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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal
Autoren: Katrin Burseg
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dass die Zerschlagung des protestantischen Aufstandes in Böhmen die Macht der Habsburger an den Quellen der Elbe gestärkt hatte.
    „Das wird sie ermutigen, ihre Herrschaft nach Westen und Norden bis an die Strände der Ostsee auszudehnen“, hatte er frühzeitig prophezeit. „Doch das darf nicht gelingen.“
    Zudem wollte er selbst die Gelegenheit nutzen, um seine Stellung in Deutschland wie an der Ostsee gegen Schweden und Polen zu stärken. In seinem Land war ihm vieles gelungen, jetzt war es an der Zeit für die große Politik. Er wollte mehr Macht und Einfluss – auch südlich der Elbe. Sein zweiter Sohn Friedrich würde dann die frei werdenden Bischofssitze von Verden, Bremen und Osnabrück erhalten und er selbst, das Oberhaupt der protestantischen dänischen Reichskirche, sich als Retter des evangelischen Glaubens feiern lassen können. Ein Gedanke, der ihm gefiel.
    Dank der Sundzölle waren seine Schatzkammern reich gefüllt. Der Schatzmeister hatte ihm vorgerechnet, dass sich Millionen Reichstaler in seinem Besitz befanden. Ein Meer aus funkelnden Münzen schwamm in seinen Kellern. Dazu die Vorräte an Goldund Silberbarren, die er ab und an zu seinem Vergnügen zählte und beinahe zärtlich in den Händen wog.
    Seine finanziellen Mittel reichten aus, um einen großen Krieg zu beginnen. Das deutsche Abenteuer verführte ihn.

DER KÖNIG
Bramstedt in Holstein, Sommer anno 1625
    Was ist ein Frauenleben? Während Wiebke ein Wäschestück nach dem anderen in das kühle Wasser der Au tauchte, wirbelte diese Frage in ihrem Kopf umher.
    Was ist ein Frauenleben? Was ist ein Frauenleben? Jedes Leinentuch, das sie triefnass aus dem Strom an Land zog und dort auf dem Waschbrett mit Bürste und Seife bearbeitete, ließ diese Frage erneut emporsteigen. Erinnerungen an glückliche und schwere Zeiten beschäftigten sie – und Gedanken an die Zukunft. Schließlich überrollten die Worte sie wie Wellen. Erschöpft legte sie die Wäsche zur Seite und richtete sich auf.
    Für die Holsteiner waren es ungewisse Jahre gewesen – Zeiten, in denen sich Hoffen und Bangen abgewechselt hatten. Würde der Krieg an ihnen vorüberziehen? Erst im April hatte sich König Christian zum Kreisobristen des Niedersächsischen Reichskreises wählen lassen. Er ließ sich ein Heer von zehntausend Fußsoldaten und dreitausend Reitern bewilligen.
    Der Tanz mit den Katholiken war eröffnet, obwohl es zu keiner Kriegserklärung zwischen dem dänischen König und dem Kaiser gekommen war. Unter dem Vorwand, den Kreis sichern zu müssen, drangen die königlichen Truppen, darunter auch junge Burschen aus der Bramstedter Gegend, in Tillys Operationsgebiet im Westfälischen Kreis vor. Vom Rhein aus stießen die verbünde- ten Söldnerführer Ernst zu Mansfeld und Christian von Braunschweig dazu.
    Beide Männer waren erbitterte Gegner der Katholiken. Graf zu Mansfeld, ein unehelicher Sohn des kaiserlichen Statthalters von Luxemburg, kämpfte schon seit dem Prager Aufstand mit seinem Söldnerheer für die böhmischen Stände. Nun hatte er sich ganz in den Dienst der protestantischen Sache gestellt. Auch der junge Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel lebte für den Kampf. Der „tolle Halberstädter“, wie die Bevölkerung den wagemutigen Hasardeur und Draufgänger nannte, kämpfte um des Kampfes willen.
    In der Stadt sprach man jetzt von nichts anderem mehr. Der Apotheker hatte erfahren, dass Kaiser Ferdinand dabei war, eine eigene Armee aufzustellen. In diesem kalten, trostlosen Sommer, in dem es fast nur regnete und das Korn auf den Feldern verfaulte, trafen sich die Männer von Stand wie Postmeister, Kirchspielvogt, Fleckensarzt und Pastor täglich in der Apotheke am Marktplatz. Zwischen den hohen Regalen mit Kräutern und Tinkturen besprachen sie die bedrohlichen Nachrichten, die mit den durchziehenden Händlern und über Flugblätter zu ihnen drangen.
    „Albrecht von Wallenstein hat sein Heer auf vierzigtausend Söldner verstärkt“, wusste der Postmeister zu berichten. Aufgeregt knetete er seine Hände. „Seine böhmische Herrschaft Friedland liefert ihm Waffen, Munition und Proviant.“
    Erst vor zwei Jahren hatte der dankbare Kaiser seinem Feldherrn den Titel „Fürst von Friedland und Reichenberg“ mit den entsprechenden Ländereien in Ostböhmen verliehen. Inzwischen, so hieß es, hatte der Stratege Friedland zu seiner Machtzentrale umgebaut. Aus dem verschlafenen Herzogtum war eine Waffenschmiede für seine Soldaten geworden.
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