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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett
Autoren: Jerome Charyn
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in Manhattan. Der Roman wuchs auf tausend Seiten an, und ich fand immer noch kein Zuhause für meinen König der Barbiere. Während ich weiter Seiten sammelte, schien mein Hinterkopf an einem anderen Buch zu arbeiten. Blue Eyes’ Tod beschäftigte mich immer noch, und ich musste ihn wiederbeleben. Also begann ich mit Marilyn the Wild, was Manfred Coen in seine Vergangenheit zurückbrachte. Isaac Sidel hat eine Tochter, Marilyn, die ständig heiratet, sich wieder scheiden lässt und dabei eigentlich in Coen verliebt ist. Isaacs zwiespältiges Verhältnis zu seinem blauäugigen Engel wurde mir nun klarer. Der alte Chief lehnt die Verbindung seiner Tochter zu Blue Eyes ab, behält das aber für sich. Wenn es um seine Tochter geht, ist er ein Feigling, der nicht riskieren will, dass Marilyn the Wild und er sich entfremden. Hier können wir fühlen, wie das Böse heraufzieht. Isaac ist verrückt nach Marilyn, aber sie ist viel zu selbstständig für einen Alpha-Bullen. Er findet keinen Weg, sie zu manipulieren, also manipuliert er Coen. Und als er Coen in den Tod schickt, bestraft er Marilyn, Blue Eyes und sich selbst.
    Aber ich konnte Coen immer noch nicht begraben. Ich musste noch ein Buch schreiben, eines, das an seinen Tod anschloss. Isaac ist nun zu Coens Chronist geworden. Patrick Silver handelt von Isaacs innerer Zerrissenheit. Er hat sich von den Guzmanns einen Bandwurm eingefangen, der aktiv wird, nachdem Coen gestorben ist. Isaac taumelt durch die Stadt, mit diesem Wurm in sich, und träumt, dass Coen noch lebt. Coens Tod hat ihn aus seinem sauberen kleinen Universum gerissen und quält ihn. Manfred und Marilyn waren seine einzige Verbindung zum Leben außerhalb des Polizeireviers. Sie waren Isaacs Geschichte. Jetzt hat er den Wurm.
    Ich hoffte, dass die Geschichte nun zu Ende gebracht war. Ich musste mich wieder mit meinem König der Barbiere beschäftigen. Aber der Andorra-Roman blieb tot. Es waren nur Ideen, die sich verselbstständigten, ohne einen eigenen Mythos zu entwickeln. Ich vollführte auf den Seiten herrliche Pirouetten. Ich tanzte von Zeile zu Zeile, aber am Ende war alles nur langweilige Dekoration.
    Ich kam zurück zu Isaac und widmete ein ganzes Buch nur ihm: Secret Isaac. Es war Isaacs Geschichte nach seiner privaten Katastrophe. Sein beruflicher Erfolg steigt hier im gleichen Maße, wie seine Depression sich verschlimmert. Der Wurm frisst ihn bei lebendigem Leib, aber Isaac ist jetzt New Yorks Polizeipräsident. Dann passiert etwas Sonderbares: Isaac beginnt, sich selbst zu verspeisen; er ernährt sich von seinem eigenen Wurm. Er nimmt Blue Eyes’ Geist in sich auf. Er wird zu Coen und jault sein eigenes Lied von Unschuld und Schicksal.
    Ich dachte über weitere Bücher nach, eine Art Balzac’sche Reihe von Abenteuern, in denen Isaac durch das Land reist und die Vereinigten Staaten verschlingt. Welche Stadt wäre eine Herausforderung für ihn und seinen Bandwurm? Aber ich konnte nicht wie Balzac schreiben. Wenn ich bei meinem Bruder im Revier anrief, sagte die Rezeptionistin: »Ah, Sie sind’s, Jerome. Wie geht’s Blue Eyes?«
    Ich bin der Star des Brooklyner Morddezernats. Captains und Lieutenants wollen, dass ich ihre Geschichte aufschreibe. Ich bin ihr Chronist. Und Harvey? Er nimmt mir die Verwicklungen in den letzten drei Büchern über Isaac übel. Er bevorzugt die Reinheit von Blue Eyes. Manfred Coen war aus der Bronx, wie er und ich. Manfred Coen war auf der High School für Musik und Kunst gewesen. Ich bin mir sicher, dass er sich Coen als Bodybuilder vorstellt, aber Coen war zu beschäftigt damit, sich von Marilyn anhimmeln zu lassen, um Gewichte zu heben. Blue Eyes hätte aus seinem Revier sein können. Blue Eyes wäre einer von seinen Jungs gewesen.
    Aber ich sehe Manfred Coen anders. Blue Eyes war zu einem Geist geworden, lange bevor er getötet wurde. Seine Eltern hatten Selbstmord begangen, und Coen war eine Waise von »Musik und Kunst«, die irgendwie zwischen Isaac und Marilyn gefallen war und nicht wieder hatte aufstehen können. Seine Abwesenheit – vor und nach seinem Tod – scheint die vier Bücher voranzutreiben.
    Isaac reist im vierten Buch nach Irland und besucht Leopold Blooms Haus in der Eccles Street. Er ist ein Polizist, der James Joyce liebt, allerdings geht seine Pilgerreise über die Liebe zur Literatur hinaus. Ist Bloom nicht der Vater, der Isaac hätte sein können? Isaac hatte sich in Coen seinen eigenen Stephen Dedalus geschaffen, aber er hatte ihm
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