Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
gewesen, hätte der Büttel die Dinge ebenso gesehen.
    Der Vorsteher des Armenhauses von Sun Gate besaß ein Büro, das sich zunehmend von den übrigen schäbigen Gebäuden abhob. Es war mit einem schimmernden Schreibtisch aus Teakholz und üppigen Teppichen ausgestattet, über denen das obligatorische Porträt des amtierenden Ersten Hüters, Hoggstone, wachte. Molly registrierte als Erstes, dass der Büttel keine Lust zu haben schien, sie sofort mit einer Schimpftirade zu überziehen, und dann fiel ihr die ruhige Präsenz einer eleganten Frau auf, die auf seiner Chaiselongue saß. Klug. Von gewisser Größe. Viel zu elegant gekleidet, um vom Schulamt zur Inspektion geschickt worden zu sein. Misstrauisch sah Molly den Büttel an.
    »Nun, Molly«, begann der Büttel, und seine trägen Betrügeraugen blinzelten. »Setz dich, und dann werde ich dich unserem Gast vorstellen.«
    Molly setzte ihr bestes Winkeladvokatengesicht auf. »Ja, Sir.«
    »Molly, dies ist Damson Emma Fairborn, eine von Sun Gates bedeutendsten Arbeitgeberinnen.«
    Die Dame lächelte Molly an und schob sich eine Locke ihrer blonden Schüttelfrisur zurecht, die das Alter mit einem Hauch von Platinsilber bestäubt hatte. »Hallo, Molly. Hast du auch einen Nachnamen?«
    »Templar«, sagte der Büttel, »nach de –«
    Die Dame krümmte einen Finger in einer Geste, die Unzufriedenheit hätte ausdrücken können, und überraschenderweise brachte dies den Büttel zum Schweigen.
    »Molly, ich bin sicher, du kannst für dich selbst sprechen …«
    »Nach dem Tempel in der Lump Street, wo mich die Ratsherrn fanden, ausgesetzt und in eine seidene Windel gewickelt«, sagte Molly.
    »Eine seidene Windel?« Damson Fairborn lächelte. »Deine Mutter muss eine Dame mit einigem Vermögen gewesen sein, dass sie es sich leisten konnte, gute Seide wegzuwerfen. Ein Techtelmechtel mit der Dienerschaft vielleicht oder auch eine Affäre?«
    Molly verzog das Gesicht.
    »Aber ich bin sicher, dass du über die Identität deiner Eltern selbst schon ausgiebig nachgedacht haben wirst. An einem Ort wie diesem gibt es schließlich sonst wenig, womit man seinen Verstand beschäftigen kann.«
    Ein plötzlicher, erschreckender Gedanke packte Molly, aber die Dame schüttelte den Kopf. »Nein, Molly. Ich bin es nicht, obwohl ich sicherlich in einem Alter bin, dass du meine Tochter sein könntest.«
    Der Büttel räusperte sich. »Ich sollte Sie warnen, Damson, Molly ist ein kleiner Jähzorn. Sie hat Temperament.«
    »Passend zu ihrem roten Haar vielleicht?« Die Dame lächelte erneut. »Und wem ginge es wohl anders, wenn er an einem so tristen Ort festsäße? Wo es keine schönen Kleider, keinen guten Wein, keine galante Gesellschaft und keine gepflegte Partie Whist gibt? Ich bin sicher, mein eigenes Temperament würde sich kein Quäntchen bessern, wenn unsere Lage kurzzeitig vertauscht wäre.«
    Der Büttel warf Molly einen vernichtenden Blick zu, dann sah er die Dame an. »Ich verstehe nicht …«
    »Ich denke, ich habe von Ihnen genug gehört, Büttel«, sagte Emma Fairborn. »Nun, Molly. Wärest du so nett, mir das Buch dort drüben zu bringen?«
    Molly entdeckte den ledergebundenen Folianten, auf den die Dame deutete, auf einem der etwas höheren Bücherregale des Büttels. Achselzuckend ging sie hinüber und zog das Buch hervor. Sie pustete den Staub vom Schnitt. Wahrscheinlich ein philosophisches Werk, das die Besucher vom überragenden Intellekt des Büttels überzeugen sollte. Dann ging sie dort hinüber, wo die Dame saß, und reichte ihr das Buch.
    Damson Fairborn hielt Mollys Hand eine Sekunde lang fest, dann drehte sie sie um und betrachtete die Handfläche, als sei sie eine Wahrsagerin von den Fahrenden. »Danke, Molly. Ich bin so froh, dass deine Stellung bei dieser Snell nicht von langer Dauer war. Deine Hände sind viel zu hübsch, um von Bleiche ruiniert zu werden.« Sie legte das Buch neben sich. »Und für jemanden von deiner Größe hast du einen guten Gleichgewichtssinn. Du bist etwas mehr als fünfeinhalb Fuß, würde ich sagen?«
    Molly nickte.
    »Meine Kleine, du glaubst ja nicht, wie viele hübsche Mädchen ich entdecke, die wie ein Brauereipferd auf dem Landmarkt dahintrampeln oder watscheln wie eine Ente, die man unglücklicherweise in ein Bleikorsett gesteckt hat. Ich denke, ich kann mit dir arbeiten. Sag mir, Molly, hast du deine Zeit hier in diesem Haus genossen?«
    »Ich fand es hier … etwas ermüdend, Damson«, antwortete Molly.
    Emma Fairborn wirkte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher