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Das Karrieremacherbuch

Das Karrieremacherbuch

Titel: Das Karrieremacherbuch
Autoren: Svenja Hofert
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Menschen ihren Sinn woanders. »Denn Gott will keine faulen Müßiggänger haben, sondern man soll treulich und fleißig arbeiten, ein jeglicher nach seinem Beruf und Amt, so will er den Segen und das Gedeihen dazu geben. Der Mensch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen.« 14 Allerdings stand bei Luther mitnichten die Erfüllung im Vordergrund. Das Thema Sinn und Selbstverwirklichung kam erst in den 1970er-Jahren auf, durch Richard Nelson Bolles 15 und wenig später Barbara Sher. 16 So göttlich kann das Ganze also gar nicht sein. Amerikanisch höchstens.
    Beruf auf Rezept
    Bei der Berufsfindung gehen solche Coachs immer ähnlich vor. Sie schließen von der Nennung der ersten zarten beruflichen Neigung und der Beschreibung von Stärken auf den idealen Beruf. Nennt der Gecoachte also »Mediziner« als frühen Berufswunsch, forscht der Jobcoach weiter in diese Richtung. Ist mein Klient ein verkappter Arzt? Scheiterte das Vorhaben etwa am Numerus clausus? Ließen sich jene frühen Träume nicht doch anders realisieren: Der Beruf »Operationstechnischer Assistent« ist doch auch ganz schön? Oder können wir andere Fertigkeiten dazunehmen, etwa die Neigung zum Schreiben? Schwupp, Kochtopf auf, und schon wird der Medizinjournalist angerührt.
    In einem Internetforum fand ich folgenden Eintrag: »Ich habe gerade ein Jobfindungsbuch bearbeitet, und dort kam heraus, dass ich folgende Dinge ganz gut beherrsche bzw. gerne mache: Lesen, Korrektur lesen/Korrigieren, Schreiben, Beraten, Sprechen.« Das ist ein unheimlich typisches Ergebnis der Jobfindung – fast immer kommen ähnliche Dinge heraus. Die amerikanische Denkweise à la Sher geht nun davon aus, dass »Gerne machen« auch gleich »Können« ist. Es ist aber absolut sicher, dass das falsch ist. Es gibt viele falsche Selbsteinschätzungen, dafür muss man nicht erst das Casting für Deutschland sucht den Superstar sehen.
    Der nächste Schritt der Berufsorientierung liegt in der Skizze der sich daraus ergebenden Berufsbilder. Sie ahnen es schon? Journalismus, Lektorat oder Coaching . Halt! Der Markt für Journalisten ist derart überschwemmt, dass nur wenige wirklich vernünftig davon leben können. Wer sich bewusst und mit einem Konzept in dieses Haifischbecken stürzt, dem schüttle ich die Hand und gebe Tipps zum Umgang mit Haien. Ich finde Mut klasse und unterstütze mutige Menschen, die wissen, was sie wollen, und die Risiken kennen. Aber nach so einer Berufsfindung steht selten eine vernünftige Aufklärung, die Risiken sind unbekannt, oft auch den Coachs selbst. Ähnlich illusorisch ist Lektorat – mindestens für jemanden, der keine Kontakte hat. Und die meisten Traumjobsucher haben keine. Nehmen wir das dritte typische Berufsbild: Coach. Coach ist, wenn man es einmal seriös betrachtet, nur in sehr seltenen Fällen ein Beruf, der das eigene Überleben sichert, und ansonsten etwas für spätere Lebensphasen und eine »Beimischung«, die den Qualifikationslevel hebt – mehr aber auch nicht.
    Aus meiner Sicht ist es kein Zufall, dass die Berufsfindung oft in einen »schönen« Job leitet. Die traditionelle Jobfindung basiert auf unserer eigenen Wahrnehmung und dem, was wir kennen und was die Gesellschaft für uns bewertet hat. Das ist nicht anders als bei den zehn beliebtesten Ausbildungsberufen, die seit Jahrzehnten gleich aussehen. Der Bestatter, der Hafenschiffer, Steinmetz und andere eher exotische, aber durchaus krisenfeste Jobs tauchen dort nicht auf, weil man sie entweder nicht kennt oder weil es keine »schönen« Berufe für Menschen sind, deren Grundbedürfnis es ist, sich eine gewisse Stellung in der Gesellschaft zu schaffen. Es ist sehr oft nichts anderes als dieses Grundbedürfnis, das den Berufswunsch formt.
    »Irgendwas mit Kultur«
    Die schönen Berufe kommen mit und auch ohne Coach. »Ich war drei Wochen mit What Color Is Your Parachute? auf einer spanischen Insel, und danach war mir klar, dass ich schreiben wollte.« »Schreiben« lässt sich durch »Kultur« oder »kreativ sein« ersetzen oder durch »etwas mit Menschen machen« – das sind dummerweise die Favoriten der meisten und ähnliche Haifischbecken wie der Journalismus.
    Klar, alles ist möglich, wenn man sich so richtig durchbeißt, selbstbewusst ist, schlauer als die anderen und sich super verkaufen kann. Aber wer ist so? Nur ein winzig kleiner Prozentsatz. Am Anfang des Berufslebens sind die meisten weder bissig noch selbstbewusst und können sich auch noch nicht so gut
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