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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman
Autoren: Stephen Hunt
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des Gefährts, und Amelia kletterte hinauf, zückte ihr Messer und machte sich daran, den alten, wachsversiegelten Sarg aufzuhebeln.
    »Sie müssen den Wagen draußen auseinandergenommen haben«, meinte der jüngste Macanalie und lachte. »Und dann haben sie ihn hier drin wieder zusammengebaut.«
    »Natürlich.« Amelia brummte und schnaufte, als sie ihr Messer unter den Sargdeckel klemmte. Ihre Schulter brannte von der Anstrengung. Verdammter Skorpion.
    »Ach, du bist ja so schlau, Professorchen«, zischte der
älteste der Brüder. »Dieses ganze Gerede von Wissenschaft und ehrwürdiger Geschichte und all die Lehren der Vergangenheit. Die ganzen wohlklingenden Vorträge in der Wüste. Und jetzt krabbelst du in irgendeinem Sarg nach ein paar Edelsteinen herum. Fast hätte ich an dich geglaubt, Mädel.«
    Sie warf dem Schmuggler einen finsteren Blick zu und überhörte seine Sticheleien. Sie hatte sie verdient. Vielleicht war sie keinen Deut besser als die drei Ganoven, die aus der Gosse einer der Grenzstädte des Königreichs stammten.
    »Die Räder waren nicht dazu gedacht, auf Sand zu fahren«, überlegte einer der Brüder laut. Er ließ die Finger vorsichtig über die goldenen Stacheln an den Felgen gleiten.
    Amelia war beinahe fertig, das letzte Siegel aus Wachs gab nach. Es war eine Entweihung, daran war nicht zu rütteln. Kein Wunder, dass sich die acht großen Universitäten geweigert hatten, ihr eine feste Anstellung anzubieten und sie jedes Mal aufs Neue um Gelder für ihre Expeditionen betteln ließen, wie einen Hund, den man an der Hohen Tafel der Universitätsleitung hielt. Aber vielleicht war drinnen ein Schatz. Ihr Schatz.
    »Hier gab es keine Wüste, als unser Häuptling begraben wurde«, sagte Amelia. »Draußen erstreckten sich Steppen und Grasland. Dieser Berg reichte damals bis zum Oberland, bevor die Gletscher sich ausdehnten und die Bergkette zu Staub zermahlten.«
    Endlich bewegte sich der Deckel, und Amelia stieß
den Sarkophag auf. Drinnen befanden sich Waffen neben den Knochen und auch Beutel mit Münzen – sicherlich in den Städten erbeutet, die von den Nomaden geplündert worden waren, denn die Schwarzöl-Horde trug ihren Reichtum eher am Körper oder fuhr auf ihm herum. Aber vielleicht war unter dieser Beute noch etwas anderes versteckt? Amelias Hände schoben den diamantenverzierten Zündschlüssel und die Schwarzpulver-Waffen des Barbarenhäuptlings beiseite  – hin und her gerissen zwischen dem Drang, wie ein Plünderer zwischen diesen Schätzen zu wühlen, und dem Versuch, den archäologischen Eid zu wahren, den sie einmal geschworen hatte. Da! Unter den Begräbnisabfällen lagen sie, die sechseckigen Kristallbücher, wegen denen sie die Wüste durchquert hatte.
    Professorin Amelia Harsh zog ihren Fund hervor, und dann begann sie zu schluchzen. Alle Kristallbücher waren von der Informationskrankheit befallen, schwarze Linien durchzogen das harte, purpurne Glas, als hätte sich ein Krebsgeschwür ausgebreitet. Hatten die Barbaren der Schwarzöl-Horde die uralten Informationsblöcke unwissentlich beschädigt? Oder hatte ihr letzter Hüter sie verflucht, als die Nomaden in die Bibliothek der uralten Zivilisation eingedrungen waren, die sie einst hervorgebracht hatte? Sie waren wertlos. Sie taugten höchstens noch als Buchstützen für einen reichen Kaufmann, der Antiquitäten sammelte.
    Der älteste der Brüder hielt ihre Schluchzer für Freudentränen. »Da sind genug Juwelen in der Kiste des toten
Herrschers, um sich ein Herrenhaus in Middlesteel zu kaufen.«
    Amelia betrachtete die hässlichen Gesichter der Nomadengötter auf den Säulen. Sie erwiderten ihren Blick. Chubba Getriebe-Gang. Tartar von den Achsen. Nutzlose Gottheiten, zu denen seit Jahrtausenden niemand mehr betete, und deren grinsende Granitfratzen sie nun ob ihrer Sehnsüchte, so sehr an die fleischliche Existenz gebunden, verspotteten.
    »Die Kristallbücher sind zerstört«, sagte Mombiko, der auf das Fahrzeug kletterte, damit sein Licht den Inhalt des Sarges erhellen konnte. »Das ist ja schlimm, Mma. Aber mit diesen anderen Dingen hier kannst du vielleicht genug Geld zusammenbekommen, um eine zweite Expedition auszurüsten – es wird weitere Gelegenheiten geben, später …«
    »Ich fürchte, in dieser Hinsicht sind Sie schlecht informiert.«
    Amelia wandte sich um und erblickte eine Gruppe schwarz gekleideter Wüstenkrieger am Eingang der Grabkammer, die sich ihre Sandmasken aus Mullgewebe unter ihre
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