sich in sein Schneckenhaus zurückgezogen. Natürlich, der Schmerz des Vaters über den Tod des Sohnes war nur allzu verständlich, aber hier steckte noch etwas anderes dahinter als Schmerz und Trauer.
    Über das Verhör beim Untersuchungsrichter zum Beispiel hatte Saljutow kein Sterbenswörtchen gesagt. Dabei hätte er doch seinen Sicherheitschef erschöpfend informieren müssen. Schließlich war Kitajew für ihn kein Fremder, und ein Trottel war er auch nicht. Sie hätten alles gemeinsam besprechen und sich beraten können.
    Denn als dieser hochnäsige Bürokrat ermordet worden war, da wusste er, Gleb Kitajew, sofort Bescheid und erinnerte sich an die ihm zugetragene vertrauliche Information über den weitverzweigten Konflikt, in den viele einflussreiche Leute verwickelt waren, darunter auch der Tote und Tengis Milowadse, im »Roten Mohn« und in anderen Spielkasinos besser bekannt unter seinem Spitznamen Chwantschkara.
    Vor allem das eine interessierte Kitajew: War Saljutow beim heutigen Verhör nach Chwantschkara gefragt worden? Und wenn ja, was hatte der Chef geantwortet? Von dieser Antwort hing viel ab. So viel, dass man besser gar nicht darüber nachdachte. Aber Saljutow hatte nicht geruht, ihn, Gleb Kitajew, zu informieren. Er hatte ihn einfach ignoriert! Und diese Missachtung, diese geradezu kriminelle Gleichgültigkeit empörte Kitajew ganz besonders. Gleichzeitig peinigte ihn ein trübes Gefühl von Unruhe und Angst vor der Zukunft. Seiner inneren Stimme vertraute Kitajew immer. Und jetzt sagte ihm diese Stimme: Sie alle hatten zur Zeit eine Pechsträhne. Um wieder Boden unter den Füßen zu bekommen, musste man sich gut überlegen, was zu tun war.
    Vorläufig hatte Kitajew es nicht eilig, nach oben zu gehen, in die Privaträume des Chefs. Wichtiger war das Geschäft: Er musste kontrollieren, ob im »Roten Mohn« alles reibungslos lief. Kitajew arbeitete bereits seit acht Jahren für Saljutow. Aber erst seit drei Jahren bekleidete er den Posten als Chef des Sicherheitsdienstes im »Roten Mohn«. Davor hatte er eine einjährige Probezeit im »Kristall« absolviert, »under cover« sozusagen. Geendet hatte dieses Jahr mit einem Skandal – dort saßen auch keine Deppen, man bekam heraus, dass er mit einer ganz bestimmten Absicht eingeschleust worden war. Als er dann seine neue Stelle als Security-Chef bei Saljutow antrat, war er nicht nur gut geschult, sondern auch hervorragend über die Probleme der Konkurrenten informiert.
    Im Vestibül kam ihm sofort der Garderobier Michejew entgegen und berichtete, eine Überwachungskamera sei defekt. Er habe sich schon beim Portier Peskow beklagt und unten in der Wachstube angerufen. Dort hätte man ihm versprochen nachzusehen, aber nach wie vor funktionierte die Kamera nicht.
    Kitajew rief höchstpersönlich in der Wachstube an. Dort versicherte man ihm, es gebe keinen Grund zur Besorgnis: Der Hauptteil des Vestibüls, dort, wo sich die Geldwechselstelle, die Kasse
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