Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
Tasche sah schwer aus.
    Arkadi beobachtete den Angestellten. »Er macht keinen glücklichen Eindruck. Rudi war sonst immer hier, wenn er die Spielmarken gezählt hat. Wenn aber Kim nun Rudi getötet hat - wer wird unseren Mann hier jetzt beschützen?«
    Jaak las aus seinem Notizbuch vor. »Nach Angaben des Hotels >haben die zehn durch die TransKom Services von Recreativos Franco S.A. geleasten Automaten einen durchschnittlichen Umsatz von etwa tausend Dollar pro Tag erzielt.< Nicht schlecht. >Die Spielmarken werden täglich gezählt und täglich mit den in den Automaten angebrachten Zählern verglichen. Diese Zähler sind fest verschlossen, nur die Spanier können sie öffnen und neu einstellen.    »Zwanzig«, sagte Arkadi.
    Jaak rechnete nach. »Jeder enthält fünfhundert Spielmarken, und zwanzig machen zweieinhalbtausend Dollar. Das sind tausend Dollar für den Staat und fünfzehnhundert für Rudi. Ich weiß nicht, wie er es angestellt hat, aber nach dem, was in den Säcken da ist, hat er die Zähler überlistet.«
    Arkadi fragte sich, wer die TransKom war. Dahinter konnte nicht nur Rudi stecken. Derartige Import- und Leasinggeschäfte brauchten die Unterstützung der Partei oder irgendeiner offiziellen Institution, die sich bereiterklärte, als Partner zu fungieren.
    Jaak blickte Julja an. »Heirate mich wieder.«
    »Ich heirate einen Schweden, einen leitenden Angestellten. Freundinnen von mir wohnen bereits in Stockholm. Es ist nicht Paris, aber die Schweden schätzen Frauen, die mit Geld umgehen können und wissen, wie man Gäste unterhält.«
    »Und dann beklagen sich die Leute darüber, daß die Intelligenz das Land verläßt«, sagte Jaak zu Arkadi.
    »Einer hat mir einen Wagen geschenkt«, sagte Julja.
    »Einen Wagen?« Jaaks Stimme drückte Hochachtung aus.
    »Einen Volvo.«
    »Natürlich. Dein Hintern darf nur auf importiertem Leder sitzen.« Jaak sah sie bittend an. »Hilf mir. Nicht als Gegenleistung für einen Wagen oder einen Rubinring, sondern weil ich dich nicht nach Hause geschickt habe, als wir dich das erste Mal von der Straße geholt haben.« Zu Arkadi gewandt, erklärte er: »Als ich sie das erste Mal sah, trug sie Gummistiefel und schleppte eine Matratze mit sich herum. Sie mäkelt an Stockholm herum, dabei stammt sie irgendwo aus Sibirien, wo man Frostschutzmittel nimmt, um scheißen zu können.«
    »Das erinnert mich an etwas«, sagte Julja ungerührt. »Ich brauche für mein Ausreisevisum womöglich eine Erklärung von dir, daß du keine Ansprüche an mich hast.«
    »Wir sind geschieden und stehen in einem Verhältnis, in dem wir uns gegenseitig respektieren. Kannst du mir deinen Wagen leihen?«
    »Besuch mich in Schweden.« Julja fand eine Seite in ihrem Magazin, die sie zu opfern bereit war. In schnörkeliger Schrift schrieb sie drei Adressen auf, faltete die Seite in der Mitte und riß sie an der Faltstelle auseinander. »Das mache ich nicht, um euch einen Gefallen zu tun. Kim ist wirklich der Letzte in der Welt, den ich finden möchte. Seid ihr sicher, daß ich euch nicht zum Essen einladen kann?«
    Arkadi sagte: »Ich nehme noch ein Stück Zucker, bevor wir gehen.«
    »Paß auf«, sagte Julja zu Jaak. »Kim ist verrückt. Mir wäre es lieber, du würdest ihn nicht finden.«
    Beim Hinausgehen betrachtete Arkadi sich noch einmal im Spiegel der Bar. Grimmiger, als er gedacht hatte, nicht gerade ein Gesicht, das morgens in Erwartung eines sonnigen Tages aufwacht. Wie hieß es in dem alten Gedicht von Majakowski?
    »Achte mich, Welt, und beneide mich: Ich habe einen Paß der Sowjetunion.« Mittlerweile wollten alle einen Paß, um das Land verlassen zu können, und die Regierung, von allen ignoriert, wehrte sich dagegen wie ein Bordellbesitzer, der seit zwanzig Jahren keinen Kunden mehr gehabt hatte.
     
    Wie ließ sich eine Erklärung finden für diesen Laden, dieses Land, dieses Leben? Eine Gabel mit drei statt vier Zinken, zwei Kopeken. Ein gebrauchter Angelhaken (aber Fische sind da nicht sehr wählerisch), zwanzig Kopeken. Ein Kamm, so klein wie ein schütterer Schnurrbart, von vier auf zwei Kopeken herabgesetzt.
    Sicher, es war ein Diskontladen - aber wäre das alles in einer anderen, einer zivilisierteren Welt nicht nur noch Abfall? Würde man es dort nicht einfach wegwerfen?
    Einige Gegenstände hatten keine erkennbare Funktion. Ein hölzerner Tretroller mit groben Holzrädern ohne Lenker. Ein Plastikschild mit der aufgeprägten Nummer »97«.Wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher