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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker
Autoren: Paul Friedl
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bedrückter Stimmung in den Ort zurückgekehrten Barbara. Er hatte die Unsicherheit, die ihn beim unerwarteten Erscheinen der Schwaigertochter von Hintereben überfallen hatte, inzwischen überwunden und trat ihr nun wieder völlig unbefangen gegenüber. Sie folgte zögernd seiner Einladung zu einem Abendessen im Brauereigasthof. Befremdet hörte sie dort, wie Braun sie der neugierigen Bedienung als eine nahe Verwandte vorstellte. Das verstimmte sie wieder, und so sprach sie wenig. Nachdem er für sie auch ein Nachtquartier bestellt hatte mit dem Hinweis, daß sie länger hierbleibe, wenn es ihr gefalle, schlug er ihr einen Spaziergang vor.
    Stumm nickend war sie damit einverstanden.
    Als sie durch das Pfarrdorf gingen und Dorfleute, von der Feldarbeit heimkehrend, ihnen begegneten, kam die Barbara schier das Heimweh an. Wie würde es daheim nun sein? Ob die Hauserin mit der Arbeit zurechtkam? Ob auch die Gänse und Hühner so versorgt wurden, wie sie es bisher getan hatte?
    »Ich glaube, ich hätt doch net kommen sollen«, sagte sie aus ihren Gedanken heraus. Oberflächlich erkundigte er sich, wie es im Dorfe und in Hintereben zuginge, und fragte nach einzelnen Leuten.
    Außerhalb der Ortschaft folgten sie einem Feldweg. Schweigend schritten sie nebeneinander her, und jedes schien zu warten, bis das andere von dem zu reden anfing, was sie beide beschäftigte. Braun räusperte sich und begann:
    »So, Barbara, jetzt können wir endlich ernsthaft reden. Du wirst das nicht so verstehen, aber im Ort muß ich, was Mädel angeht, etwas vorsichtig sein, weil sich hier die Leute allzusehr für einen interessieren.«
    Mit gesenktem Kopf schritt sie aus. Etwas enttäuschte sie bitter, und sie konnte doch nicht herausfinden, warum alles so ganz anders war, als sie es sich vorgestellt hatte. »Warum bist du nun eigentlich gekommen?« Er verbesserte sich, als sie ihn tiefgründig anblickte: »Ich meine, wie kann ich dir helfen und was hast du für Sorgen?«
    »Ich weiß es nimmer«, sagte sie müde, »ich bin halt hergekommen, weil ich es daheim nicht mehr ausgehalten habe. Und ich habe geglaubt – ich brauchte nicht mehr heimzufahren. Jetzt seh ich aber ein, daß du mich hier gar net brauchen kannst und – net hier haben willst.«
    Er bekam einen roten Kopf und mühte sich sichtlich, die richtige Antwort zu finden.
    »So ist das nicht, Barbara, ich helfe dir, soweit ich dir helfen kann. Aber sag mir erst einmal: was ist vorgefallen, und was hat dich veranlaßt, von daheim auszureißen – äh, ich meine, wegzugehen?«
    Fast verspürte sie keine Lust mehr, ihm das alles zu sagen, was sie sich vorgenommen hatte. Sie begriff sich selber nicht mehr und fand den Grund nicht mehr, der sie nach Kirchberg hatte fahren lassen. Das war doch ein anderer Mensch, ein Fremder, ein Mann aus einer anderen als der kleinen Welt des Walddorfes. Dem Rankl Franz oder einem anderen vom Dorfe daheim hätte sie alles besser und leichter sagen können als diesem Mann, der da neben ihr ging.
    Sie fing stockend zu erzählen an, von dem Verlöbnis, das gegen ihren Willen an Pfingsten hätte sein sollen, und daß sie einfach nicht wollte und deswegen auch gegangen sei.
    Da blieb er stehen und sah ihr forschend in das Gesicht:
    »Gib mir eine klare Antwort, damit ich mich auskenne. Bist du wegen dem Ranklhofer von daheim fort, und bist du meinetwegen nach Kirchberg gekommen? Ja oder nein!«
    Sie antwortete nicht gleich.
    »Warum antwortest du nicht?« Zögernd erwiderte sie: »Es ist da auch noch etwas anderes, was mich von Hintereben vertrieben hat. Das hat mit dem Franz nix zu tun, das liegt bei uns daheim – der Vater – «
    Sie fing wieder zu gehen an. Am Rande eines kleinen Wäldchens wandte sie sich um. Gegen den roten Abendhimmel stand auf dem Berg das Kirchlein. Dahinter verblauten die Berge, hinter denen irgendwo weit weg das Tal von Hintereben liegen mußte.
    Ungeduldig fing er wieder zu reden an: »Schau, Barbara, du mußt mir alles sagen. Ich muß es ja schließlich wissen, damit wir einen Weg finden, wie das alles wieder ins reine gebracht werden kann.«
    »Da ist net viel ins reine zu bringen. Ich hab mir das anders vorgestellt, als ich an dich denkt hab. Einmal hast du mir versprochen, daß ich nur zu kommen brauchte – und jetzt – bin ich halt da.«
    Ein flüchtiges Lächeln, fast spöttisch, huschte um seinen Mund. »Und was soll ich tun?«
    In das Gesicht der Barbara waren wieder die Selbstbeherrschung und der Trotz zurückgekehrt.
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