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Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Titel: Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)
Autoren: Simon Lelic
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das Gesetz unfair ist.«
    »Und diese Pro-bono -Sache, das mit der kostenlosen Vertretung?«
    Leos Miene hellt sich auf. »Das läuft prima. Ich meine, Howard hat da eine Menge geleistet. Jetzt ist er zwar im Ruhestand, aber er hat mir geholfen, das alles auf die Beine zu stellen.«
    »Und du arbeitest mit Kindern, hast du gesagt? Ausschließlich?«
    »Ja, ausschließlich. Deshalb bin ich ziemlich viel unterwegs. Hauptsächlich im Südwesten. Hier auch.« Er deutet auf die North Circular Road. »Glaub mir, es gibt alle Hände voll zu tun. Es interessiert sich halt kaum jemand dafür. Und es kennt sich auch keiner richtig damit aus. Was an sich schon frustrierend genug ist.« Er beendet seinen Satz mit einem Schulterzucken.
    »Du siehst müde aus, Leo. Isst du denn genug?«
    Leo schürzt die Lippen, so als würde er ein Lächeln unterdrücken. »Wenn ich dazu komme«, erwidert er. Er scheint einen Moment zu überlegen. Seine Miene wird härter. »Es klingt vielleicht herzlos, aber was mit Daniel passiert ist – das wird helfen. Auf lange Sicht. Ich werde nicht zulassen, dass es umsonst war.« In seiner Stimme liegt eine Spur von Herausforderung. Megan geht nicht darauf ein.
    »Nicht herzlos, Leo.« Sie blinkt, wendet, sieht ihn kurz an. »Herzlos auf keinen Fall.«

    Nach Megans Schätzung stehen sie nun schon seit einer knappen Viertelstunde dort. Wenn sie noch länger warten, kommen sie zu spät.
    »Leo. Wir müssen jetzt wirklich gehen.«
    Ihr Mann starrt auf die Vorderfront des Cafés, so als wäre das Schild dort etwas Befremdliches.
    »Leo. Das wird schon. Das verspreche ich dir.« Wirklich? Das verspricht sie?
    Leo sieht sie an. »Ich sollte nicht hier sein.«
    »Was?«
    »Ich hätte nicht kommen sollen. Das ist nicht fair. Wir hätten ihr Bescheid sagen sollen.«
    Dieser Gedanke ist Megan auch schon gekommen. Mehr als das: Er lässt sie einfach nicht in Ruhe, wie ein nörgeliges Kind auf dem Rücksitz. Was, wenn ich alles ruiniere?, geht es ihr immer wieder durch den Kopf, genau der Gedanke, der sie von Anfang an davon abgehalten hatte, Leo etwas zu sagen.
    »Sei doch nicht albern«, sagt sie und öffnet die Autotür, bevor sie sich davon abhalten kann.
    »Megan. Warte.«
    Sie schließt sie wieder.
    »Was soll ich denn zu ihr sagen?«
    »Was?«
    »Na, wenn ich sie sehe. Was sage ich denn dann?«
    Normalerweise würde sie das als dumme Frage abtun. Aber weil sie sich dasselbe auch schon einmal gefragt hat, weiß sie, dass es keine ist.
    »Sie studiert«, sagt Megan. »Sie will Anwältin werden.« Sie überspielt ihre Geringschätzung ein wenig. »Du könntest ihr ja zuerst einmal sagen, dass sie einen ordentlichen Beruf erlernen soll.«
    Der Witz geht ganz klar an Leo vorbei. Er starrt wieder zum Fenster hinaus, und Megan sieht genau, dass er kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht.
    Megan schaut noch einmal auf die Uhr. Sie seufzt. »Leo«, sagt sie und tippt auf die Uhr, und dann deutet sie durch die Windschutzscheibe auf …
    Ihre Tochter. Ihre und seine Tochter. Sie steht in der Tür des Cafés. Und jetzt ist auch Leos starrer Blick erklärt. Auch sie ist schon da. Und will gerade wieder gehen. Ist kurz davor.
    Verblüfft über das, was sie vor sich haben, beten sie, noch etwas ungläubig, dass es wirklich wahr ist.
    Ihre Tochter. Seine Tochter. Die jetzt einen Schritt macht – und sie schließlich entdeckt.
    Sie beide.
    »Geh.«
    Er rührt sich nicht vom Fleck.
    »Geh. Leo!«
    Sie beugt sich hinüber, öffnet seine Tür. »Geh«, sagt sie. »Los, geh.«
    Denn sie hat recht gehabt, das hier ist richtig. Sie sieht es mit eigenen Augen: ihre Tochter, die Hand vor dem Mund. Ihren Mann, der aufsteht oder es zumindest versucht, sich am Dach des Wagens hochzieht. Er macht einen Schritt. Sie auch. Und vor Megans Augen kommt ihre Familie wieder zusammen.

Dank
    M ein herzlichster Dank gilt, wie immer, meiner Familie und meinen Freunden, auf deren Unterstützung ich stets bauen kann. Für ihre Hilfe und ihren Scharfblick während der Recherche und der Arbeit an diesem Buch habe ich besonders Sandra Higgison, Darryl Hobden, Andy Hood, Hanne Stevens und Amanda Thornton zu danken. Hätten sie alle nicht so großzügig ihre Zeit und ihren Sachverstand mit mir geteilt, würde ich heute noch auf einen blinkenden Cursor starren. Ein Dankeschön auch an alle bei Macmillan, Penguin, bei der Zoe Pagnamenta Agency, den Andrew Nurnberg Associates und den Felicity Bryan Associates. Auch Emma Bravo, Kathryn Court, Sophie
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