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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker
Autoren: Paul Friedl
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Buch das Weihegebet las. Dann wandte er sich zu einer Ansprache an die Umstehenden.
    „Liebe Gemeinde, wir weihen heute ein Kreuz, das das Hauskreuz oder besser gesagt, das Familienkreuz eines alten Bauerngeschlechtes ist. Generationen haben schon vor diesem Stein gebetet, und unserer Zeit war es vorbehalten, den zu finden, der sich an diesem Zeichen des Gekreuzigten verging und es zerschlug. Wenn ihn die Strafe Gottes noch nicht gefunden haben sollte, so wird sie ihn noch finden. Es ist vieles daran an so einem Familiendenkmal, denn oft werden die Schwaiger hier herauf ihre Sorgen und wohl auch ihre Dankgebete getragen haben. Solche Standbilder unseres Herrgotts verdienen unseren Schutz und unsere Achtung, dann werden sie für uns immer ein Segen sein. Es ist ein wunderschöner Brauch unserer Vorfahren gewesen, solche Kreuze an Wegen und Feldern aufzustellen, denn damit war das Bild Gottes immer unter ihnen. Wer möchte sie missen, diese Kreuze in unserer Landschaft! Sie gehören zu Berg und Baum, und jedes hat seine Geschichte. So hat auch dieses Heilandsbild, hat auch dieser Stein im Acker eine Geschichte, die wir wohl nicht kennen, die aber engstens mit der Geschichte einer Bauernfamilie und unseres Heimatdorfes verbunden ist. Mögen die Arme des Gekreuzigten immer segnend sich breiten über unsere Heimat und ihre Menschen.“
    Er hielt inne und sah eine Weile stumm auf den vor ihm unterm Feldrain stehenden Schwaiger nieder, der, seinen grauen Kopf geneigt, die Hände verkrampft, zu wanken schien. Die große Gestalt des Bauern war krumm geworden, die Schultern hingen nach vorne. Er war totenblaß. So stand er etwas vor den anderen Dorfleuten, und als der Pfarrer schwieg, sahen auch alle herüber zum Bürgermeister. Da faßte sich der Geistliche und fuhr fort:
    »Darum lasset uns beten.«
    Das Rosenkranzgebet beendete diese Feier, und das Murmeln der Beter brandete auf zwischen dem ringsum ragenden Wald. Dann zog die Schar zurück ins Dorf.
    »Die Barbara ist net dabeigewesen?« flüsterten sich die Frauen zu, und die Männer tauschten ihre Meinung: »Wird schon alt, der Schwaiger, und krank ist er auch. Ist dort gestanden zum Umfallen.«
    »Mir ist net gut, Pfarrer, ich geh gleich heim«, verabschiedete sich der Schwaiger indessen und ging, gefolgt von der Hauserin, seinem Hof zu. Auch die Ranklhoferin und der Franz blieben gleich in Hintereben zurück.
    »Bist krank, Bauer?« fragte die Hauserin.
    »Mich hat es auf dem Herzen, Hauserin, und das drückt und tut weh, daß es oft net zum Aushalten ist.«
    »Leg dich hin, dann wird es schon wieder besser.«
    »Leidet mich nimmer daheim. Ich mein, ich sollt doch zum Wirt auf ein Weilchen gehen.« Schwer atmend setzte er sich auf die Hausbank.
    »Das Bier tut dir aber erst recht net gut. Leg dich hin, ich hol den Doktor«, mahnte die Hauserin energisch, doch er schüttelte nur den Kopf. »Brauchst dich um mich net zu kümmern, ich weiß schon, was mir guttut.«
    Über die Wiesen herüber schlenderte der junge Ranklhofer. Als der Schwaiger ihn kommen sah, sagte er zur Hauserin:
    »Geh jetzt, da kommt einer, der auch net gut aufgelegt ist.«
    Langsam und die Hände im Hosensack näherte sich der Rankl.
    »Wie geht es, Nachbar?«
    »Was sollt mir denn fehlen?« wehrte der Schwaiger ab und rückte auf der Bank ein wenig zur Seite, damit den anderen zum Niedersitzen auffordernd. »Man wird halt alt, und die Hitze heut hat mir ein bissei zugesetzt.«
    »Und die Red vom Pfarrer?«
    Ein scharfer Seitenblick des Bauern streifte den Rankl.
    »Warum die Red? Er hat schön geredet.« Sich vorbeugend, wandte sich nun der Schwaiger seinem jungen Nachbarn zu und sah ihm ins Gesicht: »Ich mein, du bist wegen etwas anderm herübergekommen, und ich möcht schon, daß wir das ausreden.«
    Der Rankl rückte überlegend den Hut ins Gesicht, lehnte sich zurück und streckte die Beine von sich. Dann vergrub er die Hände wieder in den Hosentaschen.
    »Fragen muß ich schon etwas. Ich hab geglaubt, wenn der Nachbar das sagt, dann stimmt es, das mit dem Verspruch auf Pfingsten, mein ich, und da hab ich gewartet, bis mir Bescheid gesagt wird. Selber wollt ich net kommen.« Unsicher brachte er seine Worte vor. Wenn der Bauer etwas wissen sollte von der Aussprache, die es zwischen ihm und der Barbara in der vergangenen Freitagnacht gegeben hatte, dann würde er das jetzt schon sagen. Der Schwaiger aber wartete zu, was der junge Rankl noch weiter zu sagen hätte, und überlegte die Antwort.
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