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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert
Autoren: Richard Morgan
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aufgeschlitzt hatte, als er etwas grob mit einem
der Mädchen umgesprungen war. Leider hatte besagter Adliger gute Verbindungen zu den Niederungen gehabt, woraufhin die Wache sich zur Abwechslung mal von ihrem lahmen, versoffenen Arsch erhoben, ein paar Fragen gestellt und einige unkooperative Köpfe eingeschlagen hatte. Jemand redet, und Barat landet genügend lange im Knast, dass er seinem hochgestellten Ankläger lieber ins Gesicht spuckt, statt sich demütig zu ducken. Ergebnis: Sklaventreck. Routine, das immer gleiche alte Lied der Stadt.
    Barat, der Zuhälter, zeigte eine arrogante Verachtung für die Schuldsklaven, mit denen er zusammengekettet war, und verspottete sie die ersten drei Tage des Marschs so lange, bis es zu unbedachten Gewaltausbrüchen kam, die er dann mit der geübten Lässigkeit eines Kriminellen und einem höhnischen Grinsen abwehrte. Aus irgendeinem Grund hatte er Gerin zumeist in Ruhe gelassen, aber die Ketten waren so großzügig bemessen, dass er Hand an mindestens vier oder fünf andere Männer legen musste, bevor die Antreiber das Spektakel nicht mehr sportlich nahmen, sondern stattdessen sauer wegen des entstandenen Chaos wurden.
    Am dritten Tag, bei der fünften oder sechsten Schlägerei, kamen zwei oder drei berittene Hüter und Eigner der Karawane die Reihe entlang, um nachzusehen, worum es bei dem Gezänk überhaupt ging. Einer davon war eine Frau, und als die Antreiber den Treck mit Tritten und Flüchen wieder in Reih und Glied gebracht hatten, winkte sie ihren Hauptmann zu sich, beugte sich im Sattel herab, sagte etwas zu ihm und schickte ihn, vor Ärger rot im Gesicht, wieder zu seinen Kollegen zurück. Gerin hatte nicht mitbekommen, was gesprochen wurde, aber er wusste, was kam. Ebenso hätte er eine Änderung der Windrichtung jenseits des Sumpfs bemerkt.

    Er zog es vor, sein Wissen nicht mit Barat zu teilen, und der Lude war anscheinend zu blöde oder stur, um es von allein zu begreifen. Später am selben Nachmittag zettelte er den nächsten Streit an.
    Die Antreiber nahmen ihn sich beim Latrinenhalt am Mittag des folgenden Tages vor, direkt am anderen Ufer des Flusses von Parashal. Gleich vier waren es, Männer mit grimmigen, wettergegerbten Gesichtern, langen Holzknüppeln in den Händen und Augen, die wie Katzensilber glitzerten. Sie hielten ihn fest und zerteilten die Ketten mit den Bolzenschneidern, die sie alle wie Waffen an ihren Gürteln trugen. Die Unwiderruflichkeit dieser Handlung veranlasste den Luden, wie ein erschrecktes Pferd zu schnauben und um sich zu treten.
    Aber da war es natürlich längst zu spät.
    Sie zerrten den zappelnden und brüllenden Barat zu einem Wäldchen in der Nähe und prügelten ihn gemächlich zu Tode. Es war so nahe, dass die Geräusche herüberschallten – feste, fleischige Schläge, wie wenn ein Schlachter Gelenke abhackte; hohe durchdringende Schreie, die bald in Flehen und Stöhnen übergingen; schließlich ein Schweigen, das weitaus schlimmer war, da das Schlagen weiterging. Gerin hatte mehr als genug an Brutalität zu Gesicht bekommen, draußen im Sumpf und auf den Straßen von Trelayne; aber selbst ihm kam es wie eine Ewigkeit vor, bis der Mann tot war.
    Anderswo im Zug senkten weniger hartgesottene Männer – darunter auch Opfer von Barats Triezerei – den Kopf und starrten den Grund an, auf dem sie saßen. Einer oder zwei schlugen sich die Hände vor den Mund wie Frauen und schluckten Erbrochenes wieder herunter. Gerin brachte ein halbes verächtliches Grinsen zustande, bevor er merkte, dass er ebenfalls heftig zitterte.

    Oder, redete er sich etwas leichtfertig ein, ich habe mich bloß bei Tigeth mit dieser Erkältung angesteckt, Hoiran sei verdammt!
    Dann hörten die Geräusche auf, und die Antreiber kamen unter den Bäumen hervor, unter schallendem Gelächter und mit dem Grinsen gut genährter Wölfe. Ihre Knüppel trugen sie lässig wie Langwaffen. Einer ließ seinen Bolzenschneider in der anderen Hand hin und her pendeln und durch das kniehohe Gras streifen. Das Zangenende triefte von Blut, das hell glänzte, wenn die Mittagssonne darauf fiel.
    Und später senkte sich das unausgesprochene Wissen auf die schweigenden Gefangenen herab – wie ein neuer Gefährte mit grinsendem Totenschädel, der sie von nun an im Zug begleitete –, dass es anstelle Barats jeden von ihnen hätte treffen können.
    »Ja, und apropos«, sagte Gerin grimmig zu ihnen, als Tigeth nach der Ermahnung des hageren Mannes verstummt war. »Ihr
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