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Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon
Autoren: Günter Wierichs
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ankaufen. Vornehm ausgedrückt: Sie könnte ein Portfolio mit assets zusammenstellen. Sie könnte sogar noch einen Schritt weiter gehen. Wenn es ihr gelänge, diese Schreiben als in der Finanzwelt anerkannte, handelbare Schuldscheine, also Wertpapiere, auf den Finanzmärkten einzuführen, hätte sie das Prinzip der → Verbriefung von Krediten durchgesetzt.
    Das Beispiel mit Tamara Kröll wirkt ziemlich konstruiert, es spiegelt aber die Struktur einer ABCP in vereinfachter Form wider. ABCP sind nichts anderes als ein Vehikel zur Transformation unterschiedlicher Laufzeiten von Krediten. Sie werden als kurzfristige Wertpapiere emittiert und dienen der Finanzierung langfristiger Forderungen oder sonstiger Vermögensanlagen. Aus kurz wird lang gemacht: Tamara Kröll sammelt kurzfristiges Geld bei Investoren ein, um damit langfristige Kredite an Peter Kreuer und andere Kunden zu finanzieren.
    Aus diesem Grund müssen ABCP auch als sogenannte Daueremissionen angelegt sein, denn das Kurze muss immer wieder neu vereinbart werden, damit es mit dem Langen Schritt halten kann. Damit hat derjenige, der mit der Emission von ABCP hantiert, zwei große Risiken zu schultern. Erstens das Risiko einer nicht (oder nur zu schlechten Konditionen) gelingenden Refinanzierung und zweitens das Bonitätsrisiko, das mit der hinter dem Papier stehenden Sicherheit zusammenhängt. In unserem Beispiel: Wenn Peter Kreuer beziehungsweise den anderen Kreditnehmern von Tamara Kröll die Luft ausgeht, stehen die ABCP-Investoren ziemlich bedröppelt da.

ABS (asset backed securities)
    Josef Schorghuber hat 10 000 Euro in einen Pfandbrief investiert und erhält einen Depotauszug:
    Pfandbrief der Nordrhein-Westfalen-Hypothekenbank, 10 000 Euro, 3,5 Prozent, Zinstermin 1.10., fällig Oktober 2016.
    O.K. – Herr Schorghuber weiß jetzt, dass es am 1.10. eines jeden Jahres 350 Euro Zinsen gibt und dass im Oktober 2016 insgesamt 10 350 Euro (Zinsen für das letzte Laufzeitjahr plus Rückzahlung seines Anlagebetrages) an ihn überwiesen werden – vorausgesetzt, die Nordrhein-Westfalen-Hypothekenbank ist bis dahin nicht pleite. Das wäre dann so wie bei der Lehman-Bank, denn Pfandbriefe sind, ebenso wie → Zertifikate , Schuldverschreibungen, also Forderungspapiere, bei denen der Emittent, in unserem Beispiel die Nordrhein-Westfalen-Hypothekenbank, für die Rückzahlung haftet. (Da es in der Realität keine Nordrhein-Westfalen-Hypothekenbank gibt, ist eine Insolvenz an dieser Stelle jedoch ausgeschlossen.)
    Nun stehen Pfandbriefe, was die Sicherheit anbelangt, noch eine Stufe höher als normale Schuldverschreibungen – zumindest deutsche Pfandbriefe. Die Hausbank von Herrn Schorghuber könnte ihm theoretisch statt des recht langweiligen Depotauszuges folgendes Schreiben zusenden:
    Sehr geehrter Herr Schorghuber,
    wir bedanken uns für Ihren Auftrag zum Kauf von Pfandbriefen der Nordrhein-Westfalen-Hypothekenbank. Mit Ihrem Geld und dem Geld vieler weiterer Kunden, die so klug waren, dieses Investment zu tätigen, haben Sie u.a. zur Finanzierung der Neubausiedlung »Am Landacker« beigetragen. Herr Müller (Haus 23a) zum Beispiel benötigte 100 000 Euro, die Familie Meier (Haus 23b) 150 000 Euro. Mit Ihrer Hilfe konnte beiden und den vielen anderen Bauherren ein Darlehen zum Kauf ihres Traumhauses gewährt werden. Als Dank erhalten Sie für Ihren 10.000-Euro-Beitrag zu diesem Projekt jedes Jahr 350 Euro Zinsen.
    Ihre Anlage ist sicher! Der Rückzahlung Ihrer 10 000 Euro können Sie mit großer Gelassenheit entgegensehen. Glauben Sie uns: Herr Müller und die Familie Meier schaffen das schon! Auch für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Nordrhein-Westfalen-Hypothekenbank insolvent wird und Herr Müller sowie die Meiers ihre Darlehen nicht mehr zurückzahlen können, hat unser Pfandbrief-Treuhänder Zugriff auf deren Häuser. Und die sind viel mehr wert als 100.000 Euro bzw. 150.000 Euro.
    Mit freundlichen Grüßen
    Das ist doch viel aussagekräftiger als ein Depotauszug, oder? Damit haben wir das Prinzip einer ABS erklärt. Es werden langfristige Gelder gesammelt, um damit Kredite für bestimmte langfristige Vorhaben zu refinanzieren. Im Gegensatz zu → ABCP wird hier nicht aus kurz lang, sondern aus lang lang gemacht. Die zu finanzierenden Vorhaben sind letztlich der Garant für die Rückzahlung der ABS. Man spricht bei ABS auch von »gedeckten« Schuldverschreibungen.
    Womit wir beim Knackpunkt sind. Die Sache steht und fällt wieder einmal mit dem
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