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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus
Autoren: Liz Trenow
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einer Website über Künstler aus Dorset gefunden. Dort habe ich per E-Mail um ihre Adresse gebeten. «
    Ich bin zu erstaunt, um zu fragen, was » gegoogelt « bedeutet. » Lieber Gott, du hast sie gefunden? Du weißt, wo sie wohnt? «
    Sie reicht mir den Umschlag. Er ist bereits offen und an Emily adressiert.
    » Darf ich ihn lesen? « , frage ich.
    Sie nickt.
    2 Ledbury Cottages
    Bingham’s Houghton
    Dorset
    Liebe Emily,
    die Vorsitzende des Dorset Artists’ Circle hat mir mitgeteilt, dass Sie sie im Namen Ihrer Großmutter angeschrieben und sich nach Gwen Collins erkundigt haben.
    Um Ihre Fragen zu beantworten:
    Ja, Gwen lebt, liegt aber derzeit im Krankenhaus. Keine gute Prognose, fürchte ich.
    Ja, ich bin mir sicher, dass sie sich an Ihre Großmutter erinnert. Sie hat mir von ihrem Job bei Verner’s erzählt und auch davon, dass sie während des Krieges ein paar Jahre mit Lily und Grace zusammenwohnte.
    Ich weiß nicht, ob sie den Kontakt wiederaufnehmen möchte. Lily war Gwen eine Zeit lang sehr wichtig, doch aus irgendeinem Grund, den ich nicht kenne, haben sie den Kontakt verloren – Gwen mochte über dieses Thema nie reden.
    Entschuldigen Sie bitte den traditionellen Postweg, aber wir sind hier auf dem Land noch nicht verkabelt (falls man das so sagt).
    Mit freundlichen Grüßen
    Catherine Ryan
    » Granma? « Emilys Stimme scheint von weit her zu kommen. » Bist du sauer auf mich, weil ich dich nicht um Erlaubnis gefragt habe? «
    Ich warte so lange auf eine Nachricht von Gwen, irgendein Lebenszeichen. Da ich nun weiß, dass sie noch lebt, ist es mit einem Mal für mich das Allerwichtigste auf der ganzen Welt, sie um Verzeihung zu bitten. Ich räuspere mich. » Natürlich nicht, Liebes. Ich bin nur völlig überwältigt, dass du sie gefunden hast. «
    » Diese Catherine scheint sich allerdings nicht sicher zu sein, ob es eine gute Idee ist, den Kontakt wiederaufzunehmen. «
    Ich sehe die Worte vor mir: Keine gute Prognose, fürchte ich, und denke, dass uns vielleicht die Zeit davonläuft. Es ist mir egal, was Catherine Ryan denkt.
    » Kannst du vielleicht übers Internet ihre Telefonnummer herausfinden? « , frage ich.
    » Ich will’s versuchen « , sagt sie und steht auf. » Bin gleich zurück. «
    Wir googeln und rufen Telefonauskunftsdienste an, doch es gibt keine Nummer für G. Collins oder C. Ryan unter der angegebenen Adresse. Schließlich kommt Emily auf die Idee, das nächstgelegene Krankenhaus in Dorchester anzurufen.
    » Die werden mich bestimmt nicht mit ihr sprechen lassen.«
    » Einen Versuch ist es wert, oder? «
    » Dann mach « , stimme ich zögernd zu. Es ist sinnlos, sich zu wehren, wenn ein Verner-Kinn auf diese Weise vorgeschoben wird.
    Sie nimmt das Telefon und wählt.
    » Guten Tag, ich würde gerne mit einer Miss Gwen Collins sprechen « , sagt Emily. » Ich glaube, sie ist Patientin in Ihrem Krankenhaus. «
    Man hört eine Stimme am anderen Ende, und sie reckt die Faust in die Luft und legt die Hand auf das Mundstück. » Volltreffer! Sie stellen mich zur Station durch. «
    Nach einer langen Pause sagt sie: » Hallo, spricht da die Stationsschwester? Haben Sie eine Gwen Collins auf Ihrer Station? Oder Catherine Ryan … Ich bin eine enge Freundin … Ja, so gut wie verwandt. «
    Ich bin fasziniert von der Unverfrorenheit meiner Enkeltochter. Niemals könnte ich so dreist sein. Nach einer quälenden Pause ist wieder eine Stimme am anderen Ende zu hören.
    Emily stößt einen kleinen Überraschungsschrei aus, hat sich aber schnell wieder im Griff. » Spricht da Catherine Ryan? Hier ist Emily, Lilys Enkelin. Sie haben mir geschrieben. «
    Sie deutet auf das Telefon und dann auf mich, will mir damit zu verstehen geben, dass ich es nehmen soll. Als ich den Kopf schüttle, sagt sie einfach: » Warten Sie einen Moment, ich gebe Ihnen Großmutter. «
    Sie reicht mir den Hörer. Emotionen, über Jahrzehnte aufgestaut, drohen mich zu überwältigen. Meine Hände zittern so sehr, dass ich den Hörer beinahe fallen lasse, und meine Stimme klingt belegt. » Miss Ryan? Hier spricht Lily. Es tut mir leid, dass wir Sie stören « , bringe ich mühsam heraus.
    » Ich dachte mir schon, dass wir von Ihnen hören würden « , sagt sie ganz gelassen. » Ihre Enkeltochter ist offensichtlich eine sehr entschlossene junge Frau. Leider können Sie im Augenblick nicht mit Gwen sprechen, sie ist gerade bei der Computertomografie. « In der Stimme am anderen Ende der Leitung schwingt ein leichter Singsang
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