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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
Autoren: Cédric Bannel
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auf die Schutztruppe. Treue Beamte wurden gern in die Nähe der »Kollaborateure« gerückt, und die Gefahr für sie, Opfer eines Selbstmordattentats zu werden, war hoch. Osama blieb jedoch keine andere Wahl: Er hasste die Taliban zutiefst, seit er gesehen hatte, was sie seinem Land in den fünf Jahren ihrer Herrschaft angetan hatten.
    Eine halbe Stunde später blieb der Geländewagen an der Einmündung zu einer schmalen Straße stehen.
    »Wir müssen zu Fuß weiter«, bemerkte der Fahrer trocken.
    Er stieg sogleich aus, die Kalaschnikow in der Hand, gefolgt von Osama und seinem Assistenten. Aus dem Pick-up waren zwei weitere Männer herausgesprungen und schlossen sich ihnen an. Sie hatten deutsche Waffen bei sich, ein »Geschenk« der Schutztruppen an die Polizei in Kabul.
    Frauen drängten sich an ihnen vorbei, etliche in dunkelblauer Burka, andere mit bunten Schleiern, einen Korb mit Vorräten in der Hand. Schüler strömten aus dem Unterricht auf die Straße, die Mädchen in schwarzer Uniform mit weißem Schleier, die Jungen ganz in Blau gekleidet. Einige Kinder in Lumpen verkauften Billigprodukte in der Hoffnung, damit ein paar Afghanis zu verdienen.
    Nach ein paar Metern wurde die Gasse noch schmaler, und der kleine Polizeitrupp musste sich seinen Weg mit den Ellbogen bahnen. Im ganzen Viertel herrschte rege Betriebsamkeit, Männer trugen Bündel, Ballen oder Kartons auf den Schultern. Mofas, auf denen bis zu drei Personen fuhren, zwängten sichin einer Wolke aus Auspuffgasen zwischen den Menschen hindurch. Ein Duft von Gegrilltem und von Gewürzen lag in der Luft. Als sie an einer kleinen Moschee vorbeikamen, spuckte ein Mann mit finsterem Gesicht und einem buschigen Vollbart nach Art der Taliban vor Osama aus. Dieser tat, als habe er es nicht bemerkt. In diesem Teil Kabuls waren Funktionäre der Regierung, insbesondere Polizisten, nicht gerne gesehen.
    Am Ende der Gasse blieb Osamas Fahrer vor einem großen Holztor stehen. Mehrere bewaffnete Männer bewachten den Eingang – einer von ihnen hatte eine RPG-7 auf seine Schulter gewuchtet. Überrascht stellte Osama fest, dass sich auch zwei bärtige Westler im schwarzen Drillich unter den Wachleuten befanden, die mit Übertragungsgeräten ausgestattet waren und einen Knopf im Ohr trugen. Die üblichen Attribute für die Mitarbeiter von Blackwater, Söldner, die von den Schutztruppen bei heiklen Aufgaben eingesetzt wurden. Nachdem sie mehrmals in Skandale verwickelt war, hatte sich die Organisation in Xe Services umbenannt, ein weniger düsterer Name, doch es waren dieselben Leute, nur unter einer anderen Bezeichnung. Niemand ließ sich allerdings täuschen, und alle Welt sprach nach wie vor von Blackwater. Als einer der Westler ihn aufhalten wollte, zeigte Osama ihm seinen Plastikausweis. Der Mann studierte ihn eingehend, bevor er Osama mit einer lässigen Handbewegung passieren ließ. Der Kommissar unterdrückte eine rebellische Aufwallung. Die Blackwater-Leute hatten theoretisch überhaupt nichts zu sagen in Afghanistan, schon gar nicht dem Chef der Kriminalpolizei von Kabul. Praktisch jedoch herrschten sie über die Stadt, niemand wagte es, sich ihnen zu widersetzen. Osama fragte sich, was sie am Ort eines Selbstmordes zu suchen hatten.
    »Stammt der Tote aus dem Westen?«, fragte er Babrak.
    »Nein, er war Afghane.«
    Hinter den bescheidenen ockerfarbenen Mauern befand sich, wie Osama feststellte, nicht etwa die übliche erbärmlicheBehausung, sondern eine prächtige Villa. Zunächst durchquerte er einen Patio mit Marmorwänden, dann einen Raum, der mit lauter kostbaren Teppichen ausgeschmückt war.
    Auf einem Sofa lag eine Leiche mit einer Kugel im Kopf. Ein Mann in einer abgewetzten alten Tunika kauerte neben ihm, er machte ein gleichgültiges Gesicht und kaute auf einer Stange Süßholz. Ein Pistolengriff ragte aus seinem
Kiyepanak
.
    »Ist er das?«, fragte Osama.
    Der Polizist nahm die Süßholzstange aus dem Mund und antwortete: »
Na,
der Leibwächter. Der Besitzer hat ihn erschossen, bevor er sich selbst umgebracht hat.«
    Sie gingen weiter, angezogen von einer lautstarken Unterhaltung durchschritten sie einen nach westlichem Geschmack eingerichteten Raum. Er hatte Parkettboden, ein für afghanische Verhältnisse unvorstellbarer Luxus, da Holz selten und teuer war. Osama fragte sich, was den Besitzer dazu gebracht haben mochte, ein derartiges Haus in einem so einfachen Viertel zu errichten. Wozu dieses aufwendige Versteckspiel? Verwundert betrachtete
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