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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert
Autoren: Richard Morgan
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Hätte sie entzündet wie der Himmel bei einem Sturm in der Steppe, hätte ihr vor allem ein verdammtes Lächeln aufs Gesicht gezaubert statt dieses ständig gesenkten Blicks, den sie die ganze Zeit über im Haus beibehielt, wie ein Eimer voller benutztem Badewasser.
    Ishgrim errötete und rückte unbehaglich auf der Steinbank hin und her.
    »Wirst du’s ihm sagen?«, fragte sie mit dünner Stimme.
    Schweigen. Egar ließ den Blick zwischen den beiden hin und her wandern. »Mir was sagen?«
    »Es ist nichts, wirklich.« Kefanin wedelte abschätzig mit der Hand. »Nicht der Rede …«
    »Mir was sagen, Kef?«
    Der Hausverwalter seufzte. »Na gut. Anscheinend sind wir einem etwas größeren klerikalen Spiel mit dem Feuer ausgesetzt. Die Zitadelle möchte uns wieder mal an ihre Existenz erinnern.«
    »Sie sind wieder da draußen?« Egar war es beim Hereinkommen nicht aufgefallen, und bei dieser Erkenntnis beschlich ihn ein merkwürdiges Gefühl der Scham. Bist schon ein beschissener Wachhund, Eg! »Die Jungs am Tor haben keinen Pieps verlauten lassen, als ich reingekommen bin.«
    Kefanin zuckte mit den Schultern. »Sie sind vom Palast ausgeliehen. Sie möchten keine unnötige Aufregung.«
    Wieder dieses verdammte heikle Gleichgewicht! Egar fielen die achtsamen Blicke der Wachmänner ein, mit denen sie ihn bedacht hatten. Er spürte, wie sich ein wildes Grinsen auf seinem Gesicht festsetzte.
    »Sie glauben, ich würde unnötig für Aufruhr sorgen?«
    »Mylord. Ich weiß nicht, ob …«
    »Überlass das mir, Kef.«

    Seine Worte verloren sich hinter ihm, als er davonging. Jetzt ritt er auf einer aufwallenden Woge verschiedener Gefühle, in deren Mitte eben jene vage vertraute Unruhe brannte, die er nicht recht festmachen konnte. Er schritt durch die Zimmer und Flure des Hauses zurück. Über den grellen Innenhof. Unter der kurzen, kühlen Liebkosung des Torbogens hindurch, an den überraschten Wächtern vorbei – Arschlöcher –, wortlos. Erneut hinaus in das geschäftige Treiben und Getrappel der Straße.
    Weil er jetzt genau hinschaute, entdeckte er sie ziemlich leicht – da, unter einem der Akazienbäume, die in Zweierreihen mitten auf dem Boulevard gepflanzt waren. Die schlanke Gestalt in dem düsteren Gewand der Hüter sowie, ihn flankierend in der kühlenden Pfütze der Schatten, die unausweichlichen Schlägertypen; billige Massenware und professionell finstere Blicke, leichte Kettenhemden unter Chorhemden mit dem Wappen der Zitadelle, Kurzschwerter in Scheiden an der Hüfte.
    Es folgte eine kurze zuckende Bewegung. Beide Männer legten die Hände an den Schwertgurt, als sie den großen Majak erblickten, der durch den Verkehr auf sie zugeschritten kam. Egar nickte in grimmiger Anerkennung und ließ sie dadurch wissen, dass er es bemerkt hatte, und dann hatte er sich dicht vor dem Hüter aufgebaut.
    »Du stehst vor dem falschen Haus«, sagte er im Plauderton.
    Das Gesicht des Hüters wurde rot vor Ärger. »Wie kannst du es wagen …«
    »Nein, du hörst mir nicht zu.« Egar hielt die Stimme geduldig und sanft. »In der Zitadelle hat es offensichtlich ein Missverständnis gegeben. Pashla Menkarak hält dich nicht auf dem Laufenden. Hat er dir nicht gesagt, wie gefährlich es ist, unter diesem Baum zu stehen, als er dich hergeschickt hat?«
    Unwillkürlich zuckte der Blick des Hüters zu den Ästen hinauf.
Egar ließ liebenswürdig eine Hand auf seine Schulter fallen, knapp oberhalb des Schlüsselbeins, und grub den Daumen hinein. Der Hüter stieß ein ersticktes Winseln aus. Die Schlägertypen erwachten zu spät. Einer von ihnen hob eine fleischige Hand und packte Egars freien Arm.
    »Das ist ein …«
    Egar ließ die rechte Handkante herabsausen und spürte das Schlüsselbein des Hüters bei dem Hieb brechen wie ein Stück Feuerholz. Der Hüter schrie auf und brach unter erstickten Lauten zusammen. Inzwischen hatte sich Egar bereits dem Schläger zugewandt, der ihn gepackt hatte. Er hielt dessen Hand mit einem Ringerkniff der Majak nieder und rammte den Mann mit dem Gesicht voran gegen den Baumstamm. Der andere Schläger reagierte einen Herzschlag zu langsam und tat das völlig Falsche  – er griff nach seinem Schwert. Egar schwang sich herum, Schulter voran, dahinter sein volles Körpergewicht, nagelte den Schwertarm des Mannes auf der Brust fest und knallte ihm den Handballen gegen die Schläfe. Im letzten Augenblick hinderte ihn etwas daran, den Schlag mit voller Wucht auszuführen, und der Mann ging
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