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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman
Autoren: Stephen Hunt
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außer ihr selbst,
und außer der Tatsache, dass nun keine catosische Frau draußen wartete, die einer ausgestoßenen Akademikerin eine faszinierende Schrift zum Enträtseln gab. Vielleicht wiederholte sich die Geschichte wirklich, und es war ein einziger Kreislauf, ein Jahrhundert nach dem anderen.
    »Frau Professorin.«
    Amelia wandte sich um und sah, dass Sherlock Quirke ihr eine schöne, heiße Tasse Koffeel einschenkte. »Es tut mir leid, Herr Professor, meine Gedanken schweiften gerade ab. Sie sagten gerade …«
    »Sie werden sicherlich verstehen, dass die Lage für die Hohe Tafel recht prekär ist und unter Umständen sehr peinlich werden kann.«
    Amelia lächelte. »O ja.«
    Auf der Tintensee schwammen Trümmerteile und Kleinigkeiten einer ganzen Zivilisation, die offiziell nie Eingang in die Geschichtsschreibung gefunden hatte – jener Schutt und Schrott, den Billy Snows dunkle Maschine nicht in die Ewigkeit hatte katapultieren können. Ja, sie konnte sich gut vorstellen, dass die Hohe Tafel in peinliche Erklärungsnot geraten konnte.
    »Nun, das hier bekam ich von einem Untergraduierten, der es mir aus Hundred Locks mitbrachte. Das gab es für einen Sechser in einer Fischerbude an den Docks am großen Schilddeich.« Er hob die weiße camlantische Tasse und goss ein wenig Milch ein, dann drehte er das Gefäß um und ließ die Flüssigkeit auf den Schreibtisch rinnen. Dann zeigte er ihr das Innere der Tasse, die vollständig
sauber war; kein einziger Fleck oder Tropfen Milch war geblieben. »Eine reibungsfreie Oberfläche, verstehen Sie? Der Zirkel mag wissen, wie dieses Volk so etwas hinbekommen hat.«
    »Sie meinen die Koffeeltasse, die offiziell nicht existiert?« , fragte Amelia. »Oder die reibungsfreie Oberfläche?«
    Quirke überhörte ihre Neckerei geflissentlich. »Ich bin sicher, dass man bald eine Neudarstellung veröffentlichen wird. Eine bedeutende, aber diskret in die Wege geleitete Revision der Texte. Und wenn die Groschenblätter und Zeitungen nicht weiter auf diese Blamage der Hohen Tafel eingehen sollten, dann bin ich sicher, dass es nicht an Unterstützung mangeln wird, um all dieses neue Material zu dokumentieren und archivieren  – schon gar nicht für diejenige, die Camlantis als Erste entdeckt hat.«
    Amelia erhob sich. »Danke für den Koffeel, Herr Professor. Sie können der Hohen Tafel drei Dinge mitteilen. Erstens: Ich denke über ihr Angebot nach. Zweitens: Ich bin nicht billig. Ein kleiner Ausflug in die Welt des Privatkapitals hat mir die Augen hinsichtlich eines alten Sprichworts geöffnet: Manche Leute kennen von allem den Preis und von nichts den Wert. Und drittens …«
    Quirke hielt seiner Kollegin die Tür auf. »Drittens, Frau Professorin?«
    »Sagen Sie ihnen, dass ich Camlantis nicht gefunden habe. Dass man es nicht finden kann. Man kann es nur erbauen.«

     
    Lord Meldrew tätschelte seine Weste. Es war, als wollte er mit einem Griff an den Tweedstoff überprüfen, wie viel Platz noch in seinem Magen für das Fleisch war, das gerade aufgetragen wurde. Damson Beeton nickte den für den Abend engagierten Dienstboten, die auf der anderen Seite des Tisches servierten, anerkennend zu. Heller Kerzenschein erleuchtete die gedeckte Tafel, und auf dem besten Silber des Hauses türmten sich die Speisen.
    »Aber die Dolorous-Insel ist doch schon seit Jahren bewohnt«, fuhr der ältliche Lord fort, der beobachtete, dass weitere Gäste, deren Boote gerade angelegt hatten, von rotbefrackten Dienern zum Haus geführt wurden. »Und dennoch ist dies die erste Soiree, die er seit seinem Einzug für seine Nachbarn gibt?«
    »Wir stellten fest, dass wir sehr viele Speisen in unseren Kammern hatten, die verzehrt werden sollten, bevor sie verdarben, Mylord.«
    Lord Meldrew prustete los. »Also, der war gut. Eine wirklich scharfzüngige Antwort, Damson.«
    »Noch ein paar Röstkartoffeln zum Fleisch, Mylord? Ich habe sie mit einem Aroma gewürzt, dessen Mischung ich selbst entwickelt habe.«
    »Großartig«, sagte der rotgesichtige Adelige. »Ich nehme nicht an, dass ich Sie überreden könnte, in meine Dienste zu wechseln, Damson? Es ist nur eine Insel weiter. Sie könnten meine alte Köchin ein oder zwei Dinge lehren, was die Zubereitung der bescheidenen Erdknollen betrifft.«

    »Ich fürchte nicht, Lord M«, sagte die Haushälterin. »Es ist nun einmal so, dass ich für eine verdeckte Abteilung der jackalianischen Staatsführung tätig bin und in geheimer Mission den Gauner
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