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Das Königsmädchen

Das Königsmädchen

Titel: Das Königsmädchen
Autoren: Martina Fussel
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schlafen gehen. Wir sind beide völlig erschöpft.«
    Ich nickte, doch am liebsten wäre ich bei ihm geblieben.
    Wir umarmten uns innig. Ich spürte seine Lippen auf meiner Schläfe. Wir wollten uns nicht mehr loslassen, doch wir brauchten den Schlaf.
    Im Zimmer lag Hanna und schlief tief und fest. Ich hätte sie zu gerne umarmt, doch ich wollte sie nicht wecken, da sie so friedlich aussah.
    Nichts hatte sich in unserer Kammer verändert, aber irgendwie war doch alles anders, als noch vor ein paar Tagen. Ich legte die letzten Fetzen des Kleides ab, mit dem sich Hanna so viel Mühe gemacht hatte, und hängte die einzelnen Teile über einen Stuhl, als könnte man daran noch etwas retten. Dann zog ich mein Nachtgewand an und legte mich hin.
    Ich konnte keine klaren Gedanken fassen, alles war wirr in meinem Kopf. Ich wälzte mich hin und her, doch trotz der Müdigkeit wollte sich der Schlaf nicht einstellen. Mir erschienen noch immer die Bilder von Akash, meiner Mutter und Terra vor Augen und ließen mich kein Auge zutun.
    Nach einer ganzen Weile entschied ich mich dazu, noch im Park spazieren zu gehen. Ich legte mir eine Decke um und schlich mich leise aus dem Zimmer, dann ging ich den langen Korridor entlang, vorbei am Kampfplatz und wieder in einen schmalen Gang.
    Fackeln leuchteten den Weg spärlich aus und der Garten erstrahlte im Glanz des Mondes. Ich ging langsam umher, bis ich in der Mitte angekommen war und mich am Teich niederließ.
    Ich blickte auf das stille Wasser, genoss die Ruhe und ließ meinen Tränen freien Lauf. Ich hatte meine Mutter verloren und obwohl sie in Terra irgendwie weiterlebte, war sie nicht mehr da. Meine Mutter war gestorben, doch sie war bei meinem Vater und ich konnte weiterhin mit ihr in Kontakt treten, wenn ich wollte.
    Trotzdem überkam mich eine tiefe Trauer über ihren Verlust. Was war mit Terra? War sie gut oder schlecht? Ich hatte in ihrer Nähe ein merkwürdiges Gefühl gehabt. Sie würde unser Volk zwar beschützen, aber wäre das wirklich zu unserem Wohl?
    Und welche Rolle spielte Atira in diesem ganzen Spiel? Ich hätte so gerne mit meinen Eltern gesprochen, doch sie waren nun beide nicht mehr da und ich blieb allein zurück.
    Ich beobachtete eine einzelne Seerose, die von den anderen getrennt war. So fühlte ich mich. Allein.
    Ein kühler Wind streifte meinen Nacken und ich zog die Decke höher. Nachdem alle Tränen geweint waren und ich keine Kraft mehr zum Sitzen hatte, wusste ich, was ich tun musste, um das Gefühl der Einsamkeit zu vergessen. Und so ging ich wieder zurück in den Tempel.
    Ich bog vor dem Kampfplatz in einen schmalen Gang und stand nach zwei Türen vor Briars Kammer. Zögernd legte ich meine Hand auf die Klinke und drückte sie leicht, sofort ging sie auf. Da die Krieger so viel Zeit im Tempel verbrachten, brauchten sie sich die Zimmer nicht zu teilen, jeder hatte eine eigene Kammer.
    Briar lag ruhig auf seinem Bett. Ich trat ein und schloss die Tür leise hinter mir. Sein Zimmer war sehr schmal und nur karg eingerichtet. Gegenüber der Tür war ein Fenster, durch das der Mond sein Licht auf ihn warf. Rechts standen ein Tisch und ein Schemel, daneben ein Schrank und links das Bett.
    Sein Oberkörper leuchtete unverhüllt im Mondschein, offenbarte seine Narben auf der Brust. Die Decke hatte er zwischen seine Beine geklemmt und seine muskulösen Oberschenkel kamen zum Vorschein. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Damals im Stall war er immer in mehrere Decken eingehüllt gewesen und seine Brust war mit Binden und Kräutern eingewickelt gewesen. Jetzt war er fast nackt. Sein Gesicht war sorgenvoll verzogen, er schien einen Albtraum zu haben. Seine Hände vergruben sich in der Decke und versuchten, sie auseinanderzureißen.
    Vorsichtig setzte ich mich auf die Kante seines Bettes und streichelte leicht über seine nackte Brust.
    »Lilia«, flüsterte er im Traum und als ich die Hand zurückzog, öffnete er die Augen. Er war erst verunsichert, sogar erschrocken.
    »Ist etwas passiert?«, fragte er und richtete sich auf.
    »Pscht. Es ist alles in Ordnung. Leg dich wieder hin.«
    Ich streichelte ihm eine dunkle Strähne aus dem Gesicht und er ließ sich wieder auf das Laken fallen. Noch immer schaute er fragend. »Was machst du hier?«
    »Ich konnte nicht schlafen.«
    »Komm her«, sagte er. Er machte mir Platz und öffnete einladend die Arme für mich.
    Genau wie damals im Stall, als alles noch in Ordnung war. Wahrscheinlich musste auch er gerade daran denken,
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