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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal
Autoren: Katrin Burseg
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Kaisers.
    Dänemark ist ein herrliches Land. Der Wind und das Meer formten dieses Geschenk Gottes aus mehr als vierhundert Inseln und Inselchen. Keine Stadt liegt mehr als zwei Reisetage von der Küste entfernt, die meisten jedoch erheben sich ohnehin an Förden und Buchten. Vor dem großen Krieg beherrschte Dänemark den Sund, es erhob von jedem passierenden Schiff Zoll. Und es mussten viele Schiffe die Meerenge zwischen Ostsee und Kattegat durchlaufen – die der Hanse, der Schweden, der Polen und anderer Nationen.
    Seine Majestät, der König von Dänemark und Norwegen, hatte den Thron als Kind, nach dem Tod seines Vaters, bestiegen. Es war anno 1588, in Paris vertrieben die Bürger ihren König Heinrich III., die englische Flotte besiegte die spanische Armada, und in Venedig starb der Malerfürst Paolo Veronese.
    Man erzählt sich, der junge Monarch sei begabt, mutig und entschlossen gewesen. Ein eigensinniger Kämpfer mit dem Herzen eines Löwen. Er förderte die Interessen seiner Dänen innerhalb und außerhalb der Grenzen des Reiches. Er bekämpfte die übertriebenen Forderungen des starken Adels und versuchte immer wieder, die Leibeigenschaft des Bauernstandes aufzuheben. Um die Macht des Hochadels zu beschränken, stärkte er Handwerker und Kaufleute. Der König ließ Schiffe bauen und legte den Grund für die dänische Handels- und Kriegsflotte. Er rüstete mehrere Expeditionen nach Grönland aus, bereiste selbst die Meere, förderte den Überseehandel und schuf einen dänischen Stützpunkt in Ostindien.
    König Christian war bei seinen Untertanen sehr beliebt. Seine Lebensfreude und sein wacher Geist nahmen das Volk für den großen, blonden Mann mit den lachenden Augen, in denen sich das Blau der Ostsee spiegelte, ein. Er sprach mehrere Sprachen fließend und korrespondierte mit seinem Cousin, König Jacob I. von England, sogar auf Latein. In Kopenhagen förderte er Kunst und Wissenschaften. An vielen Bauten prangt sein königliches Signum: ein großes C mit einer kleinen 4. Und seine Schlösser spiegeln mit ihrer üppigen Pracht, den Goldornamenten und pausbäckigen Gipsputten noch heute seine lebenstrunkene Persönlichkeit wider.
    Damals jedoch erfüllten noch Freude und Wohlstand das Leben. König Christians ausgedehnte Zechgelage, seine Feste, geprägt von Musik, Tanz, Feuerwerk, dem Rascheln leuchtender Seidenstoffe und dem Funkeln kostbarer Edelsteine, sein feiner Sinn für Kunst und Malerei hatten die kalten Paläste seiner Vorfahren in sinnliche Hallen verwandelt. Prächtige Gemälde der holländischen Meister bedeckten den weißen Putz. Lebensfrohe Szenen und Porträts stolzer Menschen schlugen die blutleeren Gespenster seiner Ahnen in die Flucht, die sich früher gern in den langen, dunklen Gängen der Schlösser verirrt hatten. Im Süden wunderte man sich, dass ein Mann wie König Christian in einem so kalten Klima geboren worden war. Seinem Temperament und Charakter nach schien er viel eher einer Gegend südlich der Alpen zu entstammen.
    Der König war halber Deutscher, und er beherrschte die Sprache vorzüglich. Seine Großmutter, die Herzogin Elisabeth von Mecklenburg, hatte ihn im deutschen Güstrow erzogen. Als Kind, so erzählte man am Hof, hatte er oft auf ihrem Schoß gesessen und ihren Erzählungen über das auf Wassern errichtete Dänemark gelauscht. Dabei spielte er voller Vergnügen mit ihren langen Zöpfen. Als König trug er selbst eine einzelne, lange Strähne – seine heilige Locke. Nach dieser griff er immer, wenn er aufgeregt oder unsicher war. Das Haar zu berühren beruhigte ihn und half, seine Gedanken zu ordnen.
    König Christian war unbezwingbar gewesen, bis der große Krieg seine Welt veränderte. Voller Anteilnahme und Sorge hatte er das Schicksal des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz vom böhmischen König zum Geächteten verfolgt, wie dieser gejagt und von seinen protestantischen Bundesgenossen im Stich gelassen wurde. Nach Friedrichs Niederlage gegen die kaiserlichen Truppen und seiner Flucht nach Holstein hatte er die Regierung des niedersächsischen Kreises bestürmt, dessen Sache zu verteidigen. Als dies fehlschlug, hatte er dem verzweifelten Winterkönig angeboten, zwischen ihm und dem Kaiser in Wien zu vermitteln.
    Es war nicht nur seine Nächstenliebe, sondern auch sein Verstand und Weitblick, die König Christian zu diesem Schritt bewogen. Außerdem fühlte er sich vom Liga-Bund und der Politik des Kaisers bedroht. Er war einer der Ersten, die erkannten,
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